„Personen mit völlig unterschiedlichen Hintergründen finden auf einmal einen gemeinsamen Nenner, eine gemeinsame Leidenschaft. Hier wird niemand verurteilt. Das ist einfach unbezahlbar.“
Wenn das Hobby zum Beruf wird
Auf dem Wasser fühlt er sich frei, lebendig, irgendwie Zuhause. Ich habe Nicklas selbst über das Wakeboarden kennengelernt und seine Leidenschaft für den Sport findet in jedem seiner Worte Ausdruck.
Wenn er mir einen Trick erklärt, schweift er ab und verliert sich in seinen Gedanken. Wenn er etwas Neues lernen will, ist er besonders ehrgeizig. Er freut sich aber auch doppelt so sehr wie andere darüber, wenn es schließlich klappt. Mich hat seine Begeisterung wirklich beeindruckt.
Nicklas lebt in Burscheid, einem Vorort von Leverkusen in Nordrhein-Westfalen. Schon immer haben ihn Extremsportarten in ihren Bann gezogen. Was als kleiner Junge im Familienskiurlaub mit ein paar Hüpfern über Buckel am Pistenrand anfing, wurde schnell wichtiger für den Burscheider. Bald merkte er, wie sehr Actionsportarten ihn begeisterten – und das tun sie bis heute.
Als ich ihn kennenlernte, befanden wir uns mitten in unserer Abiturphase und standen vor der bis dahin größten Entscheidung unseres Lebens: „Was fange ich nach der Schule mit meinem Leben an?“
Seine Freund*innen gingen ins Ausland, begannen ein Studium oder eine Ausbildung. Nicklas hingegen widmete sich ein Jahr lang seiner Leidenschaft, dem Wakeboarden. Nach einem nahezu perfekten Jahr begann er ein Studium. Er bemerkte schnell, dass Elektrotechnik nicht das Richtige für ihn war.
Nach einer weiteren Studienbewerbung stellte er fest, dass es eigentlich der Sport ist, der ihn begeistert.
Der Actionsport ist seine Welt, hier fühlt er sich wohl und hier möchte er bleiben. Doch wie lässt sich dieser Traum beruflich verwirklichen?
Das Wakeboarden ist für den 22-Jährigen immer nur ein Hobby gewesen. Er musste einen Weg finden, mit seinem Hobby Geld zu verdienen. Die Kosten für Reisen, Tagestickets und Unterkunft finanzierte er nämlich hauptsächlich von seinem Taschengeld. Er fährt zwar für das Deutschland- Team des aktuellen Marktführers Liquid Force, doch die Marke stellt ihm nur Board, Schuhe und den Helm zur Verfügung. Geld verdient er damit nicht. Er spezialisierte sich also auf den Videodreh und produzierte die ersten Kurzfilme für andere Fahrer. Es dauerte nicht lange, bis der Burscheider zum beliebten Ansprechpartner für Image-Filme wurde. Alles lief perfekt... Na ja, fast alles.
Nicklas hat sich gerade die notwendigen Kontakte und Fähigkeiten aufgebaut, steht aber faktisch ohne eine Qualifikation da. Seiner Mutter zuliebe würde er schon gern eine Ausbildung machen, doch Filmen, Fahren und eine Ausbildung gleichzeitig sind nicht vereinbar. Aber sich gegen einen Teil davon zu entscheiden, fällt ihm wahnsinnig schwer. Das Wakeboarden zu pausieren, ist auch nicht möglich, denn es ist körperlich sehr anspruchsvoll. Nach einer dreijährigen Ausbildung würde er nicht mehr in der Lage sein, auf dem gleichen Niveau wie vorher zu fahren. Bis jetzt hat er noch keine Ausbildung angefangen, doch das Thema beschäftigt ihn sehr, denn er muss sich bald entscheiden.
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Wakeboarden – was ist das eigentlich?
Das Wakeboardfahren war lange Zeit eine Nische der Wasserskiindustrie, doch die actionreiche Sportart wird immer beliebter. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Springen über Hindernisse auf den Boards Spaß macht und noch dazu gut aussieht. „Der Sport hat sich etabliert, das zeigen auch die stetig steigenden Verkaufszahlen von Boards und Equipment“, erklärt mir Rene, der Marketingchef vom Warehouse One, einem der größten Wakeboard-Vertreiber Deutschlands.
Mittlerweile gibt es allein in Deutschland mehr als 80 Wakeboardparks und Wasserskilifte. Eigene Szene-Marken haben sich entwickelt und große Sponsoren wie Nissan oder Red Bull engagieren sich im Sport, veranstalten Wettbewerbe und finanzieren Fahrer*innen.
Der Sport verbindet
Das Wakeboarden hat den Burscheider in seinen Bann gezogen. Denn es ist nicht nur der Sport, sondern ein ganz eigener Lifestyle, der die Menschen verbindet. „Personen mit völlig unterschiedlichen Hintergründen, mit ganz verschiedenen Persönlichkeiten, finden auf einmal einen gemeinsamen Nenner, eine gemeinsame Leidenschaft. Hier wird niemand verurteilt, es ist eine total offene Community. Das ist einfach unbezahlbar.“
Nicklas versucht, dieses ganz besondere Gefühl, das der Sport mit sich bringt, in seinen Videos zu vermitteln. Er will mit jedem Film eine Geschichte erzählen, jeden Trick perfekt in Szene setzen. Er will die Zuschauer*innen von dem Sport begeistern, ihnen das Gefühl geben zu verstehen, was sie sehen und ein Teil davon zu sein. Die kurzen Bildausschnitte sollen spektakulär sein. „Es soll einen Wow-Effekt geben – und zwar nicht nur bei denen, die den Sport und die Technik dahinter verstehen, sondern bei jedem“, erklärt er.
„Er ist eine einzigartige Persönlichkeit und noch sehr jung. Er hat eine ganz klare Vorstellung von seiner Arbeit und das gefällt mir. Wenn er so weitermacht, wird er es weit bringen.“
Als Wakeboarder nimmt der Burscheider längst eine Vorbildfunktion für andere Fahrer*innen ein. Doch er hat sich mittlerweile nicht nur als gesponserter Fahrer einen Namen in der Szene gemacht. Seine Videoproduktionen finden immer mehr Anerkennung. Mittlerweile bearbeitet er Aufträge von großen Wakeboard-Marken wie Unit Parktech. Er dreht Image-Videos für Profi-Fahrer und für bekannte Anlagen, wie dem Lunar Cablepark in Spanien. Der Betreiber John Paul hält große Stücke auf den kreativen Nachwuchs: „Er ist eine einzigartige Persönlichkeit und noch sehr jung. Er hat eine ganz klare Vorstellung von seiner Arbeit und das gefällt mir. Wenn er so weitermacht, wird er es weit bringen.“
Auch in Langenfeld (Deutschland) spricht man in hohen Tönen von Nicklas. „Ich glaube er hat großes Potenzial, sich in ein paar Jahren in der Szene auch international einen Namen als Wakeboarder/Filmer zu machen“, so Benni Süß, der mit seinem Vater und Bruder die dortigen Wasserskiseilbahnen betreibt. Er ist sich sicher, dass Nicklas‘ Pläne auch eine berufliche Perspektive bieten, denn „Wakeboarding hat seit den 90ern das Wasserskifahren ersetzt. Der Sport hat sich etabliert und wächst stetig weiter.“