„Wir suchen immer auch etwas Konstantes
in unserer Arbeit.“
Geld oder Leben?
Wie sehr erfüllt mich meine Arbeit? Wer in seinem Job so richtig aufgeht, für den wird das Gehalt zur Nebensache. Dabei ist Flexibilität das Schlagwort: Neue Arbeitsformen wie Co-Working, selbstständige Tätigkeiten oder mehrere Jobs gleichzeitig zu haben, werden immer angesagter. Doch wie kann individuelles Arbeiten aussehen?
Die Zeiten der klassischen 40-Stunden-Woche sind auch bei großen Unternehmen wie Bosch, Porsche und Daimler vorbei. Sie stellen sich bereits auf Veränderungen ein. „Immer mehr werdende Väter gehen in Elternzeit oder arbeiten dauerhaft weniger, um mehr Zeit für die Familie zu haben“, erzählt Porsche-Pressesprecher Matthias Rauter. Generell sieht er voraus, dass sich die Trends der vergangenen Jahre hinsichtlich Flexibilisierung und Anpassung an die individuellen Lebenssituationen der Menschen fortsetzen werden.
Von Balance zu Blending
Noch vor ein paar Jahren gab es einen Hype um die Work-Life-Balance. Das Verhältnis zwischen Leben und Arbeit sollte ausgewogen sein, was aber in der Generation „Dauer-Online“ immer schwieriger wird. Arbeit und Leben verschwimmt – Experten sprechen deshalb inzwischen eher von Work-Life-Blending. Dabei spielt Individualität eine große Rolle. So individuell wie wir soll auch unser Job sein.
Auch Kim Hoss arbeitet in einem Co-Working-Büro, das sie sich mit vier Anderen teilt. Sie brennt für ihren Job – eigentlich sind es sogar mehrere. Hauptberuflich arbeitet sie als selbstständige Kommunikationsdesignerin und gestaltet Flyer, Plakate und Logos für die unterschiedlichsten Kunden. Einer der bekanntesten: der Stuttgarter Szeneclub Freund + Kupferstecher. „Mir wird schnell langweilig“, sagt sie über sich selbst. Deshalb arbeitet sie nebenher noch in einer Modeboutique, betreibt einen DaWanda-Shop, singt in einer Band und ab und zu findet sie auch Zeit zum Babysitten. Ihr Job ist ein bunter Mix aus Sachen, die ihr Spaß machen. „In diese Freundschaftsheftchen habe ich früher schon geschrieben, dass ich gern singende-tanzende Tierärztin werden will“, lacht sie.
Finanziell gesehen wäre es für Kim manchmal angenehmer angestellt zu sein. „Als Selbstständige fällt ein Monat auch mal mau aus“, erzählt die 30-Jährige. Auch wenn ein geregeltes Einkommen mehr Sicherheit bedeuten würde, ist ein klassischer Bürojob nichts für sie. Nach ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart arbeitete Kim zwei Jahre als Grafikerin in einem Unternehmen. „Ich war sehr unglücklich in der Zeit“, erzählt sie. Am Anfang habe sie gar nicht gemerkt wieso, aber als sie gekündigt hat, wusste sie, dass sie eher eine Freischaffende ist. Was die Zukunft bringt? Mal sehen, meint Kim. Sie könne sich sogar vorstellen, mit 40 in einer Agentur zu arbeiten – oder vielleicht selbst eine zu gründen.
Wir wollen Flexicurity: Das größte Maß an Flexibilität und gleichzeitig Sicherheit, um mit der Informationsflut und den immer schnelleren Veränderungen klar zu kommen. Zwar genießen wir die neuen Freiheiten, sind aber dennoch auf der Suche nach etwas Konstantem in unserer Arbeit. Wir, die Generation Y, sind in materieller Sicherheit aufgewachsen. Besitz hat für uns nicht mehr den gleichen Wert wie für unsere Eltern. Vielmehr ist unsere Generation abgeschreckt von den negativen Folgen der Wohlstandsgesellschaft: Burn-out, Schulden, wenig Freizeit. Ewig auf das Traumauto hin sparen oder einen lebenslangen Kredit aufnehmen für ein Häuschen am Stadtrand? Das will die Generation Y nicht. In unserer Lebensplanung wird vor allem eines großgeschrieben: Ein Job, der unsere Identität widerspiegelt und uns erfüllt.