„Ich liebe diesen Sport zu sehr, um so schnell aufzugeben“
Issaka Mouhaman wird am 5. September 1998 in Accra, Ghana geboren. Als Kleinkind kommt er mit seiner Familie nach Deutschland, seine Eltern lassen sich in Frankfurt nieder. Früh wird er mit Fußball konfrontiert, schon als kleiner Junge kickt er für den Amateurclub GSU Frankfurt. Über seinen ersten Profiverein FSV Frankfurt landet Issaka 2011 schließlich in der Jugend des FSV Mainz 05.
Hier merkt er erstmals, dass Fußball nicht nur aus Spaß besteht: „Ich habe meine Jugend ein stückweit geopfert, Freizeit gab es nicht“. Im Nachwuchsleistungszentrum der Rheinländer soll er zum Profi reifen, über Berufsalternativen denkt er zu dem Zeitpunkt nicht nach. Im Jahre 2013 hat er die Ehre, zwei Spiele für die U16 der DFB-Elf zu absolvieren. Dieses Erlebnis befeuert den Traum vom Profi-Dasein erst richtig, denn Issaka lebt fortan für seine Vision.
Im Sommer 2017 folgt dann der Wechsel vom Junioren- zum Männerfußball. Issaka unterschreibt einen Zwei-Jahres-Vertrag bei der Reservemannschaft des 1. FC Nürnberg in der viertklassigen Regionalliga. Sein Ziel ist es, sich über gute Leistungen in der Regionalliga für die erste Mannschaft oder andere Profivereine zu empfehlen. Wenige Tage vor einer gewöhnlichen Partie wird Issaka mitgeteilt, dass Talentsichter nur für ihn am Wochenende anreisen werden. Eine große Chance, doch Issaka ist zu nervös. Er kann seine Leistung nicht abrufen und macht ein schlechtes Spiel. „Ich konnte den Druck nicht standhalten. Als es darauf ankam, war ich nicht da“, resümiert er die Geschehnisse enttäuscht.
Insgesamt macht er in den zwei Saisons 44 Spiele, im zweiten Jahr gelingt ihm der Aufstieg zum Stammspieler – ein Einsatz für die Profis springt jedoch nicht heraus. Im Mai diesen Jahres macht er gegen den VfB Eichstätt sein letztes Pflichtspiel. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Issaka noch nicht, dass er bald eine Zwangspause einlegen muss.
Nachdem der Vertrag des Deutsch-Ghanaern ausläuft, sucht er in den Sommermonaten einen neuen Verein. Ein zaghaftes Interesse vom Drittligisten Waldhof Mannheim löst sich in Luft auf. Den genauen Grund weiß Issaka bis heute nicht. Auch Angebote anderer Vereine scheitern letztendlich nach und nach an Kleinigkeiten. Mal sei er zu unerfahren, mal benötige der Club doch keine neuen Spieler mehr. Immer wenn es so scheint, als würde sich eine Tür öffnen und er zu hoffen beginnt, wird sie im letzten Moment wieder mit voller Wucht zugeschmissen. Die Enttäuschung bleibt zurück. Issaka und sein Berater sind verwundert: „Wir hätten niemals gedacht, dass es so kommen wird“, sagt der Frankfurter.
Er entschließt sich dazu, sich für das Sommercamp der Vereinigung der Vertragsfußballspieler anzumelden. Dort können sich in der Sommerpause ausgewählte vertragslose Fußballspieler fit halten. „Jeder hat dort seine eigene tragische Geschichte, aber alle haben das gleiche Ziel“, berichtet Issaka nachdenklich von der intensiven Zeit. In den Einheiten werden sie von Talentscouts beobachtet, um durch diese dann möglicherweise bei einem Verein unterkommen zu können. Für Issaka geht dieser Plan nicht auf, denn er bleibt vereinslos. Die ersten Wochen sind für ihn sehr schwer. Er fragt sich, ob es überhaupt noch Sinn macht, die Karriere fortzuführen. Ablenkung bekommt er durch Freunde und Familie, diese bringen ihn auf andere Gedanken.
„Ich liebe diesen Sport zu sehr, um so schnell aufzugeben“
Mittlerweile beschreibt er diese Phase als Momentaufnahme: „Wenn du wieder anfängst zu trainieren, wenn du wieder den Ball am Fuß hast, dann vergisst du die schwere Zeit ein Stück weit“. In der jetzigen Situation bestehe die Challenge darin, sowohl körperlich als auch mental fit zu bleiben. Für die Fitness trainiert Issaka drei Mal pro Woche beim Oberligisten TSV Schott Mainz. Zusätzlich schiebt er Extraeinheiten im Kraftraum. Sein ganzer Tagesablauf wird darauf ausgelegt. Essen zu den richtigen Zeiten, schlafen zu den richtigen Zeiten – er weiß nie, wann sich ein Verein melden wird. Deshalb muss sein Körper auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.
Das Ungewisse ist dennoch schwer zu verarbeiten: „Es gibt Wochen, da rufen Vereine mit Interesse an und es gibt Wochen, da passiert gar nichts“. Er wirkt rastlos, doch Geduld ist in dieser Phase das Schlüsselwort für den ehemaligen A-Junioren-Bundesligaspieler. Auch im Kopf muss Issaka fokussiert sein, aber der Frankfurter vertraut auf seine Fähigkeiten. Deshalb sei es für ihn auch richtig, alles auf den Profifußball gelegt zu haben: „Du musst im Leben etwas haben, an das du glaubst. Bei mir war es schon immer der Fußball“.
Überhaupt an irgendetwas anderes zu denken, fällt ihm schwer. Schließlich hätte er die letzten zwölf Jahre nur Fußball im Kopf gehabt. Auf den Durchbruch kann der Ex-Nürnberger aber nicht mehr ewig warten. Es ist dieser schmale Grat zwischen gesundem Optimismus und kindlicher Naivität, die er Woche für Woche neu abwägen muss. Natürlich spielt hierbei das Finanzielle eine Rolle. Derzeit kommt Issaka mit dem Erspartem von seinen früheren Vereinen aus, wohnt zu Hause bei seinen Eltern. Er benötigt nun ein Vertragsangebot, von dem er leben kann, um seine längerfristige Zukunft zu sichern. „Diese Situation hat mich erwachsener gemacht“, sagt er gefasst.
Alternativlos ist Issakas Berufsleben allerdings nicht. Er hat das Fachabitur. Sein Bruder und sein Berater hätten stets darauf beharrt, dass er die Schule vernünftig beende. Er interessiere sich für die soziale Arbeit, ein Studium könne er sich vorstellen. „Ich habe gemerkt, dass ich gut mit Kindern und Heranwachsenden kann“ , erklärt Issaka seine Bestrebungen abseits des Fußballfeldes. Ob er diesen Plan jemals umsetzen wird, weiß der Frankfurter zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Sein Traum ist ein anderer.