Zwischen Vorlesung und Trash-TV
Ich haste in den Hörsaal, um dasselbe vorhersehbare Chaos zu sehen wie jeden Morgen: Die Hälfte meiner Kommiliton*innen ist schonmal überhaupt nicht anwesend. Oder positiv formuliert: Die Hälfte ist anwesend. Dabei macht die erste und zweite Reihe einen großen Teil aus, denn dort haben sich bereits die ambitionierten Student*innen eingefunden, die vorbildlich schon ihren Laptop, einen Block, die nach Farben sortierte Fineliner-Box und die Notizen fein säuberlich auf dem Tisch liegen haben. In den letzten paar Reihen haben sich die anderen Student*innen versteckt. Unmotivierte, müde Augen blicken von den Laptops hoch, auf denen bereits WhatsApp Web geöffnet ist, während von irgendwo da hinten ein Papierball geflogen kommt, weil jemand wohl nicht zufrieden mit den Notizen war. Da hinten setze ich mich mit meinem Laptop hin, das entspricht heute meinem Geisteszustand.
Gestern lief das Finale des Bachelors, das muss ich mit meinen Kommiliton*innen unbedingt noch besprechen. Und was eignet sich besser dafür als die letzte Reihe in der Statistik-Vorlesung? Genau, nichts. Nach gefühlt nur fünf Minuten Bachelor-Gossip ist dann auch schon die erste Vorlesung des Tages vorbei. Was wir hier gelernt haben? Keine Ahnung, aber der Bachelor hat sich im Finale für Anna entschieden. Das zu analysieren war anstrengend, sodass wir jetzt erst einmal einen Kaffee brauchen, bevor wir uns in die nächste aufregende Vorlesung begeben. Vielleicht gehts bei uns in der nächsten Vorlesung ja um Germanys next Topmodel (GNTM), während der Professor ein bisschen was von Management erzählt? Mal sehen. Und auf welche Party gehen wir eigentlich heute Abend?
Ohmann, jetzt müssen wir auch noch eine Gruppenarbeit machen und diese gleich präsentieren, dabei wollten wir doch jetzt GNTM analysieren. Oder wars Love Island, das wir besprechen wollten? Ist nun sowieso hinfällig. Also, dann ran an den Laptop und recherchieren, um die Präsentation gleich gut zu meistern, obwohl ich jetzt natürlich lieber über Germanys next Topmodel reden würde. Anstrengend, dieser Alltag als Studentin. Danach brauche ich dringend noch einen Kaffee. Währenddessen mache ich mir Gedanken über diesen chaotischen, irgendwie verrückten Studierendenalltag. Aber das Klischee der immer verpeilten Student*innen, die in der Vorlesung nie zuhören und nur auf Partys sind, würde ich trotzdem niemals bestätigen. Ganz offensichtlich ist es natürlich komplett anders...
Übrigens starten die meisten meiner Morgen genauso chaotisch, wie sie in der Uni weitergehen. Wenn du von Schlafmangel, Bahnverspätungen und Einlassproblemen hören möchtest, lies doch auch die erste Folge dieser Kolumne.