Reality-TV

Dating-Shows: Zwischen Liebe, Fame und schnellem Geld

Entscheiden sich die Teilnehmer*innen mit der Rose für den Erfolg oder die Liebe?
07. Mai 2023
Dating-Shows als Karrieresprungbrett? Zuschauer*innen bezweifeln immer mehr, dass die Suche nach der wahren Liebe im Fokus steht. Wir haben die Motivation der Teilnehmer*innen hinter solchen TV-Auftritten hinterfragt.

Mittwoch ist Bachelorabend, Donnerstag läuft „Temptation Island“, am Freitag kommt „Bachelor in Paradise“ und samstags muss ich mich zwischen „Love Island“ und „Ex on the Beach“ entscheiden. Ganz schön viel Programm – Und trotzdem klingt alles irgendwie ähnlich. Mittlerweile gibt es unzählige verschiedene Dating Shows, alle mit dem gleichen Konzept: Die Suche nach der großen Liebe im Fernsehen. Dass diese oft längst nicht so erfolgreich ist wie von den Teilnehmer*innen erhofft, ist mittlerweile klar. Nicht ohne Grund werden immer mehr neue Shows für alle Übriggebliebenen und sogar für getrennte Paare gestartet und die Nachfrage ist hoch.

Während die Liebe in vielen Shows in den Hintergrund rückt, scheint der Entertainment-Faktor immer wichtiger zu werden. Der Vorwurf, viele der Teilnehmer*innen in Dating-Shows seien nicht aus ernsten Absichten dabei, kommt immer wieder auf. Mittlerweile ginge es nur noch um Aufmerksamkeit, Geld und Fame. Denn immer auffälliger wird, dass die Gesichter in Datingshows meist nicht nur einmal zu sehen sind. Viele bekannte Reality-Promis haben sich in der Branche einen Namen gemacht, indem sie ihre TV-Präsenz bei den verschiedensten Shows ausgebaut haben. Dabei bleibt es oft nicht bei Dating-Shows, auch andere TV-Formate wie Quiz- und Talentshows sind beliebt. 

Und wem das TV-Business zu viel wird, der kann doch immer noch eine Influencer*innen-Kariere starten, oder? Zumindest könnte das den Anschein erwecken, wenn man Instagram öffnet und sich die großen deutschen Influencer*innen anschaut. Wie viele tatsächlich nach der Teilnahme im Reality-TV erfolgreich werden, haben wir uns in unserer Forschung angeschaut. 

Wie definiert man Erfolg in einer Branche, die so riesig ist?

Erfolg ist Auslegungssache. Manche messen Erfolg in Zahlen, manche messen Erfolg in Ansehen und manche messen Erfolg in Autos und Häusern.

In der Datenanalyse haben sich für uns zwei Arten von Erfolg in der TV-Branche herauskristallisiert. Erfolgreich wird man, wenn man an möglichst vielen Formaten im Fernsehen teilnimmt, Erfolg lässt sich aber auch in Form einer Influencer*innen-Karriere erreichen. Wenn man sich die Teilnehmer*innen genau anschaut, wird schnell klar, dass Evelyn Burdecki die erfolgreichste Teilnehmerin nach dem ersten Kriterium darstellt. 

Alles begann für Evelyn mit der Teilnahme am Dating-Format „Der Bachelor“ im Jahr 2017. Die Aufmerksamkeit, die sie hier erreichte, nutzte sie, um sich eine Karriere im TV-Dschungel aufzubauen. Ihr Netzwerk zeigt die Teilnahme der TV-Persönlichkeit an weiteren 41 Formaten. Doch offiziell ist Evelyn bis heute noch Single. Sucht sie also seit fünf Jahren in verschiedenen Dating-Shows nach der Liebe? Nicht ganz. Nur drei der 41 Formate gehören der Dating Branche an. Stattdessen tritt sie häufig in Spiel-Shows auf und versucht ihr Glück bei verschiedenen Formaten, wie beispielsweise 2022 bei „Blamieren oder Kassieren“. 

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Egonetzwerk von Evelyn Burdecki | Quelle: Eigene Datenerhebung

Die meisten Kandidat*innen entscheiden sich meist nicht von allein für einen weiteren TV-Autritt. Saskia Atzerodt beschreibt diesen Prozess als Teufelskreis: „Bei den meisten Formaten wurden wir angefragt und da ich dann Blut geleckt hatte, hatte ich Lust auf weitere Formate. Es ist schnelles Geld in kurzer Zeit.“ Nicht nur finanziell hat sich die Teilnahme positiv ausgewirkt. Auch auf die Bekanntheit in den sozialen Medien hatte sie Einfluss: „Follower wachsen, Kooperationen kommen rein. Es ist ein Teufelskreis.“ Trotzdem entschied sich Saskia für keine weitere Teilnahme im TV, da die Schattenseiten für sie überwogen hätten. 

Follower wachsen, Kooperationen kommen rein. Es ist ein Teufelskreis. 

Saskia Atzerodt, Bachelor-Kandidatin 2016

Die sozialen Medien als Erfolgsweg

Bis zu 2000€ kann man pro Post bei einer Community von circa 50.000 Follower*innen verdienen. Deshalb sehen immer mehr Menschen in den sozialen Medien einen echten Beruf und ihre Chance auf Erfolg und Geld. 

