Generationen 3min

Fix geplant und doch versetzt

vertrauter Treffpunkt vs. ewiger Planungswahnsinn
Früher war alles besser ... oder? vertrauter Treffpunkt vs. ewiger Planungswahnsinn | Quelle: Lara Klos
02. Jan. 2025

Früher war alles besser … oder? Ne, nicht immer – aber manchmal. Vielleicht haben ja beide Seiten ihre Vorteile. Ein Generationen-Check der Gen Z und ihrer Eltern, in dem Verabredungen einfach feststehen oder die Planung zum Fulltime-Job wird.

Es ist wieder so weit: Der Freitagabend-Planungswahnsinn ist angesagt. Es ist 15 Uhr und der halbe Tag geht schon wieder drauf, um festzulegen was am Abend gemacht wird. Zum dritten Mal ruft mich meine Freundin an, um zu klären, wo, wann und vor allem wer heute Abend dabei ist: „Hast du mit Lina schon geschrieben? Und wie sieht es bei Max und Tobi aus, sind die beiden auch dabei?“ – „Ich weiß es nicht. Lina hat vor fünf Minuten gemeint, sie gibt später noch Bescheid.“ – „Und wann?“ – „Gute Frage.“ – „Und wo treffen wir uns? Bei mir geht es nämlich spontan doch nicht.“

Ich stehe in der Küche, das Handy glüht vor lauter Nachrichten und neben mir schüttelt mein Vater nur verständnislos den Kopf. „Das muss doch echt nicht so kompliziert sein“, sagt er stirnrunzelnd. Früher in seiner Jugend war alles anders – typische Aussage eines Ü50-Jährigen. Da gab es kein wildes Hin und Her und keinen ewigen Nachrichtenaustausch. Wer abends dabei sein wollte, kam einfach zum Treffpunkt – einem Parkplatz am Dorfrand in seinem Fall – und dann schaute man, was abging. „Ich gehe heute Abend übrigens wieder zum Stammtisch in die Kneipe, falls du dich wunderst, wo ich bin“, gibt mir mein Papa Bescheid.

Immer erreichbar und nie entspannt

Für meinen Vater war alles deutlich unkomplizierter: Ein Treffpunkt wurde ausgemacht, und man erschien einfach. Für mich aka Gen Z? Kaum vorstellbar, dass Freitagabende einmal ohne Dutzende Nachrichten, Umfragen und plötzliche Absagen ablaufen. Heute löst jede kleinste Planänderung ein regelrechtes Nachrichtengewitter aus. Die Bahn hat fünf Minuten Verspätung? Schnell Bescheid geben. Knapp dran im Hörsaal? Kurz nachfragen, ob jemand einen Platz freihält. Die Flexibilität, die das Handy ermöglicht, hat durchaus ihre Vorteile – Absprachen sind einfacher denn je. Aber genauso schnell wie geplant wird auch abgesagt. Verbindlichkeit? Oft Fehlanzeige. Und genau das macht nervös: Kommt die Verabredung tatsächlich, oder wird sie fünf Minuten vorher noch gecancelt?

Unsere Generation leidet nicht umsonst unter „FOMO“ – der Angst, etwas zu verpassen. Die neuen Kommunikationswege haben das verstärkt: Jede Nachricht verlangt Aufmerksamkeit, jede Änderung wird sofort kommuniziert. Doch was wie Fortschritt erscheint, wird schnell zum digitalen Stress. Informationsflut, der Druck, sofort zu antworten, und der Vergleich in sozialen Medien sorgen für Überforderung und Erschöpfung – ob im Studium, im Job oder privat. Ein echter digitaler Fortschritt also, diese endlose Vernetzung – mit dem kleinen Nebeneffekt, dass man am Ende nervöser ist, als man es zuvor war.

Alles beim Alten

Ich lege das Handy kurz beiseite. Ich bin müde vom Chat-Chaos. Mein Vater erzählt währenddessen von früher: „Wer sich um drei an der Eisdiele oder um acht im Kino verabredete, der wusste, dass es kaum ein Zurück gab – die einzige Option war, dort zu erscheinen.“ Verabredungen hatten dadurch einen besonderen Reiz und auch ein bisschen Abenteuer: Wer würde zuerst da sein? Wer wird überhaupt da sein? Sicher war nur, dass alle fest entschlossen waren, den Plan einzuhalten und das ganz ohne ständige Rückversicherung per Handy, meint mein Papa.

Es ist 19 Uhr. Ich mache es mir schon auf der Couch gemütlich, denn nach dem Planungswahnsinn ist die Erschöpfung größer als die Vorfreude etwas zu unternehmen. Voller Euphorie dagegen macht sich mein Vater auf den Weg. Ich wünsche ihm viel Spaß beim Stammtisch und frage ihn, wer denn alles kommt. „Ich weiß es nicht, ich lasse mich mal überraschen, wer da sein wird“, meint er schulterzuckend. Da wird mir klar, dass sich nichts verändert hat. Erneut leuchtet dagegen mein Handy mit der Nachricht meiner Freundin in unserem Gruppenchat auf: „Treffpunkt 21:30 Uhr bei Tobi zuhause. Danach gehen wir weiter.“ Und kaum ist mein Abendplan endlich beschlossen, trudeln wenige Minuten später auch schon die ersten Absagen ein – lieben wir doch.

Hinweis:

Dieser Beitrag ist Teil des Kolumnenformats „Früher war alles besser … oder?“ Weitere Folgen der Kolumne sind: