Hinter den Kulissen
Jasmin erzählt, was mit den Requisiten nach dem Dreh passiert und wie es ist, wenn man beim gemütlichen Filmeabend immer an die Arbeit denken muss.
Wie erklärst du jemandem in zwei Sätzen, was genau deine Arbeit ist?
Ich sage den Leuten meistens, sie sollen einen Film pausieren und dann den Schauspieler aus dem Bild rausnehmen. Alles was dann noch übrig ist, ist meine Arbeit.
Was muss man in diesem Beruf besonders gut können?
Ich glaube man muss sehr viel Geduld mitbringen. Dinge passieren, auf die man keinen Einfluss hat, wie Drehplanänderungen, die viel Arbeit bedeuten. Darauf muss man gefasst sein, man arbeitet viel für die Katz‘, das gehört dazu. Und man muss glaube ich die Leidenschaft haben, sich in das Drehbuch reinzudenken und diese Welt zu kreieren.
Woher nimmst du am Anfang die Inspiration?
Wir sammeln erstmal viele Mood-Bilder. Sei es „Wohnen in Großbritannien“ oder „Leben auf dem Land“ - zu allem gibt es Bildbände und die werden am Anfang mitgebracht und wir arbeiten uns durch. So entstehen dann mit der Zeit Mood Boards, an denen man sich gut entlangarbeiten kann.
Auf was muss man dabei besonders achten?
Man muss darauf achten, dass für alle gut verständlich ist, wie es aussehen soll. Aber man darf nicht schon zu konkret werden, sodass man sich noch frei entfalten kann. Beispielweise darf man sich nicht auf den einen Stuhl festnageln, das wäre zu konkret.
Suchst du die Requisiten auch nach deinem eigenen Geschmack aus?
Man muss da schon beim Look bleiben. Wenn der Look dem eigenen Geschmack entspricht, macht es das natürlich einfacher. Aber manchmal muss man den eigenen Geschmack auch einfach bei Seite lassen und sich an das halten, was man im Voraus erarbeitet hat.
Wo bekommt man die verschiedenen Requisiten her?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Gerade in Berlin zum Beispiel gibt es viele Fundi, wo man ganz tolle Sachen ausleihen kann. Also vom kleinen Löffelchen bis zur großen Schrankwand geht da eigentlich alles, auch aus verschiedenen historischen Zeiten. Und wenn es im Fundus mal nicht klappt oder es keinen Sinn macht, da zu leihen, dann wird auch gerne mal gekauft oder man arbeitet mit Sponsoring-Partnern zusammen.
Was passiert mit den ganzen Requisiten nach dem Film?
Wir versuchen möglichst alles loszubekommen. Also alles, was aus dem Fundus kommt, geht dahin zurück, alles was wir gekauft haben, versuchen wir entweder innerhalb des Teams weiterzuverkaufen oder an andere Projekte weiterzugeben. Wenn mal Sachen übrig sind, die kein Vermögen wert sind, wie ein Geschirrset oder so, dann schenken wir das auch gerne weiter an Sozialkaufhäuser, dass bedürftige Leute es für wenig Geld kaufen können.
Hast du auch schon Dinge behalten?
Ja doch, das passiert andauernd. Dadurch, dass man den ganzen Tag damit rumarbeitet und ständig so viele, tolle Sachen kauft, fängt man dann doch an, am Ende auch was abzukaufen. Die neueste Errungenschaft ist ein riesiger Kühlschrank, bei dem ich etwas unterschätzt habe, wie groß er ist. Man muss sich immer ein bisschen zurückzuhalten, weil sonst irgendwann kein Platz mehr zuhause wäre.
Wie würdest du die Einrichtung in deiner eigenen Wohnung beschreiben?
Es ist tatsächlich alles ein bisschen filmisch, weil man beim Film gerne mit gedeckten Farben arbeitet und das ist bei mir zuhause auch so. Man lässt sich vom Beruf schon ein bisschen anstecken und könnte auch immer weiter dekorieren und sich nochmal was Neues überlegen.
