„Ich betrete heute auch keinen Aufzug mehr, in dem nur eine Frau steht. Was mache ich, wenn sie im 2. Stock rausrennt und sagt #metoo, der hat mich angefasst.“
Viel geredet, wenig gesagt: Thomas Gottschalks Kampf gegen Kritik
Bekannt geworden ist Thomas Gottschalk durch die Sendung "Wetten, dass …?". Er moderierte sie seit 1987 insgesamt über 20 Jahre und wurde so einer der bekanntesten und beliebtesten Moderatoren Deutschlands. Die Zeiten haben sich allerdings geändert, glaubt auch Gottschalk selbst. „Ich habe erst geredet und dann gedacht. Heute fange ich an zu denken und sag dann nichts mehr.“ so der Moderator. Sollte er diese Aussage ernst meinen, denkt er meiner Meinung nach noch nicht genug. Gerade in den letzten Jahren gerät Gottschalk immer häufiger in die Kritik. Ihm wird vor allem ein abwertender und respektloser Umgang mit Frauen während seiner Shows vorgeworfen.
Thomas Gottschalk fiel immer wieder damit auf, wie er Frauen im Fernsehen in unangenehme Situationen brachte. Beispielsweise zog er live seine Hose aus und bat um eine Kniemassage. Weitere Vorfälle, wie auch sexistische Kommentare, sorgten über die Jahre für mehr und mehr Kritik. In einem Interview sagte Gottschalk beispielsweise „Ich betrete heute auch keinen Aufzug mehr, in dem nur eine Frau steht. Was mache ich, wenn sie im 2. Stock rausrennt und sagt #metoo, der hat mich angefasst?“. Ich denke, das wäre so ein Moment gewesen, in dem Gottschalk vielleicht zuerst hätte nachdenken sollen.
Jetzt gibt es natürlich zwei Wege, wie man mit Kritik umgehen kann: Man nimmt sie sich zu Herzen, entschuldigt sich und versucht, sich in Zukunft zu bessern, oder man gibt anderen die Schuld und fängt an, sich zu rechtfertigen. Gottschalk entschied sich für letzteres. Frauen habe er nur „dienstlich“ angefasst und während früher etwas als normal galt, wäre es heute „politisch inkorrekt“. Auf diese Weise reagiert er in seinem diesjährig veröffentlichten Buch „Ungefiltert“ auf die Vorwürfe. Loswerden will er aber noch etwas anderes: Heute spricht er im Fernsehen anders als zu Hause, und das stört ihn.
„Ich habe erst geredet und dann gedacht. Heute fange ich an zu denken und sag dann nichts mehr.“
Mehr Worte als Inhalt
Wenn man sich Interviews oder Auftritte von Thomas Gottschalk über sein neues Buch anschaut, dann stellt man sich schnell eine Frage: Worauf will er eigentlich hinaus?
Er widerspricht sich oft selbst oder gibt keine konkreten Beispiele. Wenn Gottschalk sagt, er redet heute nicht mehr so wie mit 30 und als die Moderatorin nachhaken will, was er denn damit meine, kommt die Antwort: „Mit 30 hat mir der Rücken noch nicht weh getan, jetzt tut er mir weh.“ Solche Antworten sind kein Einzelfall. Für ihn scheinen diese Antworten allerdings einfacher zu sein, als sich seinen Fehlern und der Kritik zu stellen.
An Gottschalks Argumentationsstruktur ändert sich nichts. Er bleibt unkonkret, gibt zusammenhanglose Beispiele und wechselt gern das Thema, wenn ihm etwas zu unangenehm wird.
Am Ende stellt man Folgendes fest: Für jemanden, der sich beschwert, nichts mehr sagen zu dürfen, redet Thomas Gottschalk erstaunlich viel. Kritik wird damit abgetan, dass er sagt, man gehöre einer anderen Generation an und „früher sei alles anders gewesen“. Sich selbstkritisch zu hinterfragen, macht Gottschalk aber nicht, obwohl es wahrscheinlich genau das Richtige wäre und ich denke: Das werde ich ja wohl noch sagen dürfen!
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