Doch wann spricht man eigentlich von „Infleuncer*in“? Der Begriff beschreibt Menschen, die in den sozialen Medien Content produzieren und ihre Community beeinflussen oder inspirieren. Influencer*innen können als Inspirator, Entertainer*in, Coach*in oder Expert*in fungieren.

Der Berufswunsch ist groß. Weltweit gibt es inzwischen über 50 Millionen Menschen, die sich als Content Creator*innen bezeichnen. Studien zeigen, dass der Markt mittlerweile gesättigt ist. Wie kann man in dieser Welt Fuß fassen, wenn man kein bekanntes Model, Musiker*in oder Sportler*in ist? Vielleicht mit der Teilnahme in einem Fernsehformat? Die Schlagzeilen kritisieren die Motivation hinter einer Teilnahme an Dating Formaten. Statt der wahren Liebe, sollen die Kandidat*innen nur noch aus Erfolgsgründen mitmachen. Dass Ex-Kandidat*innen eine Influncerkarriere starten, ist heute keine Seltenheit mehr. Die Rolle einer Influencer*in und einer Darsteller*in eines Fernsehformats ähneln sich auch auf gewissen Weise: Beide versuchen die Realität, das echte Leben, widerzuspiegeln. 

In den Medien wiederholen sich Schlagzeilen, wie „Bachelor beschwert sich über Follower-geile Mädels“, „Sie starteten in der Show ihre Karriere“ oder „Follower-Explosion! So beliebt sind die Bachelor-Ladys im Netz“.

Mit dem Bachelor hat alles begonnen.

Saskia Atzerodt, Bachelor-Kandidatin 2016

Durch die ständige Präsenz in den sozialen Medien und den damit verbundenen Kooperationen sowie Teilnahmen an weiteren Formaten kann man schnell viel Geld verdienen. Saskia sieht die Motivation hinter einer Bachelorteilnahme kritisch: „Ich denke mittlerweile gibt es mehr Mädels die einfach nur als Einstieg in die Fernsehwelt dort mitmachen, denn es gibt mittlerweile ja immer einige mit sehr vielen Followern auf ihren Profilen und die steigen natürlich bei der Sendung an.“

Auch Saskia hat von der Teilnahme am Bachelor profitiert und kann sich nun dank ihrer hohen Reichweite auf Instagram zu einem großen Teil ihren Lebensunterhalt verdienen. „Ja, mit dem Bachelor hat alles begonnen. Aber man muss am Ball bleiben, um erfolgreich zu sein.“

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Teilnehmer*innen mit über 500 Tausend Follower*innen | Quelle: Eigene Datenerhebung

Doch sind dies nur persönliche Wahrnehmungen? Betrachtet man unseren Datensatz, wie viele Teilnehmer*innen auf Instagram sich eine große Reichweite aufbauen konnten, so sind hier die Zahlen geringer als vermutet. Nur 16,2 Prozent der Teilnehmer*innen knackten die 100.000-Marke an Follower*innen. Auffällig ist, dass bei den Influencer*innen die Geschlechter relativ ausgeglichen sind. Der Wunsch nach einer Karriere im Netz ist also nicht nur Frauensache. 

Besonders von Erfolg kann man bei zwei Kandidatinnen sprechen. Sarah Harrison mit drei Millionen Followern und Gerda Lewis mit einer Millionen zählen zu einer der großen Influencerinnen Deutschlands. Dass beide einst beim Bachelor mitgemacht haben, ist heute nur noch wenig sichtbar. Weder in ihrer Instagram-Beschreibung noch in ihren Content-Themen wird das Format überhaupt erwähnt. 

Ob die Kandidat*innen der Liebe oder einer Karriere wegen in Dating-Shows mitmachen, lässt sich schlussendlich nicht verallgemeinern. Sicher gibt es einige Teilnehmer*innen mit ehrlichen Absichten, oft spielen aber wahrscheinlich auch beide Faktoren eine Rolle. Klar ist: Die Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Show-Auftritte zu nutzen, steigen. Und das ist auch kein Geheimnis und muss erst einmal nichts Schlechtes bedeuten. In einer Welt, in der Social Media und Reality-TV immer beliebter werden, öffnen sich neue Berufsbilder. Zeigt man seine Persönlichkeit und das eigene Leben, ist das interessant für viele Menschen und bringt gleichzeitig Geld ein. 

Im Zuge der Datenerhebung wurde untersucht, ob Medienkarrieren aus der Teilnahme der Dating-Shows „Der Bachelor“ und „Die Bachelorette“ entstehen können. Basis war eine öffentlich zugängliche Datenbank. Für die Forschung wurden alle Teilnehmer*innen der beiden Reality-TV-Shows aus den Jahren 2015 bis 2019 analysiert und ausgewertet. Hierfür haben wir die Teilnahmen bei darauffolgenden Formaten und der dazugehörigen Branche untersucht. Insbesondere wurde analysiert, ob durch die Teilnahme sogenannte „Superkarrieren“ im TV-Format und auf Instagram entstehen können und ob es einen geschlechterspezifischen Unterschied gibt.

Der vollständige Datensatz in Bezug auf das Modul „226305 Netzwerk- und Beziehungsmanagement“ ist hier zu finden.