Kannst du Filme überhaupt noch normal anschauen, ohne an deine Arbeit denken zu müssen?
Wenn ich sie selbst gemacht habe, komme ich damit nicht gut zurecht, aber wenn es Filme sind, bei denen niemand mitgearbeitet hat, den ich kenne, dann kann ich die schon noch gucken. Ich merke aber schon manchmal, dass ich abschweife und über kleine Details im Film nachdenke.
Kleine Details, die viel Vorbereitung benötigen.
Ja, wir brauchen im Schnitt so 8-12 Wochen Vorbereitung für einen Film. In der ersten Woche sind wir erstmal dabei, das Drehbuch durchzuarbeiten, darin einzutauchen und dann geht es erst richtig los. Wenn alle Sets nach Drehplan aufgebaut sind, kommt das Drehteam, wir schauen, dass alles gut ist und dann gehen wir erst. Und wenn die Dreharbeiten fertig sind, kommen wir wieder und bauen ab. Deswegen haben wir grade dann, wenn gedreht wird, besonders viel zu tun, weil wir eben nicht nur die Zeit arbeiten, die das Drehteam da ist, sondern auch davor und danach.
Gibt es in deinem Beruf so etwas wie Routine?
Wenig, sehr wenig. Routine ist eigentlich nur in dem Sinne vorhanden, dass man in jedem Projekt ein Drehbuch bekommt und sich dann reinarbeitet. Aber jedes Drehbuch ist anders und daraus resultiert dann auch, dass alles was man sonst macht, anders ist.
Gibt es Unterschiede in deiner Arbeit, je nachdem ob es eine kleinere Produktion oder ein Blockbuster ist?
Ja auf jeden Fall. Je kleiner das Projekt, desto weniger Geld ist meistens da. Das heißt, dass man dann auch personalmäßig kleiner aufgestellt ist. Man macht zwangsläufig mehrere Positionen und mehrere Aufgaben mit. Im Gegensatz zu einem großen Projekt, jetzt zum Beispiel bei Homeland, waren wir so viele Leute, dass es sehr konkret aufgeteilt war.
Muss man kreativer werden, wenn weniger Geld da ist?
Ja, da muss man sich manchmal einfach mehr einfallen lassen. Wenn man merkt, dass etwas gewünscht wird, das nicht bezahlbar ist, dann überlegt man: Wie kriegen wir es trotzdem hin oder was gibt es für Alternativen?
Kann man sagen, dass das Ergebnis vom Set Decorator abhängt oder liegt das auch an dem Geld, das in einem Projekt steckt?
Beides. Es ist natürlich toll, wenn viel Geld da ist, damit kann man sich ganz schön austoben. Dann gibt es zum Beispiel Food Stylisten, die sich nur um das Essen im Bild kümmern oder mehrere Leute, die nur Gardinen nähen. Das ist ein ganz anderes Arbeiten als in einem kleinen Projekt. Aber jeder Set Decorator hinterlässt zusätzlich noch seinen Fingerabdruck und ich glaube, das sieht man.
Geht es überhaupt um das Erkennen?
Nein, eigentlich haben wir unsere Arbeit dann am besten gemacht, wenn man uns gar nicht bemerkt. Es wäre schlecht, wenn jemand einen Film schaut und denkt: „Die Lampe ist ja völlig daneben“ oder „Die Gardine passt ja überhaupt nicht in den Raum“. Deswegen kennen auch so wenige unseren Job, weil die meisten glauben: „Das ist schon so, das muss keiner machen“. Von da her: Am besten läuft’s, wenn’s keiner merkt.
Wie würde ein Film ohne dich aussehen?
Leer. Ohne mich wäre er schlecht organisiert, keiner wüsste, wo er hinmuss und die Filmsets wären leer.