„Du bist so flexibel. Wenn die Sonne scheint, kannst du für zwei Stunden draußen wandern und dafür abends nochmal arbeiten.“
Jenseits des Büros
Noch vor nicht allzu langer Zeit sah das traditionelle Arbeitsmodell so aus: Man erscheint zu einer festen Zeit an seinem Arbeitsplatz, setzt sich an den immer gleichen, mit Familienfotos dekorierten Schreibtisch, arbeitet acht Stunden und geht wieder nach Hause. Diesem typischen „Nine-to-five-Job“ stehen heute viele weitere Arbeitskonzepte gegenüber. Vor allem während der Corona-Pandemie entwickelten Unternehmen Homeoffice-Methoden, um ihre Mitarbeitenden digital von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Obwohl es wieder möglich ist, ins Büro zurückzukehren, bleiben die neuen Konzepte bestehen. Das sogenannte „mobile Arbeiten“ hat sich etabliert und wird in verschiedenen Formen umgesetzt.
Das eigene Zuhause als Arbeitsplatz
Die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, also im „Homeoffice“, bietet viele Vorteile: Etwa Flexibilität innerhalb des Arbeitstages oder die Einsparung von Zeit für den Arbeitsweg. Allerdings fehlt der tägliche persönliche Austausch mit Kolleg*innen, was zu Gefühlen der Isolation führen kann. Außerdem verschwimmen hier häufig die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. Um diesen Herausforderungen aus dem Weg zu gehen, bevorzugen viele Menschen das „Hybride Arbeitsmodell“, wie eine Befragung aus dem Jahr 2022 zeigt: 65% der Befragten möchten in Zukunft gerne teilweise im Büro und teilweise im Homeoffice arbeiten.
Die flexible Alternative zum klassischen Büro
Eine weitere Möglichkeit außerhalb des Büros zu arbeiten, ist ein Coworking Space. Hier kann man sich nach Tarif Arbeitsplätze in einem Gemeinschaftsbüro mieten und die Infrastruktur wie Internet, Drucker oder Besprechungsräume nutzen.
Alexander Bernhard ist einer der Mitgründer des Impact Hub Stuttgart. Das ist ein Coworking Space, der insbesondere für Menschen gedacht ist, die ihre Geschäftsmodelle mit sozialen und ökologischen Zielen verbinden und einen positiven „Impact“ erzielen möchten. Sie kommen hier zusammen, um an ihren unterschiedlichen Projekten zu arbeiten und sich dabei auszutauschen. „Unser Community Management kümmert sich darum, dass Leute hier die richtigen Kontakte finden, dass sie miteinander vielleicht gemeinsame Projekte starten oder schnelles Feedback bekommen“, erzählt Alexander. Diese Netzwerkeffekte können genutzt werden, um sich bei Fragen wie: „Wie finanziere ich mein Start-up?“ gegenseitig zu unterstützen.
Alexander weist jedoch darauf hin, dass Coworking auch gewisse Nachteile haben kann. So können Meetings zwar in einer Telefonzelle oder einem Meetingraum abgehalten werden, eine absolute Privatsphäre kann hier aber nicht garantiert werden. Zudem kann der Austausch mit anderen Coworkern dazu führen, dass man bei der Arbeit abgelenkt wird.
Wenn die Welt zum Büro wird
Es geht aber auch anders: Kathy (@nomad.kathy) hat für sich festgestellt, dass der „Nine-to-five-Job“ und das Warten auf das Wochenende nicht mehr zu ihr passen. Schließlich ging sie das Risiko ein, kündigte ihre Führungsposition und startete ihre Weltreise in Kanada. Heute führt Kathy das Leben einer digitalen Nomadin. Für sie bedeutet das, ohne festen Wohnsitz von überall auf der Welt aus arbeiten zu können. Einzige Voraussetzung: WLAN, ihr Laptop und Strom. Um günstig zu wohnen, kümmert sie sich um Häuser und Haustiere, während deren Besitzer im Urlaub sind. Das nennt sich „House-Sitting“. So wechselt sie alle paar Wochen ihren Wohnort: Mal lebt sie in einem abgelegenen Ort in New York, mal in einem Haus mit Pool in Las Vegas.
Ihr Einkommen verdient Kathy als Freelancerin. Sie bietet Dienstleistungen wie Social-Media-Management, Contentwriting oder Website-Management an. Zusätzlich entwickelt sie ihr eigenes „Digitale Nomaden Coaching“, um ihr Wissen zu teilen und anderen dabei zu helfen, diesen Lebensstil umzusetzen.
Diese Art der Arbeit bedeutet für sie große Freiheit: „Du bist so flexibel. Wenn die Sonne scheint, kannst du für zwei Stunden draußen wandern und dafür abends nochmal arbeiten.“ Gleichzeitig fällt ihr dadurch eine klare Trennung von Arbeit und Freizeit schwer. Sie betont, dass sie nicht nur ständig Urlaub macht, wie manche vermuten. So erinnert sie sich an eine Situation auf einem Campingplatz, auf dem sie an einem Tag acht Stunden arbeitete, während andere Gäste wanderten oder Rad fuhren. Für Kathy ist es das aber wert. Sie ist nicht nur ortsunabhängig und zeitlich flexibler, sondern auch viel zufriedener mit ihrem Arbeitsalltag.
Ob im Büro, zu Hause, in einem Coworking Space oder überall auf der Welt, eines steht fest: Die moderne Arbeitswelt ist flexibler und mobiler geworden. Wer also nicht mehr jeden Tag acht Stunden am gleichen, mit Familienfotos dekorierten Schreibtisch im Büro arbeiten möchte, hat heute viele andere Optionen. Diese bringen aber auch Nachteile wie weniger soziale Kontakte oder eine schwierigere Trennung von Arbeit und Freizeit mit sich. Man muss sich also fragen, was man bereit ist, für mehr Flexibilität aufzugeben.