Wie Wohnungsleerstand durch Deutschland zieht
Von 25 Wohnungen bleibt deutschlandweit eine unbelebt. Das zeigen Erhebungen des Zensus 2022, in denen großflächig erfasst wurde, wie die Bevölkerung mietet, wohnt und lebt. Die Situation unterscheidet sich je nach Landkreis und kann für die Region verheerende Folgen haben. Trotz Leerständen verschärft sich die Wohnungsnot drastisch.
Denn leerstehende Wohnungen schwächen die betroffenen Nachbarschaften. Bewohner*innen der anliegenden Wohnungen müssen deutlich mehr Heiz- und Wasserkosten übernehmen - es fehlt schließlich ein Mieter. Zudem schleicht sich in unbelebten Räumen schnell ein Verfall ein, der die Lebensqualität in der Gegend senkt. Dadurch werden die Wohnungen auch eher anfällig für Vandalismus, die Sicherheit der Anwohnenden vermindert sich. Je länger eine Wohnung leer steht, desto wahrscheinlicher muss sie abgerissen und ressourcenschädlich neuer Wohnraum gebaut werden.
Besonders schrumpfende Regionen haben große Probleme mit Leerstand. Darunter fallen beispielsweise Kommunen in Thüringen und Sachsen. Die Landbevölkerung wird immer älter und junge Generationen ziehen vermehrt in die Städte. Gerade in strukturschwachen Gegenden besteht daher weniger Nachfrage für Wohnraum. Renovierungen und damit die Wiederbelebung der Wohnungen scheitern oft an mangelnden Finanzen. Für Kommunen und Vermieter scheint es wenig lohnenswert, in unsichere Absatzmärkte zu investieren. Die Leerstandsquote stellt den Anteil der Wohnungen dar, die von allen Wohnungen in Wohngebäuden unbewohnt sind.
Mangelware und Überschuss zugleich
Prognosen des Instituts der deutschen Wirtschaft von 2021 zeigen, dass der Bedarf an Wohnraum in den nächsten Jahren vielerorts nicht gedeckt werden kann. Besonders in Süddeutschland und dem Ruhrgebiet wird sich die Wohnraumkrise verschärfen. Es kann voraussichtlich nicht so schnell neuer Wohnraum geschaffen werden, wie die Regionen Bevölkerungszuwachs erleben.
Obwohl die Nachfrage am Wohnungsmarkt hier besonders hoch ist, sind auch städtische Regionen von Leerstand betroffen. Alleine in Stuttgart stehen über elftausend Wohnungen leer. Der Großteil - etwa sechstausend Wohnungen - wäre innerhalb kürzester Zeit bezugsbereit. Durch Neubau wird versucht, die Wohnraumkrise einzudämmen. Doch das Institut der deutschen Wirtschaft warnt, neue Wohnungen auf der “grünen Wiese” zu errichten, verschärfe wiederum den Leerstand.
Neben Bauprojekten sind vor allem Spekulation für Leerstand im städtischen Raum verantwortlich. Hierbei handelt es sich um Vermieter*innen und Unternehmen, die bewusst Wohnraum unbewohnt lassen, weil sie sich davon bessere Mietrendite und Verkaufserlöse erhoffen. Sogenannter “Spekulativer Leerstand” befeuert den Wohnungsmangel und treibt die Immobilienpreise in die Höhe. Stuttgart hat 2016 das Zweckentfremdungsverbot eingeführt, das neben leerstehendem Wohnraum auch Ferienwohnungen einschränkt. So soll eine zeitliche Begrenzung für grundlosen Leerstand den Druck auf dem Wohnungsmarkt abbauen.
Wie viele Wohnungen leer stehen, unterscheidet sich je nach Eigentumsform stark. Das Schlusslicht bildeten 2022 deutschlandweit Bund und Länder. Über acht Prozent ihrer Immobilien sind ungenutzt. In einigen Städten, wie beispielsweise Kiel, ist jede dritte Wohnung in staatlichem Besitz betroffen. Unklare Zuständigkeiten für den eigenen Wohnraum verursachen die Stagnation, erklärt Rainer Wehaus, der Sprecher des Landesministeriums für Wohnen in Baden-Württemberg. Bund und Ländern fehle es an Geld für Bekämpfung des Leerstands. Er bestätigt, weder vom Finanzministerium noch vom Bund werde das fehlende Geld für die Modernisierung gestellt.
Leere Wohnflächen besser zu erfassen und für das Allgemeinwohl wiederzubeleben, sind zentrale Anliegen der Initiative “Leerstandsmelder”. Die Plattform ruft Anwohnende dazu auf, selbst leerstehende Wohnungen zu melden und in die Datenbank einzutragen. So wollen sie langfristig eine gerechtere und nachhaltigere Wohnungspolitik erreichen. Auch das Institut der deutschen Wirtschaft beschreibt, um Leerstand und Wohnungsnot einzudämmen müsse auf nachhaltige Siedlungsentwicklung gesetzt werden. Umbau solle Priorität vor Neubau haben.