Kleine Parteien, große Wirkung
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Hinweis
Dieser Beitrag ist Teil eines Dossiers zum Thema „Kleinparteien“.
Zum Dossier gehören außerdem folgende Beiträge:
Vor einer Bundestagswahl kommt oft die Debatte auf: Lohnt es sich, einer kleinen Partei seine Stimme zu geben? Selbst wenn sie es nicht über die Fünfprozenthürde schafft?
Die klare Antwort: Ja.
Lieber kleine Partei, statt keine Partei
Ein häufig genannter Grund, auf Kleinparteien auszuweichen, ist Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung. Bei der Europawahl 2024 waren sie bei jungen Menschen beliebt. Zählt man alle Stimmen für Kleinparteien zusammen, wären sie mit rund einem Viertel die stärkste Kraft.
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Da, wo es fehlt: Wie Kleinparteien den Unterschied machen
Kleinparteien decken jede erdenkliche Nische ab. Egal ob Tierschutz oder schulmedizinische Verjüngungsforschung, die Auswahl ist riesig. Sie zelebrieren die Meinungsvielfalt in Deutschland. Denn sind wir mal ehrlich: Können sieben Parteien - CDU/CSU, SPD, AFD, die Grünen, die Linken und die FDP – die Themen von 83 Millionen Menschen vollständig abdecken? Zumal die Gesellschaft immer vielfältiger wird? Natürlich nicht.
Die Trendsetter der Politik
Ein weiterer Punkt: Kleinparteien rücken Themen ins Licht, die sonst vernachlässigt oder vergessen werden. Die Piraten-Partei setzte sich beispielsweise Anfang der 2010er Jahre stark für Digitalisierung ein. Sie feierte mehrere Wahlerfolge, dies rüttelte große Parteien wach. Das Thema wurde aufgegriffen, 2017 schrieb sich die FDP sogar selbst „Digitalisierung“ beim Bundestagswahlkampf auf die Fahne. Kleinparteien bringen demnach wichtige Themen auf die Agenda, was allen Bürger*innen zugute kommt.
Impulse für echte Fortschritte
Auch neue Kleinparteien bringen frischen Wind in die demokratische Landschaft. In den 1970er Jahren riefen Studierende dazu auf, sich gegen Atomkraft und für Frauenrechte einzusetzen. Daraus entstand die Partei „die Grünen". In der DDR wurde 1990 das „Bündnis 90” gegründet. Es entwickelte sich aus Oppositions- und Bürgerbewegungen in der Zeit um den Mauerfall.
Beide Parteien waren neu, revolutionär und klein. Bei ihrer ersten Bundestagswahl 1980 erreichten die Grünen nur eineinhalb Prozent der Stimmen. Um an Größe zu gewinnen und gemeinsam zu arbeiten, schlossen sie sich später zu einer Partei zusammen. Das zeigte Wirkung: Seit 1994 schafften sie bei jeder Bundestagswahl den Sprung ins Parlament. Drei Mal waren sie sogar Teil der Regierung. Von einer Zersplitterung kann hier keine Rede sein. (Ehemalige) Kleinparteien sind stattdessen eine natürliche Reaktion auf Veränderungen in der Gesellschaft und bieten neue Blickwinkel.
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Austausch für eine bürgernahe Demokratie
Viele schrecken jedoch davor zurück, Kleinparteien zu wählen. Meist aus Angst, die eigene Stimme sei verloren, wenn die Partei es nicht über die Fünfprozenthürde schafft. Was hier vergessen wird: Ab einem Ergebnis von 0,5 Prozent greift die staatliche Parteienfinanzierung. Jede Stimme bringt der Partei dann etwa einen Euro ein. Dieses Geld benötigen sie für ihren nächsten Wahlkampf.
Um bei einer Bundestagswahl antreten zu dürfen, müssen sie Unterstützungsunterschriften sammeln, je nach Bundesland bis zu 2.000 an der Zahl. Hierfür tauschen sie sich direkt mit Menschen aus und hören sich ihre Probleme an. Sie wirken dadurch nahbar und sind gut über die Bedürfnisse ihrer Wählerschaft informiert. Diese Nähe zur Bevölkerung spiegelt den Kern unserer demokratischen Gesellschaft wider.
Kleinparteien können vor allem bei Kommunalwahlen eine Chance bieten. Hier wird oft der Mensch gewählt, der die eigenen Werte und Anliegen vertritt. Eine Prozenthürde gibt es nicht. Entscheidet man sich bei der kommenden Wahl für eine Partei, die es sicher über die Hürde schafft, gilt trotzdem: Wählende können auch auf Gemeindeebene für Vielfalt sorgen.
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