Stoppt das Fashion-Karussell
Setze ich dieser Tage meinen Fuß vor die Haustür, fühlt es sich an, als wäre ich in der Zeit gereist. Dann läuft die Low-Rise Jeans händchenhaltend mit dem Vokuhila durch die Straßen. Aus dem Augenwinkel sehe ich noch den Cowboy-Stiefel samt Schlaghose um die Ecke huschen. Falls es euch noch nicht aufgefallen ist: Die Zweitausender sind zurück. Und die 70er. Und die 80er und auch die 60er.
Wenn ich das meiner Mutter erzähle, lacht sie mich aus: „Wie bitte? Das habe ich damals getragen!“ Ja Mama, und hättest du nicht all deine Schätze vor Jahren in den Altkleidercontainer bugsiert, müsste ich jetzt nicht mit einer Vinted-Verkäuferin feilschen, die ein ausgeleiertes „Ed Hardy“-Shirt für 25 Euro loswerden will (#y2k #vintage). Konnte ich ahnen, dass Glitzersteine und Plüsch nochmal ein Revival erfahren? Schließlich haben wir uns alle vor fünf Jahren noch genau darüber lustig gemacht.
Trends am laufenden Band
Bevor sich jemand auf den Retro-Schlips getreten fühlt: Ich bin starke Verfechterin davon, dass alle tragen sollen, was ihnen gefällt. Nur ist es nicht normal, wie schnell sich das Fashion-Karussell momentan dreht. Üblicherweise klopft ein Trend nach ungefähr 20 Jahren wieder an die Tür. Zum Beispiel war die Mode der 2000er stark von den 70ern inspiriert. Dieser Trend-Cycle hat mittlerweile Fahrt aufgenommen. Eine Klamotte ist heute schon Schnee von gestern.
Schuld daran sind vor allem die Sozialen Medien – Wer sonst? Influencer*innen und Stars machen Donatella und Calvin Konkurrenz als Trendsetter. Für Fast-Fashion Unternehmen ist das gefundenes Fressen. Sie copy und pasten einen Style, sodass er über Nacht für einen Spottpreis in den Schaufenstern steht. Währenddessen werden auf TikTok die ersten Shein-Hauls gedreht. Die Folgen des Überkonsums für die Fabrikarbeiter*innen in den Produktionsländern und die Umwelt sind so offensichtlich, wie empörend.
Der Berlin-Effekt
Kann es sein, dass wir uns alle im Drang nach Individualität einen komplett uniformen Kleiderschrank zulegen? Wenn alles trendet, ist nichts mehr trendy. Ich nenne das gerne den Berlin-Effekt. Eine Lösung könnte sein, einen eigenen Style zu entwickeln, anstatt jedem Microtrend hinterherzurennen (#strawberrydress). Bewusster einzukaufen, auf Langlebigkeit und Zeitlosigkeit zu setzen. Unabhängig von der Meinung irgendwelcher Internet-Persönlichkeiten. Natürlich könnt ihr Trends in euren Style integrieren. Aber ihr werdet auch ohne „Ed Hardy“ durchs Leben kommen, versprochen.
Das Karussell muss sich langsamer drehen. Nicht nur meinem eigenen Verstand (#galaxyprint #hilfe), sondern auch unserem Planeten zur Liebe. Jetzt ist die Zeit, auszusteigen.
Zu einer weiteren Folge #GehwegGedanken kommt ihr hier.