„Plasma kann nicht künstlich hergestellt werden und der Bedarf ist ungebrochen und steigt stetig.“
Der Weg zum leicht verdienten Geld?
„Mein kleiner Nebenjob“, sagt Hannah Fässler und lacht. Wie jede Woche macht sich die 19-jährige Studentin auf den Weg zum Plasmaspendezentrum. Der Fragebogen ist schnell ausgefüllt, die Kreuze gesetzt und ohne groß nachzudenken, wandert der Spendeausweis in die Hände des Empfangspersonals. In einem ruhigen Raum folgen die letzten Check-Ups: Ihre Körpertemperatur wird gemessen, das Gewicht überprüft, und mit einem kleinen Pikser ins Ohr oder in den Finger, ihr Eisenwert kontrolliert. Dann kann die Plasmaspende beginnen. Und während die Nadel sanft ihre Haut durchdringt und Blut langsam in die Röhre fließt, freut sich Hannah schon auf später. Denn sie weiß, dass sie mit der Plasmaspende nicht nur anderen, sondern auch ihrem schmalen Studentenbudget hilft.
Plasma ist wichtig! Doch für welchen Preis?
Laut des Deutschen Bundestags wurden im Jahr 2021 in Deutschland rund 2,6 Millionen Plasmaspenden dokumentiert. „Plasma kann nicht künstlich hergestellt werden und der Bedarf ist ungebrochen und steigt stetig“, betont Sebastian Weber, der Pressesprecher des Plasmaspendezentrums „Plasmavita“. Im Schnitt seien täglich 15.000 Blut- und Plasmaspenden notwendig, um den Bedarf in Deutschland zu decken.
„Rund zwei Drittel aller Menschen in der Bundesrepublik sind irgendwann in ihrem Leben auf Blutspenden oder daraus hergestellten Medikamente angewiesen“, berichtet er zudem. Auch die Plasmaspende sei für viele Kranke von enormer Bedeutung, denn die im Plasma enthaltenen Proteine werden zu lebensnotwendigen Präparaten weiterverarbeitet.
Laut §10 Transfusionsgesetz soll die Spendeentnahme zwar unentgeltlich erfolgen, doch der spendenden Person kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden. Diese orientiert sich je nach Spendeart. Eberhard Weck, der Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), merkt an, dass es schlussendlich eine reine Interpretationsfrage sei, ob man die Aufwandsentschädigung nicht als eine Art Bezahlung verstehe.
Die Entschädigung variiere je nach Plasmamenge, sagt Hannah. Je mehr Plasma man spende, desto höher sei die Entschädigung. Grundsätzlich bekomme man in ihrem Spendezentrum zwischen 20 und 25 Euro pro Spende. Aber wie wird das Plasma eigentlich gewonnen?
Die 19-Jährige erklärt, dass man ihr wie bei einer herkömmlichen Blutspende auch bei der Plasmaspende zunächst Blut aus dem Arm abnehme. Später werde dann in einer Zentrifuge das Plasma von den restlichen Blutbestandteilen getrennt. Diese Blutzellen werden dem Körper wieder zurückgeführt. Nach 30 bis 40 Minuten sei der Spendevorgang abgeschlossen.
Gutes tun und Geld verdienen
Hannah bekommt für ihre Spende von 650 ml eine Aufwandsentschädigung von 22 Euro. Ähnlich wie beim Bäcker hat sie zusätzlich eine Art Stempelkarte. „Jedes fünfte Mal kriege ich dann noch einen 20 Euro Bonus, also 42 Euro“, berichtet die 19-Jährige. Das Geld bekommt sie direkt nach jeder Spende bar ausgezahlt. Das sei ganz praktisch. „Da muss ich nicht warten, bis es dann am Ende vom Monat überwiesen wird. Weil ich hab's ja dann direkt auf der Hand“, erklärt Hannah. Die 19-Jährige spendet im Plasmazentrum „Octapharma Plasma“ in Koblenz. Dort seien rund 1.800 Spender registriert, erzählt die Leiterin des Zentrums, die namentlich nicht genannt werden will. Darunter seien vor allem junge Spender*innen und Studierende, die sich „jobmäßig“ etwas dazu verdienen wollen. Pro Tag rechne das Spendezentrum mit 150 bis 200 Spenden. Dass viele junge Menschen die Spende als einen Nebenjob verstehen, fände sie aber nicht gut. Die gute Tat solle ihrer Meinung nach im Mittelpunkt stehen, nicht die Aufwandsentschädigung.
Hannah gibt zu: „Ich würde es jetzt nicht kostenlos machen.“ Sie weiß, dass sie mit ihrer Plasmaspende auch Gutes tut. Die Aufwandsentschädigung sei für sie und ihre Freundinnen, mit denen sie oft gemeinsam spenden geht, aber der ausschlaggebende Grund. „Als ich knapp bei Kasse war, da war das schon wichtig. Im letzten Monat war ich mal ein bisschen im Minus und dann dachte ich so – Okay, ich gehe jetzt mal spenden“, erzählt die 19-Jährige. Im Endeffekt sei es aber insgesamt eine gute Sache, berichtet sie. Hannah profitiert nämlich nicht nur von der Aufwandsentschädigung und dem guten Gewissen, sondern auch von den regelmäßigen ärztlichen Check-Ups. „Da weißt du immer, dass du gesund bist – dass du nichts hast“, berichtet sie.
Ich würde es jetzt nicht kostenlos machen.
Für Hannah ist ihr Plasma aber keineswegs die Quelle zu flüssigem Gold. Nur von der Aufwandsentschädigung kann sie sich nämlich nicht finanzieren. Sie arbeitet neben dem Studium zusätzlich in der Gastronomie. Die 19-Jährige spendet auch nur einmal in der Woche. Für gewöhnlich müssen allerdings nur zwei Tage zwischen jeder Spende liegen. Jährlich darf die Maximalanzahl von 60 Plasmaspenden aber nicht überschritten werden. In Hannahs Arm ist bereits ein kleines Einstichsloch zu sehen. Sie erzählt, dass ihr die ersten Male nach der Spende auch etwas schwindelig wurde und ihr Arm einmal blau angelaufen sei. Doch das passiere oft, fügt sie hinzu. „Dann kriegt man die Beine ein bisschen hoch“, sagt sie. Zum Zeitpunkt des Interviews ist Hannah bereits auf der Suche nach ihrem nächsten Spendetermin. Dann heißt es wieder: Fragebogen ausfüllen, Temperatur messen und schon ist die Nadel im Arm und 20 Euro im Geldbeutel.