„Wenn ich wählerisch sein dürfte, würde ich immer für Funk arbeiten wollen.“
Funk: moderner, jünger, besser?
„Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben die Aufgabe, ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten.“ So steht es im Medienstaatsvertrag, der unter anderem den Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland regelt. In Zeiten der Digitalisierung und der zunehmenden Abkehr vom linearen Fernsehen und Radio, hin zu Netflix und Spotify, musste sich die Rundfunkanstalten etwas Neues überlegen, um eine besondere Zielgruppe zu erreichen: die Jugend. In Gemeinschaftsarbeit aus ARD und ZDF startete im Jahr 2016 „Funk“, das online-only Format auf Youtube, Instagram und Co. mit Content für 14-29-jährige. Modern sollen die 66 Formate sein und unterhalten, informieren und orientieren. Der Plan scheint aufgegangen: 2020 kennen über 87 Prozent der Zielgruppe Funk, 77 Prozent konsumieren mindestens ein Format.
Wer sind die Funk-Journalist*innen?
Produziert wird das Content-Netzwerk von einem Geflecht aus Rundfunkanstalten und ZDF, freien und festen Journalist*innen, privaten Produktionsfirmen und über-medial bekannten Hosts. Betrachtet man die rein journalistischen Formate, sind laut Funk 201 Journalist*innen an 33 Formaten beteiligt. Die Geburtsjahre der Funk-Journalist*innen reichen von 1945 bis 2001. Außerdem setzt Funk auf Formate jenseits des Mainstreams: mit „Mädelsabende“ und „Kanackische Welle“ werden Themen für junge Frauen und öffentliche Diskussionen über Diskriminierungserfahrungen in Deutschland aufbereitet. Die Formate selbst entstehen durch unterschiedlichste Kooperationen, wobei hier auch das Publikum selbst mitwirken kann: Funk ruft auf der eigenen Website alle Nutzer*innen zum Mitmachen auf, indem Formatideen jederzeit eingereicht werden können.
Journalismus im Wandel, doch das Studium bleibt
Die Digitalisierung läuft auch am Journalismus nicht vorbei, klassische Redaktionsgefüge werden durch Content-Netzwerke ersetzt. Funk ist online-only: auf Snapchat, Youtube und Instagram. Doch beeinflusst das auch die Ausbildung der Journalist*innen? Der Weg in den Journalismus war schon immer vielfältig, eine geschützte Berufsbezeichnung „Journalist*in“ gibt es bis heute nicht. Die Bundesagentur für Arbeit rät 2021 immer noch in jedem Fall zum Studium – „am besten was mit Wirtschaft, oder eine ganz seltene Sprache“. Auch Volontariate bleiben laut Arbeitsagentur wichtig, Praktika sind unumgänglich, Journalistenschulen zwar aus den 80ern, aber immer noch relevant.
Trotz Content-Netzwerk, Youtube-Hosts und Snapchat-Presenter*innen haben fast alle Funk-Journalist*innen mindestens ein Bachelorstudium abgeschlossen. Von den 201 erhobenen Funk-Journalist*innen studierten 182, wobei davon nur 72 Journalist*innen ausschließlich einem medienbezogenen Studium nachgingen. Die restlichen Journalist*innen gingen anderen Fachrichtungen nach oder erlangten den Medienbezug zusätzlich: so studierte Wissenschaftsjournalistin und Host des Formats mai.Lab, Mai Thi Nguyen-Kim, Chemie, ihr Kollege Mirko Drotschmann alias „MrWissen2Go“ lernte im Studium über Technikgeschichte. Auch interessant: Es lassen sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Hochschulabschlüsse der betreuenden Funk-Redakteur*innen und der Presenter*innen der Formate, bei Funk „Hosts“ feststellen. Ein Studium scheint für die jungen Journalismus-Anwärter*innen also immer noch gesetzt zu sein - die Fachrichtung erstmal nebensächlich. Doch wo studiert ein*e Funk-Journalist*in am besten?
