Generation Vollgas
Wir jungen Leute sind von Geburt an von Krisen umzingelt. Wir wurden wortwörtlich in eine brennende Welt hineingeboren. Ab dem Moment, in dem ich angefangen habe das Weltgeschehen zu verfolgen, kamen immer nur neue Brandbeschleuniger dazu. Von der Klimakatastrophe über die Corona-Pandemie bis hin zum Ukraine Krieg – und damit hätten wir gerade mal die letzten „Trends“ abgedeckt. Wenn das so weiter geht, kriege ich langsam echt die Krisen-Krise!
Die Reaktionen auf die Zumutungen unserer Zeit sind verschieden: Naivität, Nihilismus oder Weltflucht. Wir alle sind gezwungen zu lernen mit diesem alltäglichen Fegefeuer umzugehen.
Es gibt mit Sicherheit viele, die deswegen den Kopf in den Sand stecken – davon gibt es dank der Klimakatastrophe aber auch schon bald nicht mehr so viel. Vielleicht also lieber den Kopf in den Asphalt rammen?
Andere suchen sich ein Entkommen auf anderem Wege und versuchen, negative Nachrichten völlig zu meiden – Das ist vermutlich nur möglich, wenn man Askese im Kloster ausübt.
Ein Blick durch die schnelle Brille
Einer der wichtigsten Bewältigungsmechanismen ist sicherlich für viele die Flucht in die Welt der sozialen Medien. Entweder um sich mit anderen Themen zu beschäftigen oder um der ganzen Situation die Schwere zu nehmen. Aber vor allem gilt in diesem Kosmos: Schnell. Schneller. Noch schneller. Kurze Videos. Beschleunigte Lieder. Doppelte Geschwindigkeit. Hauptsache Vollgas – Gasknappheit hin oder her. Ganz klar also, dass bei dem Tempo der neuste Trend die „schnellen Brillen” sind! (Für alle Millennials und älter: es handelt sich dabei um Sportbrillen, die durch ihre Verspiegelung auffallen, ein sehr fragwürdiges modisches Accessoire)
In etwa so sieht auch meine „For You Page” auf TikTok aus und ich merke selbst, dass meine Aufmerksamkeitsspanne dadurch nicht nur gesunken ist, sie ist völlig verschwunden. Warum kann es uns nie schnell genug gehen? Sollten wir uns nicht gerade in Zeiten der Krise darauf besinnen, zu entspannen und uns Zeit zu nehmen für die Dinge, die uns wichtig sind?
Also gut, die aufgezeichneten Vorlesungen der Professoren, die beim Reden selbst fast einschlafen, auf doppelter Geschwindigkeit anzuschauen ist ja gut und schön. Geschwindigkeit stabilisiert: Wie beim Fahrradfahren. Aber ich glaube es ist gar nicht so schlecht hin und wieder mal vom Sattel zu steigen und durchzuatmen. Und vor allem: die schnelle Brille bei der Pause mal von der Nase setzten.