Studieren & Wohnen 6 Minuten

Studierenden fehlt der Wohnraum

Headerbild Max Kade
Wo Studierende zwischen Betonwänden und großen Träumen leben – das Max-Kade-Haus in Stuttgart. | Quelle: Alina Cajacob
02. Febr. 2025

Lange Wartezeiten, hohe Kosten und minimaler Wohnraum – Studierendenwohnungen sind nicht leicht zu bekommen. Dennoch ist die Nachfrage hoch. Ein Dossier zum Thema Studentisches Wohnen. 

Hinweis


Dieser Beitrag ist Teil eines Dossiers zum Thema „Studentisches Wohnen“.

Außerdem zum Dossier gehören folgende Beiträge:

Klassische Studierendenwohnheime waren vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren eine kostengünstige Option für Studierende. Heute können sie die Nachfrage bei weitem nicht mehr decken. Bundesweit gibt es laut dem deutschen Studierendenwerk lediglich rund 235 Tausend Wohnheimplätze für über 2,9 Millionen Student*innen – das bedeutet, nur etwa jeder fünfzehnte Studierende hat Zugang zu einem Wohnheimplatz. Umso wichtiger werden alternative Wohnmodelle, wie beispielsweise Wohngemeinschaften mit älteren Menschen, die für beide Seiten Vorteile bieten. Mehr dazu in unserem Artikel zu Mehrgenerationen-WGs. 

Wohnheimplätze für Studierende reichen nicht aus

Zu Beginn des Wintersemesters suchen viele Studierende auf einmal eine Unterkunft. Dadurch kommt es zu erheblichen Engpässen. Tausende Student*innen finden keinen Platz in den Wohnheimen und suchen deshalb auf dem privaten Wohnungsmarkt. Das Problem: Hier konkurrieren sie mit jungen Familien, Auszubildenden und anderen Gruppen mit geringeren Einkommen. Studierende geben laut Statistischem Bundesamt einen erheblichen Teil ihres Haushaltseinkommens für Miete aus – mehr als die Hälfte entfallen auf die Wohnkosten. Zwar wurde der Wohnzuschlag beim BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) auf 380 Euro angehoben, jedoch liegt in Deutschland die Durchschnittsmiete meistens über diesem Betrag. 

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Mietpreise im Wandel: 10 Jahre Wohnkosten in Deutschlands Unistädten | Quelle: e-fellows

In Deutschland fehlen schätzungsweise fast eine Million Wohnungen. Obwohl in den letzten Jahren immer mehr Menschen aufs Land ziehen, bleibt die Nachfrage nach Wohnraum in den Städten hoch, während zugleich wenig Neubauten dazu kommen. Besonders betroffen von dieser Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage sind sozial schwache Gruppen, zu denen auch Studierende gehören. Ein Problem, das immer größer wird. Doch worin liegen die Ursachen? 

Wohnungen werden unbezahlbar

Die Bundesregierung wollte der Wohnungsnot mit mehr Neubauten begegnen und hat im Jahr 2022 das Ziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr versprochen. Jedoch lag die Zahl der tatsächlich fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2023 bei rund 295 Tausend. Teures Baumaterial, hohe Bodenpreise und gestiegene Zinsen bei der Finanzierung sowie unzählige Bauvorschriften und Normen machen effizientes Bauen zu einer Herausforderung. 

Die Wohnministerin in Baden-Württemberg, Nicole Razavi, betonte, dass die Erhöhung der Landesmittel für die Wohnraumförderung ein wichtiger Schritt hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum sei, und machte damit klar, dass nur durch konsequente politische Unterstützung eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt erreicht werden könne. Egal ob durch Neubau oder Sanierung – eine Lösung für die steigende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum wurde bislang noch nicht gefunden. Doch wie könnte innovatives und nachhaltiges Wohnen für Studierende aussehen? In unserem Podcast sprechen wir mit einer Bewohnerin des Collegium Academicum über dieses spannende Wohnprojekt und wie es alternative Ansätze für zukunftsfähiges Wohnen bietet. 

