„Der Groschen musste erst pfennigweise fallen.“
Der Mythos vom Frauenvirus: Die HPV-Impfung betrifft uns alle
Humane Papillomviren (HPV) sind weltweit verbreitet und können durch engen Hautkontakt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Momentan sind 200 Virustypen bekannt, die zu den HP-Viren gehören, wobei die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit zwölf "Hochrisiko HPV-Typen" als krebsverursachend einstuft. Eine Impfung kann vor Infektionen mit bestimmten HPV-Typen schützen.
Eine Infektion mit HPV bleibt zu Beginn meistens unbemerkt, da die akute Infektion häufig symptomfrei verläuft und innerhalb von zwei Jahren ohne Erkrankung wieder verschwindet. Daher wissen viele Betroffene nicht, dass sie mit HPV infiziert sind. Die Dauer zwischen der Infektion und dem Auftreten von Genitalwarzen kann zwischen zwei Monaten und acht Monaten variieren. Die meisten sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben. Bei einer andauernden Infektion mit HPV liegt die Dauer bis zur Tumorentwicklung zwischen zehn und 30 Jahren.
Gegen HPV gibt es präventive Impfungen, die vor bestimmten HPV-bedingten Erkrankungen schützen können.
Präventive Impfungen werden verabreicht, um eine Immunreaktion herbeizuführen, die den Körper mit den Merkmalen des Erregers bekannt macht. Idealerweise werden Präventivimpfungen verabreicht, bevor es zu einer Infektion mit dem tatsächlichen Virus kommt. Im Fall einer Infektion mit dem Virus reagiert das Immunsystem und wehrt den Erreger ab. Die zugelassenen HPV-Impfstoffe sind Totimpfstoffe, das heißt die Immunisierung wird aktiv herbeigeführt, indem die Hüllproteine des HP-Virus injiziert werden.
Warum ist die HPV-Impfung nur bis zum 18. Lebensjahr zugelassen?
Prof. Dr. Peter Schneede ist Chefarzt der urologischen Klinik in Memmingen und Experte für HPV bei der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Er erläutert, dass eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die HPV-Impfung in Deutschland vorliege. Für Mädchen und Jungen gelte die Impfempfehlung im Alter von 9 bis 18 Jahren. Die Altersempfehlung geht darauf zurück, dass das Immunsystem grundsätzlich besser auf die Impfung reagiert, je jünger die zu impfende Person ist. Wenn die Person, die geimpft wird, noch jung ist, wirkt die Impfung besser.
Der Schutz durch die HPV-Impfung ist allerdings nur dann gegeben, wenn die Person zum Zeitpunkt der Impfung noch keine sexuellen Kontakte hatte. Durch wechselnde Sexualpartner*innen steigt das Risiko, dass eine Person bereits mit HPV infiziert ist und somit sinkt auch die Wirkung der Impfung.
Schneede klärt auf, dass eine Impflücke von mehr als zehn Jahren zwischen 2007 und 2018 vorliege, in denen Mädchen bereits gegen HPV geimpft worden wären, Jungen aber nicht. Die Erklärung liege in den Erkenntnissen, die zu diesem Zeitpunkt vorlagen. Er spricht davon, dass „der Groschen erst pfennigweise fallen“ musste.
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Gebärmutterhalskrebs wird zu 99 Prozent durch „Hochrisiko-HPV-Typen“ verursacht, weshalb der Schutz von Mädchen und Frauen zum primären Ziel erklärt wurde. Erst später wurde herausgefunden, dass auch Männer durch HPV Krebs bekommen können. Schneede führt als Beispiel für die Versäumnisse an, dass in den USA seit 2014 mehr Männer mit HPV-bedingten Tumoren im Mund- und Rachenbereich behandelt worden wären als Frauen mit Gebärmutterhalskrebs.
Gibt es die Möglichkeit, sich nach dem 18. Lebensjahr gegen HPV impfen zu lassen?
Eine HPV-Impfung nach dem 18. Lebensjahr macht laut Expert*innen dann Sinn, wenn die betroffene Person bisher wenig sexuelle Kontakte hatte. Schneede sagt dazu, dass „mit steigender Anzahl von Sexualpartner*innen auch die Erfolgsaussichten der präventiven Impfung gegen HPV sinken“. Insgesamt spricht er von zwei Kriterien, die er individuell mit seinen Patienten bespräche, wenn ein Mann nach dem 18. Lebensjahr gegen HPV geimpft werden möchte:
Wenige Sexualpartner*innen sind das „ausschlaggebende Kriterium“ sowie die Kosten der HPV-Impfung, falls die Krankenkasse diese nicht übernimmt. Eine Impfung gegen HPV kostet ca. 460 €.
Sind diese Kriterien erfüllt sieht Schneede die Möglichkeit, einen Mann auch nach dem 18. Lebensjahr gegen HPV zu impfen. Er ergänzt, dass er „bislang keine Krankenkasse kennt, die die Kosten für die Impfung auf Anfrage nicht übernommen hat“. Gleichzeitig betont er, dass jeder Fall individuell entschieden werden müsse und die Entscheidung gemeinsam mit einem Arzt getroffen werden solle. Eine Impfung nach dem 18. Lebensjahr ist also möglich, der Nutzen muss aber von Fall zu Fall abgewogen werden.