„Die Möglichkeiten, das ganze zu erweitern, sind unendlich"
Kleine Punkte mit großem Einfluss
Bianca Jezek kann die Anzahl der Geburtstagskarten, die sie selbst lesen konnte, an einer Hand abzählen. Was für viele selbstverständlich ist, stellt für sie eine große Besonderheit dar. Jezek ist vollständig blind, genau wie mehr als 70.000 andere Menschen in Deutschland. Als blinde Person ist sie täglich mit allerlei kleinen und großen Hürden konfrontiert. Einer davon wollen zwei Studierende Abhilfe schaffen.
Zusammen im Kampf mit der Code-Entwicklung
Das Projekt beginnt mit drei jungen Menschen. Einer von ihnen ist der ,,Computer Science and Media” Student Niklas Burger. Aus einer Druckmaschine im elterlichen Betrieb, welche durch eine besondere Lackiertechnik in Braille- also Blindenschrift drucken kann, entwickelt er die Idee einer Website, auf der individuelle Grußkarten bestellt werden können. ,,Dot printing” heißt der Shop, welcher durch Screenreader, Tastaturbefehle und Sprachausgabefunktion für alle zugänglich sein soll.
Sein Mitstreiter ist seit diesem Semester Patrick Thümer, welcher gerade seinen Master im Studiengang „Audiovisuelle Medien“ absolviert.
Patrick und Niklas lernten sich über das Projekt kennen. Mit den Worten ,,Hey Patrick, ich glaube das wäre was für dich” stelle Tom, ein ehemaliges Teammitglied, die beiden einander vor. Es entwickelte sich eine Zusammenarbeit, die trotz der Komplikationen, die die gemeinsame Code-Entwicklung mit sich bringt, laut eigenen Aussagen sehr gut funktioniert.
Geschmackssache
Eine richtige HdM-Neuheit ist dieses Projekt jedoch nicht. Bereits letztes Jahr stellte das Team rund um Niklas die ersten Produkte auf der MediaNight vor. Was sich damals auf Grußkarten und Poster beschränkte, wurde in diesem Semester um Template-Karten und Ausmalbilder erweitert. Diese Ausmalbilder erlauben es blinden Kindern, zu wissen, was sie gerade ausmalen – womit auch ein gemeinsames Ausmalen mit sehenden Kindern möglich wird.
Zudem sind die Produkte alle vollständig personalisierbar in Layout und Farbe. Sie können dadurch also besonders schön oder besonders hässlich werden, scherzt Niklas. Doch das ist nicht das einzige, was das dynamische Duo Thümer und Burger in diesem Jahr erreicht hat. Vieles fand hinter den Kulissen statt. Beispielsweise arbeiten die beiden gerade an der Entwicklung eines Backends, welches die Daten für den Druckprozess sortiert, oder der Perfektionierung des Bezahlvorganges.
Den beiden geht es um das Gesamtpaket, darum, alle Arbeitsschritte von vorne bis hinten komplett durchzudenken.
Deshalb ist es auch schwer zu sagen, wann genau der Shop online gehen soll. Momentan rechnen die beiden mit einer Veröffentlichung im März.
Vorher müssen sowohl die Produkte an sich als auch der Shop von betroffenen Personen getestet werden. Diese wurden bis dato überhaupt nicht in das Projekt mit einbezogen. Als nicht-betroffene Person fällt es einem schwer, sich in die Lage blinder Menschen hineinzuversetzen, findet Patrick.
Und auch Bianca Jezek, die Mitglied des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Stuttgart ist, und in einer Beratungsstelle für Blinde und Sehbehinderte Menschen arbeitet, betont die Wichtigkeit davon, die Perspektiven betroffener Menschen in die Projektentwicklung mit einzubeziehen. Auch sie freut sich schon auf den Launch des Webshops und würde ihn auch selbst benutzen um ihren Lieben eine Freude zu machen.