Wasserknappheit 5 Minuten

Wie die Lebensmittelindustrie Wasser verschwendet

Collage mit verschiedenen Lebensmitteln in grün und blau
Während Obst und Gemüse mehr bewässert werden müssen, verursachen Tierprodukte mehr Wasserverschmutzung. | Quelle: Ruth Klages
15. Okt. 2024

Die Lebensmittelindustrie trägt zur Wasserverschmutzung bei, sowohl durch vermehrte Tierhaltung als auch durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Wie können wir nachhaltig den Wasserverbrauch und die Umweltbelastung reduzieren? Eine Analyse.

Deutschland gehört zu den Regionen, die weltweit den höchsten Wasserverlust verzeichnen. Laut dem im Jahr 2023 erschienenen Monitoringbericht der Bundesregierung verliert das Land jährlich etwa 2,5 Kubikkilometer Wasser. Das ist fast so viel Wasser, wie sich im bayerischen Starnberger See befindet. Eine der Hauptursachen dafür sind beispielsweise Dürren und höhere Verdunstung  –  kurz gefasst, Auswirkungen des voranschreitenden Klimawandels – wie der Bericht verdeutlicht.

Da stellt sich die Frage: Wie können wir diese wertvolle Ressource besser schützen? Nicht nur, indem wir etwas gegen die Erderwärmung tun, sondern auch durch Sparmaßnahmen. Verschwenderische Wasserverbraucher befinden sich vor allem in der Mode- und Bauindustrie. Aber auch die Lebensmittelhersteller und dessen Konsumenten leisten ihren Beitrag zur Wasserverschwendung. Der Ex- und Import sowie die Wasserverschmutzung, die von der Lebensmittelindustrie verursacht werden, sind aktuell schädlicher als sie es sein müssten, wie die folgende Analyse zeigt.

Sparmöglichkeit bei Ex- und Importen

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichte Zahlen zum Selbstversorgungsgrad in Deutschland um 2021/22. Der Grad beschreibt die volkswirtschaftliche Kennzahl, welche die inländische Herstellung von Produkten in Prozent ihres Verbrauchs angibt. Mit 80 Prozent hat Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern einen relativ hohen Selbstversorgungsgrad. Dennoch befindet es sich zu 20 Prozent in Abhängigkeit von Importen – es fehlt an Obst und Gemüse.

Genau 20 Prozent des Obstbedarfs und 38 Prozent des Gemüsebedarfs produziert das Land selbst. Um die Bevölkerung ausreichend zu versorgen, wird aus der ganzen Welt importiert: Tomaten aus Spanien, Bananen aus Ecuador und vieles mehr. Im Jahr 2022 importierte Deutschland etwa 14,1 Millionen Tonnen. Besonders problematisch wird diese Importmenge an Obst- und Gemüse dadurch, dass das zum Gießen verbrauchte Wasser nicht wieder zurück in den natürlichen Wasserkreislauf des Landes gelangt. In von Dürre bedrohten Gebieten zapfen große Landwirtschaftsunternehmen die wenigen Wasserquellen ab, die es noch gibt.

Um für Europäer*innen Avocados, Kakao oder Kaffee anzubauen, sinkt der dortige Grundwasserspiegel dramatisch. Hinzu kommt, dass die von der Monokultur zerstörten Böden kaum noch Wasser aufnehmen können. Besonders betroffen sind Länder in Süd- und Ostafrika, Südasien und auch Südeuropa. Die Deutschen sind durch Import primär verantwortlich für Wasserknappheit in Spanien und den USA.

Deutschland, das Land der Tierprodukte?

Dafür werden in Deutschland mehr Ressourcen für die Viehzucht verwendet: Aus dem Beitrag des BMEL geht hervor, dass der Milchbedarf zu 112 Prozent gedeckt ist. Zudem ist es das am meisten von den Deutschen exportierte Lebensmittelprodukt 2022, so die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Der Eigenbedarf an Fleisch ist mit 121 Prozent ebenso befriedigt. Das top produzierte Lebensmittel in Deutschland ist, wer hätte es gedacht, die Kartoffel. Mit 150 Prozent kann Deutschland ein Drittel davon exportieren. 

Tausende Liter Wasser für ein Kilo Rindfleisch

„Food monitor“ ist ein Informationsdienstleister für Ernährung und veröffentlichte 2018 den Beitrag: „Wasserverbrauch für den Anbau von Lebensmitteln“. Daraus geht hervor, dass die Viehzucht mehr Wasser verbraucht als der Anbau von Obst und Gemüse. Hier ein Beispiel mit Top-Wasser-Verbrauchern aus beiden Kategorien: Ein Kilogramm Rindfleisch braucht von der Aufzucht bis auf den Teller etwa 15,5 Tausend Liter Wasser und durchschnittlich 38 Quadratmeter Fläche. 