Bürokratie und politische Maßnahmen im Wohnungsbau

Bürokratische Hürden und Vorschriften verzögern und verteuern den Bau neuer Wohnungen. Ein Beispiel dafür ist die langwierige Genehmigungsphase für Neubauten, bei der Bauherren oft Monate oder Jahre auf die Zustimmung von Behörden warten müssen, um Auflagen wie Umweltgutachten oder Denkmalschutzprüfungen zu erfüllen. Durch Reformen der Landesbauordnung und des Landesplanungsgesetzes sollen bürokratische Hürden gesenkt und Bauprozesse schneller und kosteneffizienter gestaltet werden, erklärt Rainer Wehaus vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg. Mietpreisbremsen oder Mietdeckel sollen seitens der Politik eigentlich dazu führen, die Bürger*innen vor zu hohen Mietsteigerungen zu schützen. Sie sollen bezahlbaren Wohnraum sichern. Jedoch führen sie oft dazu, dass Vermieter*innen und private Investor*innen weniger Anreize haben, in den Wohnungsbau oder die Instandhaltung bestehender Immobilien zu investieren. 

Betrug auf dem Wohnungsmarkt

Auf dem Schwarzmarkt werden Wohnungen oft über verschiedene WhatsApp-Gruppen angeboten. Die Betrüger*innen, die sich als Wohnungsvermittler*innen ausgeben, benutzen zum Beispiel diese Masche: Sie fordern hohe Kautionen und setzen zusätzlich die Monatsmiete eigenhändig höher als sie tatsächlich ist. Oft wird verlangt, dass diese Zahlungen bar und im Voraus erfolgen. Angesichts der überzogenen Mieten handelt es sich nämlich eindeutig um einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse, die die Miete bei Neuvermietungen auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt. Bei einer anderen Masche wird anstelle der angegebenen Wohnung häufig nur ein Schlafplatz vermietet, was ein illegales Gewerbe darstellt.

Internationale Studierende haben es noch schwieriger

Besonders internationale Studierende stehen bei der Wohnungssuche vor zahlreichen Herausforderungen. Wenn sie erst kürzlich nach Deutschland gezogen sind, haben sie oft einen erheblichen Nachteil im Kampf um eine Wohnung. Bürokratische Hürden stellen hierbei ein großes Problem dar. Zudem verfügen sie häufig nur über begrenzte finanzielle Mittel, wie beispielsweise Stipendien. Oft führen auch Sprach- und Kulturbarrieren zu Problemen. Dadurch wird die Kommunikation mit Vermieter*innen erschwert, was zu Missverständnissen führen kann.  

Marcelo, 20 Jahre alt, kommt aus Peru und studiert Maschinenbau an der Universität Stuttgart. Seit seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 2023 sucht er verzweifelt nach einer bezahlbaren Unterkunft – bislang ohne Erfolg, sodass er vorerst weit entfernt von der Uni wohnen muss. „Ich habe unzählige Anfragen geschrieben, aber meistens bekomme ich gar keine Antwort. Und wenn doch, dann werde ich oft direkt abgelehnt“, erzählt er frustriert. Neben der Bürokratie macht ihm auch die Sprache zu schaffen. „Die Wohnungsanzeigen verstehe ich oft nur teilweise, und bei Besichtigungen sprechen die Vermieter manchmal so schnell, dass ich nicht alles mitbekomme und richtig verstehe“, gibt er zu. 

Die Wohnungssuche kostet ihn viel Zeit und Energie: „Man denkt ständig darüber nach und kann sich kaum auf das Studium konzentrieren – und dann macht es die Bürokratie noch unnötig kompliziert, als wäre es nicht schon schwer genug, in einem neuen Land anzukommen“, sagt Marcelo. Internationale Studierende sind mit spezifischen Anforderungen wie der Mietkaution oder anderen Besonderheiten von Mietverträgen in Deutschland nicht vertraut. Zwar bieten Universitäten hierfür Unterstützung an, jedoch reicht das Angebot nicht aus, um die hohe Nachfrage zu decken. Sie sind dadurch auf dem freien Wohnungsmarkt auf sich allein gestellt.

Die wachsende Wohnungsnot zeigt, wie wichtig das Thema des bezahlbaren Wohnraums für Studierende ist. Daher sind schnelle und zielgerichtete Maßnahmen gefragt, um die Situation zu verbessern. Hierzu gehören neben der Förderung von Neubauten und Reformen im Bauwesen auch innovative Wohnkonzepte und staatliche Unterstützung für Studierende.