Andreas Luthe

Vegan zur Höchstleistung

Der Trend zur veganen Ernährung ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Mittlerweile gibt es für fast alles Ersatzprodukte.
23. Febr. 2023
Vegane Ernährung im Hochleistungssport – ist das möglich? Für Fußballprofi Andreas Luthe ist das kein Problem, denn der Torwart ernährt sich seit Jahren vegan. Für den Erhalt seiner Leistungsfähigkeit achtet Andreas auf eine ausgewogene Ernährung, ganz ohne tierische Produkte.

Der Türöffner ertönt und die Haustür geht auf. Ein himmlischer Geruch von frisch gekochtem Essen liegt in der Luft. Gemeinsam mit seiner Familie sitzt Fußballprofi Andreas Luthe am Esstisch. Hinter ihm eine breite Fensterfront mit Aussicht auf eine idyllische Landschaft. Gegenüber vom Tisch, die Küche. Die Herdplatten sind noch warm und das dampfende Essen steht bereit. Es gibt Nudeln mit Lachs. Für Andreas allerdings keinen normalen Lachs, denn der Fußballprofi ernährt sich seit mittlerweile acht Jahren vegan.


Andreas spielt als Torwart beim 1. FC Kaiserslautern, in der Zweiten Bundesliga. Sechs Tage die Woche wird sein Körper daher extrem belastet. Manchmal sogar zweimal am Tag. Muskelverletzungen und Rückenprobleme sind da keine Seltenheit. Andreas setzte sich mit seiner Ernährung auseinander, um seinem Körper etwas Gutes zu tun und der Belastung so lange wie möglich Stand zu halten. Diese hat einen wichtigen Einfluss auf seine sportliche Leistungsfähigkeit. Er probierte vieles aus und ließ immer mehr tierische Lebensmittel weg. Zuerst Milchprodukte, dann Fleisch und als letztes Fisch. Nach monatelangem Ausprobieren blieb er dann schließlich bei der veganen Ernährung hängen, weil er merkte, dass sie seinem Körper gut tut. Diese behält er bis heute bei.

Der Begriff vegan setzt sich aus Anfang und Ende des Wortes „vegetarian“ zusammen. Bei einer veganen Ernährung geht es darum, keine tierischen Lebensmittel zu konsumieren. Dabei ist es egal, ob das Tier geschlachtet wurde oder noch lebt, Veganer*innen verzichten auf alle Lebensmittel, die tierische Inhaltstoffe beinhalten.

Für ihn ist die vegane Ernährung alles andere als ein harter Kampf oder ein schwerer Verzicht, denn es gibt mittlerweile mehr als genug Ersatzprodukte und andere Alternativen. Trotzdem vermisst er den gelb-bräunlich geschmolzene Käse auf einer Pizza manchmal schon etwas, denn für den Profitorwart ist der einfach nicht zu ersetzen. „Das ist das Einzige, wo ich sage, das bekommt man pflanzlich einfach nicht so hin.“ Auf einen schönen, saftigen Braten oder eine fette Sahnesoße zu seinem Lieblingsgericht Pappardelle mit Austernpilzen kann Andreas allerdings mit Leichtigkeit verzichten.


Seine Ernährung passt der Profifußballer an seinen Tagesablauf an. In einer sechs Tage Arbeitswoche kommt es manchmal vor, dass Andreas zweimal am Tag Training hat. Da er kein großer Fan vom Frühstücken ist, gibt es morgens vor dem ersten Training eigentlich immer nur eine Tasse Kaffee und ganz wichtig: viel Wasser, denn die Flüssigkeit benötigt sein Körper. Auch jetzt steht eine große Glaskaraffe randvoll mit Wasser auf dem Tisch. Der prickelnde Sprudel ist zu hören.

Andreas liebte es, als Kind Fußball zu spielen. Er schaffte es, sein Hobby zum Beruf zu machen, denn seitdem er 19 ist, spielt er professionell Fußball.

