Detekteien

Ermittlungen tragen ihren Preis

Eltern akzeptieren die Liebe nicht oder es gibt Streit - das sind die häufigsten Gründe, weshalb Jugendliche weglaufen.
Detektiv*innen suchen Vermisste, aber nicht für jedes Klientel. Die Kosten für die Recherche landen schnell im fünfstelligen Bereich. Wer sich das nicht leisten kann, wendet sich lediglich an die Polizei. Sind Detekteien nur etwas für Reiche?

„Kennt ihr Frank?“. Zurück kam oft nur: „Welcher Frank?“. „Ach, ich habe da so einige Schallplatten“. Stille. Manchmal kam ein Gefasel, keine Hinweise. Schon gegen 8 Uhr trafen sich die armen Seelen am Bahnhof und begannen zu trinken. Unter ihnen Detektiv Classen. Er hatte seinen Smoking und seine Lackschuhe gegen seinen ältesten Parka und löchrige Jeans eingetauscht. Eine wohlhabende Klientin hatte ihn beauftrag ihren Sohn zu lokalisieren. Die alte Dame ging davon aus, nicht mehr lange zu leben. Als Frank 17 Jahre alt war, verließ er nach einem Streit mit dem Vater das Haus und war seitdem 15 Jahre untergetaucht. In der Zwischenzeit verstarb sein Vater. Die Familie besaß drei Häuser, die weit über eine Million Euro wert waren. Frank sollte das Vermögen erben. Dafür stand Detektiv Classen inmitten von Trinkern am Bahnhof und täuschte vor, Frank alte Schallplatten aushändigen zu wollen. Ein Milieu, in dem der Detektiv für gewöhnlich nicht unterwegs ist.

Ermittlungskosten

Insgesamt stammen 30 Prozent der Fälle aus wohlhabenden Kreisen. Detekteien suchen für diese vermehrt ihre Erben und prüfen Kontakte. Die meisten Fälle kommen mit 70 Prozent aus dem Wirtschaftssektor. Für große Unternehmen wird in Bereichen des Betrugs, Personaldiebstahls, Blaumachens und der Industriespionage ermittelt. Bei der Detektei „Lentz Gruppe“ arbeiten drei bis vier Detektiv*innen an einem Vermisstenfall. Die Kosten belaufen sich wöchentlich auf 15.000 bis 20.000 Euro. Einen vermissten Jugendlichen fand Detektiv Lentz in Südfrankreich wieder, dort gingen die Ermittlungskosten bis in den hohen fünfstelligen Bereich. Vor allem das wohlhabende Klientel kann sich diese Detektivarbeit leisten. Auch Familien mit fehlenden finanziellen Ressourcen beauftragen Detekteien, indem sie ihr Geld zusammenlegen oder sich verschulden.

Detektiv Lentz hat unter anderem in Europa und Übersee operativ an Aufträgen gearbeitet.

Die Polizei im Vergleich

Die meisten Auftraggebenden wenden sich an die Polizei, die sich durch Steuergelder finanziert. Durch die Menge an Fällen und dem fehlenden Personal weist die Polizei nicht so schnell Erfolge vor wie die Detekteien. Die Polizei ist die erste Instanz, wenn ein Verbrechen im Vermisstenfall nicht ausgeschlossen werden kann. Die Erfolgsquote der Polizei liegt bei 97 Prozent im Jahresdurchschnitt, die der „Lentz Gruppe“ Detektei bei 96 Prozent. Die Detektei findet die Vermissten innerhalb der ersten sieben bis zehn Tage. Die Polizei löst die Hälfte der Fälle innerhalb der ersten Woche, eingeschlossen sind vermisste Erwachsene. Innerhalb eines Monats lösen sich 80 Prozent der Fälle. Wo die Polizei standardisierte Verfahren einhalten muss, können Detekteien freier agieren und sofort im Fall ermitteln. Nach Detektiv Lentz können einige Tage vergehen, bis die Polizei Aufnahmen der Deutschen Bahn sichtet, während Detekteien durch ihre Verbindungen Informationen schneller erfragen können.

Ermittlung von Vermisstenfällen durch die Polizei.

Methoden von Detekteien

Während der Recherche greifen Ermittler*innen der Detekteien auf ihr Netzwerk zurück. Sie sichten Videoaufzeichnungen von Taxiständen, öffentlichen Bushaltestellen sowie Bahnhöfen und befragen Beteiligte. Sie schauen sich das Zimmer der vermissten Person an und suchen in Schränken und Hosentaschen nach möglichen Hinweisen. Anders als die Polizei müssen sich Detekteien nicht als solche erkennbar geben. Dadurch haben sie die Möglichkeit, unter einer Legende zu arbeiten und an Informationen zu gelangen, die die Polizei nicht erhält. Laut Detektiv Lentz haben Befragte oft Angst, für eine ungenaue Aussage in Haft genommen zu werden, wenn sie von der Polizei befragt werden. Strafbar sind Aussagen, die wissentlich falsch abgegeben werden. So erhalten Detekteien Aussagen von Menschen, die der Polizei drei Stunden zuvor keine Auskunft erteilt haben.

Beide Berufsfelder ergänzen sich in der Ermittlung, indem die Detektei die Polizei über Maßnahmen informiert und die Polizei gelegentlich Informationen rückläufig bereitstellt. Schwierigkeiten kommen vereinzelt mit jüngeren Beamten vor, die soeben die Polizeischule abgeschlossen haben und Detekteien als Konkurrenz sehen, berichtet Lentz. Er hat die Erfahrung gemacht, dass diese den Ermittelnden mit einer herablassenden Art begegnen. Bei erfahrenen Beamten spricht Detektiv Lentz von einer sehr guten Zusammenarbeit.

Die Polizei hatte auch schon im Fall Frank ermittelt, stoppte die Ermittlung als Frank volljährig wurde. Wie Detektiv Classen herausfand war Frank obdachlos, hatte einige Affären und arbeitete bei der Tafel. Dort traf Classen den heruntergekommenen Frank an. „Wenn ich dich anspreche, wird sich dein Leben total verändern“.  „Wieso?“, Frank schaute ihn an, setzte sich hin und zündete eine Zigarette an. Er rauchte eine, während Classen von dem Auftrag der kranken Mutter, dem Erbe und dem Tod des Vaters berichtete. Er sah zu, wie Frank weinte, sich Zeit zum Überlegen nahm und Tage später mit Classen die Mutter besuchte. Frank war geduscht, hatte sich rasiert und ordentlich angezogen. Für den Fall bekam Detektiv Classen zehntausend Euro ausgestellt und seine Klientin einen Ermittlungsbericht. Der vermisste Frank erbte die Häuser und das Geld. Nach dem Abschluss des Falles erreichte Classen eine Postkarte von Frank. „Vielen Dank für alles“, abgeschickt aus Mallorca.