„Ich glaube, dass ich in diesen Beziehungen war, weil ich bestimmte Normen und Werte erfüllen wollte, die damals angesehener waren.“
Anthony Curri - Kunst als Selbstbefreiung
Fotograf, Autor und Sprachwissenschaftler – der gebürtige Reutlinger Anthony Curri ist ein Multitalent. Doch was den 31-Jährigen so einzigartig macht ist, wie er seine Sexualität durch seine Kunst zum Ausdruck bringt. Das sehen fünf Studierende der Hochschule der Medien (HdM) genauso. Im Rahmen einer Studioproduktion des Studiengangs Audiovisuelle Medien drehen sie seit April ein dokumentarisches Filmportrait über den homosexuellen Künstler Curri. Die Premiere findet am 29. Juni an der HdM bei der MediaNight statt.
Für die Gruppe war von Anfang an klar, dass sexuelle Identität im Fokus stehen soll. Die Motivation dafür kam vor allem seitens Regisseur Anton Kleinert, der sich mit diesem Thema identifizieren kann. Auf der Suche nach einem Protagonisten hielten die Studierenden Ausschau im Freundes- und Bekanntenkreis. Produktionsleiterin Nina Schmiedel kannte Curri bereits durch ein Praktikum in seiner Modelagentur. Nach dem ersten Kennenlernen stand fest, dass der Fotograf der passende Protagonist für die Dokumentation ist. Entlang seiner Person wird verdeutlicht, dass es durch gesellschaftliche Normen nicht immer leicht ist seine Sexualität auszudrücken. Kleinert konnte dabei persönliche Vergleiche ziehen: „Ich war schon sicher in meiner sexuellen Identität. Es war eher interessant zu erfahren, wie er damit umgeht. Seine Sicht darauf ist ganz anders als meine.“
In Reutlingen wuchs Curri in einem heteronormativen Umfeld auf und konnte seine Sexualität deswegen noch nicht ausleben. Er führte auch Beziehungen mit Frauen. „Ich glaube, dass ich in diesen Beziehungen war, weil ich bestimmte Normen und Werte erfüllen wollte, die damals angesehener waren“, erzählt Curri zu Beginn des Films. Während seines Studiums in Tübingen setzte er sich schon mehr mit seiner Homosexualität auseinander. Erst in seinem Buch „Atlas Moksha“, das er schrieb, als er nach Stuttgart zog, öffnete sich der Autor. Darin thematisierte er seine erste Beziehung und outete sich im selben Atemzug. Momentan beschäftigt sich Curri intensiv mit der Aktfotografie. Jedoch nur privat: Das seien eher Kunstprojekte durch die er sich ausdrückt, zeigt Schmiedel auf. Er portraitiert auch nur Männer, da er zu Frauen in der Hinsicht keine Verbindung verspürt.
Aus dem Leben gegriffen, auf die Leinwand gebracht
Die Dreharbeiten seien zwar nicht inszeniert, aber initiiert gewesen, erklärt Editor Cedric Bruns. Die Studierenden gaben ihm das Setting und die Möglichkeiten seine Geschichte zu erzählen und sich auf natürliche Art und Weise darzustellen. An einer Stelle setzt sich Curri und redet über sein Buch, an einer anderen begleitet das Kamerateam ihn bei einem Fotoshooting und im nächsten Moment sieht man ihn mit Freunden auf einer Dachterrasse feiern. Außerdem werden immer wieder seine Aufnahmen eingeblendet. Durch die kleinen Einblicke in sein Leben wird nur ein Bruchteil seiner Person dargestellt. Das unterscheidet die Dokumentation von anderen Studioproduktionen. „Wir haben uns zur Aufgabe gemacht einen Moment aus Anthonys Leben festzuhalten“, fasst Kleinert zusammen.
Stilistisch orientieren sie sich hierbei an Curris Ästhetik, sagt Kameramann Ruben Jentschke. Selbst ein ungeschultes Auge erkennt die nostalgische Retro-Aufmachung und die alten Vintage-Optiken. Das Team, inklusive Tontechnikerin Xenia Schenkel, bringt unterschiedliche Hintergründe bezüglich der Filmproduktion mit. Während Jentschke schon bei zwei Studioproduktionen mitgewirkt hat, ist es für den Rest des Gruppe die erste. Deswegen habe es auch hin und wieder Schwierigkeiten gegeben, gesteht der Regisseur. Das sei aber völlig normal.
„Der Film soll Mut machen“, betont der Kameramann. Er soll Symbol dafür sein, dass egal in welcher Lage man sich befindet, man sich immer aus eigener Kraft befreien kann. Für Curri geht es letztendlich um Visibilität. Dass Menschen sich in seiner Geschichte und seiner Kunst wiederfinden. „Was ist, wenn das auch nur eine Person trifft, die sagt, sie möchte offener und lebendiger sein und auch mehr Kunst machen? Dann ist ja damit schon einer Person geholfen“, so Curri.
„Der Film soll Mut machen.“