„Es ist kein Trend, sondern ein fortschreitender und unumgänglicher Wandel in der Ernährung.“
Veganes Fast Food - Gekommen, um zu bleiben?
Rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung ernährt sich dem Ernährungsreport 2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge vegan. Sie verzichten somit vollständig auf tierische Produkte, wie Fleisch, Eier oder Milchprodukte. Trotz dem geringen Anteil der Veganer*innen hat man das Gefühl, dass das Thema mehr in den Fokus rückt. Sogar bei großen Fast-Food-Ketten, darunter McDonalds und Pizza Hut, stehen pflanzliche Alternativen seit wenigen Jahren auf der Speisekarte. Aber ist veganes Fast Food nur ein Trend oder gekommen, um zu bleiben?
Die Anzahl sich vegan ernährender Menschen steigt dem Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach zufolge kontinuierlich. 2016 lebten knapp 800 Tausend Veganer*innen in Deutschland – inzwischen hat sich diese Anzahl fast verdoppelt. Bereits seit einigen Jahren findet man im Supermarktregal diverse Fleischalternativen wie Räuchertofu und vegane Würstchen neben Schweineschnitzel und Hähnchenbrust. Der Ernährungsreport zeigt, dass die Alternativen vor allem bei jungen Konsument*innen beliebt sind: Ungefähr 14 Prozent der 14- bis 29-Jährigen greifen auf vegetarische und vegane Alternativen zurück, bei den über 60-Jährigen ist dieser Anteil bei vier Prozent. Unabhängig, ob vegan lebend oder nicht, Menschen aller Altersklassen nutzen vegane Produkte.
Es ist unumstritten, dass veganes Fast Food momentan im Trend ist. In der Regel dauere so ein Trend aber nur wenige Jahre an, erklärt Trendforscher Mathias Haas. Bedeutet das, dass wir in naher Zukunft wieder hauptsächlich fleischhaltiges Fast Food essen?
Vergeht uns bald der Appetit?
Ein Grund, warum veganes Fast Food nicht mehr als ein Trend sein könnte, ist dessen fehlender Gesundheitsaspekt. Im Podcast haben sich unsere Redakteur*innen intensiver mit der Frage „Ist veganes Fast Food gesund?“ beschäftigt und sprechen unter anderem mit der Ernährungsexpertin Dr. Clare Abbenhardt-Martin.
Dr. Clare Abbenhardt-Martin ist eine Bekannte unseres Redakteurs.
Ein pflanzlicher Burger, der nach Fleisch schmeckt? – 75% der Deutschen geben laut BMEL Neugier als Grund für vegane Ernährung an. Das kann einerseits Begeisterung beim ersten Probieren auslösen – viele Nicht-Veganer*innen könnten auf die Fleischalternativen umsteigen. Andererseits könne es auch dazu kommen, dass viele Konsument*innen veganes Fast Food nur einmalig ausprobieren, möglicherweise nach dem ersten Mal das Interesse verlieren und der Trend dadurch abflache, so Ernährungsexpertin Dr. Clare Abbenhardt-Martin.
In den Sozialen Medien wird der Trend um den veganen Wandel durch Rezepte und Food-Posts auf Kochkanälen vorangetrieben. Allerdings würde vegane Ernährung in den Medien und der Werbung mehr aufgebauscht werden und es weniger zu einer Änderung des täglichen Essverhaltens in der Gesellschaft kommen, meint Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Eine Ernährungsumstellung könne es nur in bestimmten Gesellschaftsgruppen geben, beispielsweise bei Jugendlichen, Studierenden oder im städtischen Umfeld, so Donalies weiter. Das könnte bedeuten, dass veganes Fast Food nicht bei der breiten Masse, sondern eher bei jungen Menschen ankommt und so schnell wieder verschwindet. Aber sind nicht gerade die jungen Menschen unsere Zukunft?
Is(s)t unsere Welt in Zukunft vegan?
Der Shell-Studie zufolge hat vor allem die Generation Z politische und gesellschaftlich relevante Themen in den letzten Jahren bewusster wahrgenommen. Dabei setzen sie sich unter anderem vermehrt für Tierschutz und Klimawandel ein. Genau dieses Engagement kann motivieren, sich vegan zu ernähren. Gemäß dem Statistischen Bundesamt sterben pro Jahr 759 Millionen Landtiere allein in Deutschland für den menschlichen Fleischkonsum. Im Vergleich zu Fleischkonsument*innen verursachen Veganer*innen laut Tierschutzbund weniger Treibhausgase. Häufig wird Kritik gegenüber Sojabohnen, die in veganem Fast Food verwendet werden, geäußert. Dem Zentrum der Gesundheit zufolge kritisieren Skeptiker, dass Sojabohnen zu einer beschleunigten Abholzung des Regenwaldes führen und damit auch der Umwelt schaden würden – eine Studie des WWF zeigt aber: Soja wird zu 80 Prozent als Futtermittel und damit für den Fleischkonsum eingesetzt. Der Anteil des für die Produktion von veganem Fast Food benötigten Soja ist im Vergleich also deutlich weniger schädlich für die Umwelt.
Fleischersatzprodukte aus Soja werden auch in der Gastronomie genutzt. „Viele Gastronomen bieten inzwischen mehr vegane Gerichte an, rein vegane Restaurants sind aber noch eher in der Unterzahl“, meint Astrid Donalies von der DGE. Trotzdem findet man im Großraum Stuttgart einige vegane Fast-Food-Restaurants. Unsere Redakteur*innen haben mit zwei Gastronomen über die wirtschaftlichen Chancen und Schwierigkeiten in der noch jungen Branche gesprochen.
Offen bleibt jetzt nur noch die anfänglich gestellte Frage: Ist veganes Fast Food nur ein Trend oder unsere Zukunft?
Judith Wemmer, Leiterin der Produktentwicklung bei Fleischersatz-Produzent Planted, ist der Ansicht: „Es ist kein Trend, sondern ein fortschreitender und unumgänglicher Wandel in der Ernährung.“ Trendforscher Mathias Haas meint, veganes Fast Food habe durchaus das Potenzial, sich von einem Trend zu einer langfristigen Veränderung der Essgewohnheiten in Deutschland zu entwickeln. Das könne vor allem an der auffällig fleischlosen Ernährung der jüngeren Generation festgemacht werden.
Auch wenn der Anteil der Veganer*innen im Moment noch gering ist, zeigen die angeführten Zahlen und Studien deutlich: Das Interesse an veganem Fast Food und allgemein am veganen Lifestyle nimmt bei allen Generationen zu. Wenn die Verkaufs- sowie Konsument*innen-Zahlen weiter steigen und das Interesse bestehen bleibt, kann und wird sich veganes Fast Food fest in unserer Gesellschaft verankern. Dabei wird es vermutlich weniger das normale Fast Food vom Teller stoßen, sondern sich mit ihm den Teller teilen.