"Die Muskulatur ist ein Stoßdämpfer für die Gelenke"
Wie Sport unsere Gelenke zerstört
Schmerzende Gelenke bei den ersten Bewegungen morgens, Beschwerden während körperlicher Tätigkeit oder auch danach. Diagnose: Arthrose. Bei Betroffenen reibt sich über Jahre hinweg das schützende Knorpelgewebe um die Knochen unbemerkt ab. Schmerzen tauchen in vielen Fällen erst im Alter auf. Wenn die Gelenkkrankheit erkannt wird, ist es zu spät gegen sie vorzugehen, denn das Knorpelgewebe kann sich nicht wiederaufbauen.
Eine Arthrose kann viele Ursachen haben. Meist geht sie zurück auf Verletzungen im Gelenkbereich, die sich Sportler*innen bereits in jungen Jahren zugezogen haben. Oft bedingen auch erbliche Veranlagungen die Krankheit. Gelenkverschleiß beginnt mit einer Störung des Knorpelstoffwechsels. Die Störung führt dazu, dass sich der Knorpel über Jahre hinweg immer weiter abträgt, bis er letztendlich nicht mehr vorhanden ist. Je weniger von der schützenden Knorpelschicht noch existiert, desto eher reiben die Knochen schmerzhaft aneinander.
Angeborene Fehlstellungen führen bei vielen Menschen zu Gelenkverschleiß und wenn sie sich dazu noch sportlich betätigen, steigt das Arthrose-Risiko an. Sportmediziner Doktor Andreas Hoffmann vom Zentrum für Orthopädie und Neurochirurgie in Stuttgart erklärt: „Wenn eine Person mit X-Beinen zum Beispiel das Gelenk dauerhaft stark belastet, kann es zu frühzeitigem Verschleiß kommen.“ Dasselbe gelte auch für falsche Bewegungsausführungen beim Sport, wie zum Beispiel eine unsaubere Wurftechnik beim Speerwerfen. Denn irgendwann können Belastungsspitzen nicht mehr von der Muskulatur abgefedert werden.
Das Risiko kennen
Sport an sich führt nicht zu Gelenkverschleiß. Aber Verletzungen steigern das Risiko einer Arthrose enorm, sofern sie nicht ausreichend auskuriert oder ärztlich behandelt werden. Nicht nur große Verletzungen im Gelenkbereich, wie zum Beispiel ein Kreuzbandriss, können eine Arthrose verursachen. Auch wiederkehrende Mikrofrakturen, die man selbst nicht bemerkt, reichen aus, um Gelenkverschleiß zu bedingen. Manche Sportarten bergen ein hohes Verletzungsrisiko, andere weniger. Ruckartige Bewegungen und starke Belastungen führen dabei oft zu Schäden.
Auch Marina Schmidt ist als leidenschaftliche Fußballerin einem erhöhten Arthrose-Risiko ausgesetzt. Zudem leidet sie seit ihrer Geburt an Problemen mit den Kniescheiben. Aufgrund einer anatomischen Fehlbildung springen diese beim Sport häufig aus ihrer Position. Trotzdem spielt Marina aktiv im Verein Fußball. Neben großen Schmerzen bedeutet das: zeitnaher Gelenkverschleiß. „Die Ärzte haben mir gesagt, wenn ich meine Knie nicht operieren lasse, habe ich wahrscheinlich mit 20 Arthrose“, berichtet die 17-Jährige.
Der Arthrose entgegenwirken
Doch Bewegung an sich ist nicht schlecht für den Körper: Durch ein gezieltes Training der Muskulatur könne man, laut Doktor Hoffmann, sowohl Verletzungen als auch zu starke Belastungen der Gelenke vermeiden.
Im Sport machen die Dosis und vor allem die richtige Technik neben der Verletzungsvorbeugung einen entscheidenden Unterschied. „Viele Sportler gehen leider ein bisschen zu mutig an die Sache ran, da kommt es schnell zu Verletzungen.“, bemängelt Sportmediziner Doktor Michael Ulmer aus der Sportpraxis Esslingen. Wichtig sei es, Schäden bereits im Vorhinein aus dem Weg zu gehen, indem man auf seinen Körper hört und Überlastungen vermeidet.
Das Hobby aufgeben?
Marinas Ärzte haben ihr nahegelegt, ihr Hobby zu überdenken und einem gelenkschonenden Sport nachzugehen. Das kommt für sie nicht in Frage: Seit über zehn Jahren spielt Marina Fußball und hat viele gute Freundinnen in ihrer Mannschaft. „Ich möchte kein Hobby haben, zu dem ich mich zwingen muss, sondern eines, das mir Spaß macht.“
Dank einer Operation ist eines ihrer Knie inzwischen wieder stabil und Marina muss sich, sobald auch das andere Knie operiert ist, keine Sorgen mehr um eine frühzeitige Arthrose machen. Dennoch birgt die Verletzungsgefahr beim Fußballspielen für sie und für viele weitere Sportler*innen ein erhöhtes Risiko für Gelenkverschleiß im Alter.