Variation ist wichtig


Nach dem ersten Training des Torwarts gibt es die erste richtige Mahlzeit des Tages. Viel Gemüse, viele Kohlenhydrate und die Proteinquelle darf natürlich auch nicht fehlen. Insbesondere im Hochleistungssport müssen Sportler*innen darauf achten, variantenreich zu essen und alle nötigen Nährstoffe zu sich zu nehmen. Die Frage, ob Andreas einen strengen Ernährungsplan verfolgt, verneint er aber lachend und schiebt sich eine Gabel Lachsnudeln in den Mund. „Ich denke in Wochen“, sagt der 35-Jährige. Nicht jeder Tag muss perfekt nährstoffreich sein, sondern kann innerhalb der ganzen Woche ausgeglichen werden. Am Ende der Woche hat er dann den Überblick, was er zu sich genommen hat und ob die Verhältnisse vernünftig waren. Trotz seiner gut durchdachten und variantenreichen Ernährung schafft es Andreas nicht, den kompletten Nährstoffbedarf ausreichend abzudecken, sodass er Nährstoffe wie Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel supplementieren muss. 


Ernährungswissenschaftlerin Josefine Nebl ist Expertin für vegane Ernährung bei Sportler*innen und sieht eine gut geplante und ausgewogene Ernährung, unabhängig von der Ernährungsform, ebenfalls als essenziell an. Vegane Sportler*innen sollten sich gut informieren, um mit allen Nährstoffen optimal versorgt zu sein. Dabei spielen vor allem Calcium, Eisen, Zink, Vitamin B12, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren eine wichtige Rolle. Insbesondere Vitamin B12 befindet sich überwiegend nur in tierischen Lebensmitteln, weshalb die Ernährungswissenschaftlerin der Meinung ist: „Es ist wichtig, Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel zu verwenden, um sicherzustellen, dass der Vitamin-B12-Bedarf gedeckt ist.“ Ein Mangel von Nährstoffen kann langfristig gesehen, negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Sportler*innen und somit auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben. Es ist besonders wichtig, die Ernährung der Sportler*innen auf die individuellen Bedürfnisse anzupassen, die von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Trainingsbelastung abhängig sind.

Reaktionen des Teams


Die meisten Menschen essen, worauf sie Lust haben oder übernehmen die Ernährungsweise, die sie aus ihrem Umfeld gewohnt sind. Andreas nicht.  Er hat sich damals viel mit Studien beschäftigt und war in seiner Freizeit bereit, sich mit der veganen Ernährungsweise auseinanderzusetzen und das hat sein Interesse geweckt. Vor acht Jahren gab es kaum Sportler*innen, die sich für eine vegane Ernährung entschieden haben. Auch die Mannschaftskollegen des Torwarts waren nicht wirklich vertraut mit diesem Thema und reagierten überrascht. „Die haben mich wirklich für völlig verrückt gehalten“, sagt Andreas lachend. Die Kommentare und Neckereien seines Teams hielten ihn allerdings nie auf.

„Die haben mich wirklich für völlig verrückt gehalten.“

Andreas Luthe

Mittlerweile haben auch sie sich an Andreas Ernährung gewöhnt. Die Mannschaft isst mindestens einmal am Tag zusammen im Stadion, wo sie vom Mannschaftskoch des 1. FC Kaiserslautern bekocht werden. Ein langes Büffet mit Variationen an Essen. Eine Platte mit Fleisch, daneben dampfender Quinoa und zum Schluss der frisch gegrillte Brokkoli. Der Mannschaftskoch zaubert jeden Tag etwas Neues und achte darauf, dass für jeden etwas dabei ist.

Mit vollem Magen und ausgepowert vom Training, fährt der Körper runter und Andreas muss Kraft tanken. Er legt sich auf das gemütliche Sofa und macht einen Mittagsschlaf. Eine Stunde. Jeden Tag. Danach kann der Körper des Fußballprofis wieder hochfahren und sich auf das zweite Training des Tages vorbereiten. Auch in diesem wird sein Körper gefordert und benötigt ausreichend Energie. 

Das vermeintliche Protein-Problem


Zu Beginn seiner veganen Ernährung musste der Profitorwart sich insbesondere von seinen Teamkollegen anhören, dass er doch Fleisch essen müsse, um seinen Proteinbedarf zu decken. So könne er keine Muskeln aufbauen. Andreas betitelt das allerdings als „gefährliches Halbwissen“. Auch Expertin Nebl kann diesem Argument nicht zustimmen. Sportler*innen benötigen kein Fleisch, um Muskeln aufzubauen. Eine gute sportliche Leistung und eine erhöhte Muskelmasse können durch eine ausgewogene Ernährung bedingt werden. Dazu gehört es vor allem, genügend Proteine, Kohlenhydrate, gesunde Fette, Vitamine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen. Die empfohlene Proteinzufuhr am Tag beträgt bei Sportler*innen (in Anhängigkeit von unter anderem Art, Intensität und Dauer der sportlichen Aktivität) circa 1,2 bis 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. 

