„Ich bin da eher so reingerutscht und war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“
"Influencer*in ist doch kein richtiger Job!"
Auf ihrem Account lassen sich rund 285.000 Instagram-Follower*innen zählen. Sie reist an die schönsten Orte der Welt, bekommt unzählige Produkte zugeschickt und hat ihr eigenes E-Book auf dem Markt.
Das Leben von Caro klingt wie ein Traum, den heutzutage viele junge Menschen gerne leben würden. Doch was nach außen mehr als perfekt und erstrebenswert klingt, ist hinter den Kulissen tägliche harte Arbeit. Im Interview gewährt Caro einige Einblicke in ihren Arbeitsalltag und versucht dadurch mit den negativ behafteten Vorurteilen gegenüber Influencer*innen aufzuräumen.
Caroline Julius ist 24 Jahre alt, kommt aus Mannheim und ist seit drei Jahren hauptberufliche Content Creatorin. Ihre Themengebiete umfassen dabei die vegane Ernährung, Fashion und einen gesunden Lifestyle. Bereits während ihres Abiturs hat sie angefangen regelmäßig Bilder aus ihrem Alltag auf Instagram zu posten. Da die Plattform zu dieser Zeit noch nicht populär war, hielt sich die Konkurrenz dementsprechend in Grenzen und sie konnte relativ schnell große Erfolge erzielen.
Nach ihrem Abitur absolvierte die 24-Jährige eine Ausbildung zur Europasekretärin, daraufhin den Bachelor in International Business Management und letztlich den Master in Fashion Marketing Management in Cardiff in Wales.
Entgegen der klassischen Vorurteile gegenüber Influencer*innen, dass diese nichts können und vorzuweisen haben, glänzt Caro mit einer ausgezeichneten Bildung. Diese stand für sie immer an erster Stelle und war als Fundament für ihre Zukunft unabdingbar.
Da Caros Reichweite während des Studiums weiterhin anstieg und sie bereits Geld damit verdiente, war es für sie klar, sich nach dem Abschluss erstmals hauptberuflich auf Instagram zu fokussieren.
„Meinen Eltern musste ich das Alles erstmal erklären.“
Ihre Eltern hingegen waren anfangs skeptisch. „Möchtest du nicht lieber etwas Normales und Sicheres machen?“, fragten sie die 24-Jährige des Öfteren. Gleichzeitig verfolgten Caros Freunde die Entwicklung ihres Erfolgs auf Social Media hautnah und bewundern sie auch heute noch dafür.
Hilfe zur Selbständigkeit
Im Laufe der beruflichen Entwicklung hatte Caro bei ihrer Selbstständigkeit bis auf ihren Steuerberater keine wirkliche Hilfe. Als Influencer*in besteht die Möglichkeit, Produkte entweder kostenlos oder für eine bezahlte Werbung zugeschickt zu bekommen. Unabhängig von der Vergütung stellt dies immer einen geldwerten Vorteil dar und muss als solcher versteuert werden. Als Kleingewerbe ist man in Deutschland bei Einnahmen in Summe von 8.000 Euro im Jahr umsatzsteuerfrei. Bei höheren jährlichen Erträgen ist eine Ummeldung zu einem normalen Gewerbe notwendig, wodurch zusätzliche Steuern anfallen.
„Ich habe innerhalb dieser drei Jahre keinen einzigen Tag mein Handy aus der Hand gelegt.“
Durch die Selbstständigkeit ist Caro einem dauerhaften Druck ausgesetzt. Der Vergleich mit anderen und der automatische Drang genauso gut und erfolgreich zu sein, ist der bittere Beigeschmack des nach außen hin so erstrebenswertem Leben.
Die zwanghafte Präsenz resultiert aus der Befürchtung, dass beispielsweise der Algorithmus die Inaktivität bestrafen könnte. Somit fühlt sie sich dazu verpflichtet, auch an unkreativen Tagen oder wenn es ihr schlecht geht, weiterhin zu posten.
Mit der Zeit hat sie jedoch gelernt, dass es auch mal in Ordnung ist, etwas weniger zu machen. Allerdings war es kein einfacher Weg dieses Mittelmaß zu finden.
„Ich steh gern im engen Austausch mit den Firmen.“
Anders als man vermuten würde, hat die selbst ernannte „Conscious Creatorin“ kein Management, sondern übernimmt alle verbindlichen Tätigkeiten persönlich. Dies ist heutzutage eher zu einer Seltenheit geworden, da die Mehrheit der Influencer*innen unter Vertrag bei einem Management sind.
Caros Aufgaben umfassen somit Calls mit Firmen, tägliche E-Mails, Insights an die Partner (Media Kit) nach Kooperationsende senden, Verhandlungen, Verträge, das Content planen sowie erstellen, ein aktives Community Management und Rechnungen schreiben.
Klingt nach einer Menge? Ist es auch.
Ab wann es sich lohnt
Das Gehalt hängt von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel der Umgebung, dem Umfeld, den Connections und dem Engagement ab. Je aktiver die Community ist, desto mehr Geld können die Content Creator*innen für Kooperationen verlangen.
In der Regel kann man ab 50.000 Follower*innen bei einem durchschnittlichen Lebensstandard davon leben.
Existenzängste
Durch Caros sparsame Art hat sie bereits früh angefangen, ihr Geld zurückzulegen und hat demnach keine finanziellen Sorgen. Selbst für den Fall, dass sie in einem Monat einmal weniger verdienen sollte, hätte sie notfalls Rücklagen.
Zusätzlich plant die 24-Jährige ihre Kooperationen immer im Voraus. Somit sind ihre fixen Einnahmen für den folgenden Monat frühzeitig bekannt.
Auch interessant
„Insgesamt machen Kooperationen einen Anteil von circa 80% der Einnahmen eines Influencers aus.“
Unter ihren Partnern hat sie auch langfristige Verträge, mit denen sie regelmäßig zusammenarbeitet. Gerade in diesen beständigen Kooperationen liegen die Ziele der Influencer*innen. Einerseits können dadurch die Einnahmen besser kalkuliert werden, andererseits steigert dies die Glaubwürdigkeit der Werbung beim Zielpublikum.
Abgesehen davon, liegt eine andere Einnahmequelle im passiven Einkommen, wie zum Beispiel durch ihr eigenes E-Book oder durch Affiliates, wenn sie Outfits verlinkt.
Die Anzahl der Kooperationen variiert jeden Monat bei den hauptberuflichen Influencer*innen. Grundsätzlich hängt die Anzahl auch stark von den Feiertagen ab. Beispielsweise gibt es zur Weihnachtszeit deutlich mehr Anfragen, als normalerweise. Pauschal schätzt Caro die Anzahl ihrer monatlichen Kooperationen auf fünf bis zehn.
„Ich bin ein ganz normales Mädchen, mit dem man sich identifizieren kann und nutze Instagram als Tagebuch von meinem Leben“
Sie erhofft sich durch ihren Content, andere Menschen zu inspirieren und Themen anzusprechen, die viele betreffen, wie z.B. Essstörungen oder Selbstzweifel.
Letztendlich bereut Caro die Entscheidung für Social Media trotz sehr guter Bildung an keinem einzigen Tag.