„In Bus und Bahn setzt jeder seine Kopfhörer auf und taucht in eine eigene Welt ein. Uns geht es darum, diese einmal abzusetzen und darauf zu achten, welche Geräusche um einen herum auf einen wirken.“
Unterwegs mit der U54
Bei einer Fahrt mit der U-Bahn wissen sich die meisten von uns zu beschäftigen. Das Handy sowie Kopfhörer mit Musik oder ein Podcast versetzen die Passagiere in eine andere Welt. Was aber, wenn diese Geräusche wegfallen?
Das Projekt „LinieU54“ von Roland Ernst, Jens Kothe, Andreas Kraft, Arne Morgner, Lukas Münter, Tim Philipp und Christian Tobias aus dem Studiengang Audiovisuelle Medien macht die Umgebungsgeräusche einer herkömmlichen U-Bahn zu einem Audioerlebnis der besonderen Art. Mit ihrer Klanginstallation im Tonstudio U54 an der HdM, dem das Projekt seinen Namen verdankt, nehmen sie die Besucher*innen mit auf eine virtuelle Bahnfahrt ins Orchester – und wieder hinaus.
Auf der MediaNight im Sommersemester 2022 stieß die kuriose Idee auf große Begeisterung. „Der Andrang war so hoch, dass wir spontan von vier auf sechs zehnminütige Vorstellungen pro Stunde umstellen mussten“, erinnert sich Jens Kothe. Die Inspiration für die „Linie U54“ bot das Kunstprojekt „ralentir“ von Lena Meinhardt und Eva Dörr.
Beim Betreten des Tonstudios empfangen die Besucher*innen Umgebungsgeräusche einer Bahnhofshalle. In der Mitte des Raumes ist eine Bühne mit vier Stühlen aufgebaut, wo die Fahrgäste Platz nehmen und mit Kopfhörern ausgestattet werden. Das Erlebnis beginnt mit den Geräuschen einer anfahrenden Bahn über Lautsprecher, während die Kopfhörer entspannende Lo-Fi-Beats abspielen.
Im Lauf der Fahrt wechseln die Geräusche zwischen Kopfhörern und Lautsprechern. Irgendwann fallen die Kopfhörer ganz aus und die Bahngeräusche passen sich der Musik an, bis sie zum Finale in ein klassisches Orchester übergehen. Genau wie dieses sind auch alle Bahngeräusche echt. Dafür wurde den Studenten von der Stuttgarter Straßenbahn eine private Fahrt zur Verfügung gestellt, bei der sie alle Töne von Fahrtgeräuschen über Bahnbimmeln bis hin zu Durchsagen selbst aufnehmen konnten.
„Es war uns wichtig, dass die Bahngeräusche die ganze Erfahrung begleiten, obwohl wir sie mit Effekten modifiziert haben.“
Nach der MediaNight ging es für das Team erfolgreich weiter. Bei der Student 3D Audio Production Competition, einem europaweiten Wettbewerb für Audioprojekte, ergatterten sie den zweiten Platz. In diesem Jahr wird das Projekt zwar nicht mehr auf der MediaNight zu sehen sein, trotzdem kann man sich die Linie U54 hier noch immer anhören.