Veganes Proteinpulver gemischt mit Mandelmilch. Dazu Banane und Mandelmuß. Einmal kräftig im Shaker schütteln und schon hat Andreas seine flüssige Proteinbombe. Nach dem zweiten Training gibt es für die gesamte Mannschaft immer einen Proteinshake. Mit dem schaffen sie es, ihren erhöhten Proteinbedarf einfacher zu decken. Der Fußballprofi setzt dabei natürlich nur auf pflanzliche Proteine.


Diese haben vor allem den Vorteil, dass sie weniger gesättigte Fette und Cholesterin enthalten als tierische Proteinquellen. Dieser Vorteil kann zur Verbesserung der Herzgesundheit führen und somit positive Auswirkungen auf die sportliche Leistung und schlussendlich auf die Karriere der Sportler*innen haben. In der Regel befinden sich in pflanzlichen Proteinquellen auch mehr Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe.

Ein beispielhaftes "what I eat in a day" als veganer Fußballprofi. Zum Frühstück gibt es für Andreas eine Tasse Kaffee und viel Wasser.
Die erste große Mahlzeit ist ein veganes Saftgulasch. Das Fleisch wird durch Soja-Schnetzel ersetzt und ist sehr proteinreich.
Neben Snacks wie Obst und Nüssen gibt es nachmittags einen Proteinshake. Gerne auch mit Banane und Mandelmus verfeinert.
Das absolute Lieblingsessen des Fußballprofis ist vegane Pappardelle mit Pilzragout. Schmeckt super und ist sehr nährstoffreich, genau das Richtige nach einem intensiven Trainingstag.

Bei pflanzlichen Proteinquellen kommt es auf die Kombination an. Eine sorgfältige Planung der Ernährung und die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen können dazu beitragen, eine gleiche biologische Wertigkeit wie bei tierischen Proteinquellen zu erreichen. Die biologische Wertigkeit beschreibt, wie effizient der Körper ein Protein für den Aufbau von körpereigenem Protein nutzen kann. Tierische Proteinquellen haben häufig eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Proteinquellen, da sie in der Regel alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge enthalten. Durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen können jedoch auch pflanzliche Proteinquellen mit einer höheren biologischen Wertigkeit erreicht werden. „Pflanzliche Lebensmittel können gute Quellen für hochwertiges Protein und wichtige Nährstoffe wie Eisen und Zink sein“, äußert Nebl. Pflanzliches Eisen kann besser vom Körper aufgenommen werden, wenn es in Kombination mit tierischem Eisen zugeführt wird, weil dieses leichter vom Körper aufgenommen und verdaut werden kann. Trotzdem betont Nebl, dass auch diese Schwierigkeit umgangen werden kann. Vitamin C verbessert ebenfalls die Aufnahme von pflanzlichem Eisen und ist in vielen Obst- und Gemüsesorten zu finden. Somit hat Andreas trotz seiner veganen Ernährung viele alternative Möglichkeiten, seine Ernährung nährstoffreich und ausgewogen zu gestalten.

„Ich habe meinen Weg gefunden, mich gut zu ernähren und auch Spaß an der Ernährung zu haben.“

Andreas Luthe

Nachdem der Profifußballer seinen Proteinshake mit Mandelmilch getrunken hat, ist das Training für diesen Tag beendet. Er macht sich auf den Heimweg. Zu seiner Familie und zum Abendessen. Auch das ist warm. Immer groß. Immer variantenreich. Egal, ob Nudeln, Pizza oder Sushi, das Abendessen wird besonders zelebriert. „Ich habe meinen Weg gefunden, mich gut zu ernähren und auch Spaß an der Ernährung zu haben“, findet Andreas. An solchen Abenden sitzt er gemütlich mit seiner Frau und seiner Tochter am Tisch. Während sich durch die große Fensterfront hinter dem Esstisch nun die Sterne in der Dunkelheit beobachten lassen, genießt Andreas das leckere Abendessen und natürlich die Zeit mit seiner Familie. Denn auch, wenn der Fußballprofi auf seine Ernährung und seine sportliche Leistungsfähigkeit achtet, ist ihm Lebensqualität immer noch am wichtigsten.