Ein Kilogramm Avocados, entspricht drei bis fünf Stück, benötigt rund 1500 Liter Wasser und ist flächenarm, da die Früchte von einem Baum stammen. Ein Kilogramm Kartoffeln hingegen braucht um einiges weniger – mit 210 Litern Wasser und wenigen Quadratmetern geben sich die Erdknollen zufrieden. 

Zu sehen ist der Wasserverbrauch je Kilogramm von einem Rind mit 15.5 Tausend Liter, Avocados mit 1500 Litern und Kartoffeln mit 210 Liter.
Die Rinderzucht braucht nicht nur sehr viel Wasser, sondern auch mehr Fläche wie andere Erzeugnisse.
Quelle: Information: Food Monitor, Abbildung: Annabelle Krause

Dieser Vergleich zeigt, welches landwirtschaftliche Potenzial Deutschland hat. Die Industrie könnte die Fläche, die für Nutztiere verwendet wird, reduzieren und stattdessen für beispielsweise Sojabohnen (2050 Liter/ Kilo), Tomaten (110 Liter/Kilo) und Erdbeeren (280 Liter/Kilo) verwenden. Der Selbstversorgungsgrad würde steigen, da das Land durch sinnvolle Flächennutzung unabhängiger werden würde. Obwohl sich die genutzte Fläche nicht verändert, würde eine Menge Wasser eingespart werden. 

Ein weiterer Bonus ist der positive Effekt auf das Klima: Durch weniger Ex- und Importe, müssen weniger LKWs und Schiffe fahren und Flugzeuge fliegen. Dadurch verringert Deutschland seinen CO2-Ausstoß, was sich wiederum gut auf das Klima auswirkt und höherem Wasserschwund entgegenwirkt.

Tierprodukte sind schädlicher als teilweise dargestellt

Im Gegensatz zu Nüssen scheinen Tierprodukte zunächst recht wasserschonend. Nur 18 Prozent des Wasserverbrauchs der Agrarindustrie sind laut der WWF-Studie auf die Produktion von tierischen Lebensmitteln zurückzuführen. Grund dafür ist, dass viele der angebauten Futtermittel, wie Weizen, Soja, Raps oder Gerste, wenig künstliche Bewässerung brauchen. Lediglich die Erzeugung von Futtermais hat einen hohen Wasserverbrauch.

Daher kam die WWF-Studie im August 2021 zum Schluss, dass eine herkömmliche, omnivore Ernährung im Bewässerungsvergleich besser ausfällt als vegetarische und vegane Ernährungsweisen. Das Fazit ist vor allem mit dem unterschiedlichen Konsum von Nüssen und Samen zu erklären. Denn diese Lebensmittel sind für den höchsten Wasserverbrauch, zusätzlich in trockenen Regionen der Welt, verantwortlich. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein hoher Konsum von Schalenfrüchten den Empfehlungen der EAT-Lancet Kommission entspricht, und demnach nicht verringert werden sollte. Lediglich sollte darauf geachtet werden, dass die Länder, aus denen die wasserintensiven Lebensmittel bezogen werden, keine hohe Dürregefahr haben. Produkte aus Südspanien, Iran, Türkei oder Kalifornien sind bewässerungsintensiv auf trockenem Boden angebaut und sollten gemieden werden. 

Die geringere Bewässerung für die Tierprodukte bedeutet jedoch nicht, dass sie wasser- und umweltschonend sind. Denn die Bilanz eines Lebensmittels für unseren Wasserkreislauf setzt sich auch noch aus anderen Faktoren zusammen. Nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist hier „graues Wasser“, das in der Tierindustrie in großen Mengen verbraucht wird. Als „graues Wasser“ wird die Menge an sauberem Wasser bezeichnet, die benötigt wird, um verschmutztes Süßwasser zu verdünnen. 

Verschmutzt und versauert

Bei der Tierhaltung werden stickstoffhaltiges Ammoniakgas und Gülle freigesetzt. Durch Regen gelangen die Stoffe in den Boden, wo sie Wasser und Erde versauern. Auch Tierarzneimittel wie Antibiotika verunreinigen das Grundwasser und schaden der Gesundheit. Die Schadstoffe stammen dabei nicht nur aus Nutztierhaltung an Land, sondern auch aus Aquakulturen in Küstenregionen, die mit Futterresten, Chemikalien und Fischkot nebenbei eine große Belastung für unsere Meere darstellen. Indirekt werden durch die Produktion von tierischen Lebensmitteln also große Mengen an Wasser verunreinigt und damit verschwendet.

Außerdem müssen für Flächen zur Nutztierhaltung häufig Biotope weichen, die einen wichtigen Beitrag zur Sauberkeit unseres Grundwassers leisten. Doch auch stickstoffhaltige Pflanzenschutzmittel und Dünger stellen eine große Belastung für unser Trinkwasser dar. Die Schwellenwerte für Ammoniak und Nitrat im Grundwasser werden regelmäßig überschritten. Um langfristig Wasser sparen zu können, muss Deutschland sorgsamer mit seinem Grundwasser umgehen und saubere Quellen vor Verschmutzung bewahren.

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