Top 6 Funk-Städte
Hinsichtlich der Studienorte sind auch die Funk-Journalist*innen einem klaren Trend verfallen. Im „Media Worker Report" wurden die 10 attraktivsten Städte für Medienschaffende erhoben. Die Erhebung passt auch auf die Top-Studienorte der Funk-Journalist*innen, denn allein in den sechs Studien-Städten mit den meisten Absolvent*innen - Hamburg, Berlin, München, Köln, Stuttgart und Mainz - haben ein Viertel der Funk-Journalist*innen und fast ein Drittel der studierten Journalist*innen ihren Abschluss gemacht. In all diesen Städten sind auch Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunk beheimatet, wodurch einige Journalist*innen den Sprung ins Content-Netzwerk Funk schafften.
HdM exclusive: Wie viel Funk steckt in Stuttgart?
Stuttgart liegt mit sechs Funk-Journalist*innen auf Platz 5 der Funk-Medienstädte in Deutschland. Mit dem SWR, der hier seinen Hauptstandort in Baden-Württemberg hat, sind die angehenden Stuttgarter Journalist*innen in der Theorie nur knappe 40 Minuten U-Bahn vom Grundstein des Content-Netzwerks entfernt. Denn: der SWR ist offiziell federführende Rundfunkanstalt von Funk. Für den Funk-Headquarter müssen die Stuttgarter*innen allerdings nach Mainz.
Aktuell produziert der SWR zwar keines der journalistischen Funk-Formate selbst – doch trotzdem schafften sechs Journalismus-Anwärter*innen aus Stuttgart durch ihr Studium den Sprung ins Content-Netzwerk. Dabei wird vor allem die Hochschule der Medien ihrem Namen gerecht, denn fünf der Journalist*innen haben hier studiert. Aktuellster Neuzugang im Funk-Netzwerk ist die 24-jährige Denise Ott. Erst Anfang des Jahres schloss sie ihr Bachelorstudium „Crossmedia Redaktion/ Public Relations“ ab und fing bereits im April bei der Produktionsfirma DRIVE BETA an, die schon mehrere Funk-Formate produzierte.
Die enge Zusammenarbeit zwischen Funk und Produktionsfirma bekommt Denise direkt zu spüren, als sie Junior Redakteurin für das Format „Pocket Money“ wird. Fast jeder Schritt von Planung einer Staffel, über die Erstellung des Skriptes bis zur Abnahme der fertigen Folge sei von ständigen Absprachen zwischen Funk und Produktionsfirma geprägt. Doch auch über ihr Format hinaus genießt Denise die Arbeit für Funk ihre Rolle im Content-Netzwerk. „Man hat durch Funk einen riesigen Pool an Kontakten, an die man sich wenden kann. Wir haben uns wirklich wöchentlich mit Redakteur*innen aus anderen Formaten getroffen und überlegt: Wo kann man Kooperationen einbauen, welche Videos passen auf YouTube zusammen. Das war schon eine sehr enge Zusammenarbeit“. Vor kurzem wurde das Format Pocket Money zwar eingestellt und Denise ist inzwischen für ein anderes ZDF-Format tätig. Trotzdem weiß sie ihre Zeit beim Funk-Format zu schätzen „Dadurch, dass die Zielgruppe so jung ist, kann man immer wieder neue Trends ausprobieren. Außerdem kann man, wenn ein Konzept mal nicht funktioniert, flexibler Änderungen vornehmen, da Jugendliche sich schnell auf Neues einlassen. Wenn ich wählerisch sein dürfte, würde ich immer wieder für Funk arbeiten wollen.“
„Immer wenn ich erzähle, dass ich nicht nur schreiben kann, sondern ein Allround Paket von Idee bis Umsetzung mitbringe höre ich „Krass, genial!“
Die Ausbildung an der HdM habe Denise einen optimalen Einstieg ermöglicht. Das Zusammenspiel aus theoretischen Vorlesungen, der praktischen Erfahrung im edit.Magazin und ihrem Engagement in journalistischen Hochschulinitiativen habe sogar ihre Einarbeitungszeit im neuen Job verkürzt. Neben „Pocket Money“ hat sie als Praktikantin bei „Deutschland3000“ bereits für zwei Funk-Formate gearbeitet – und würde das Content-Netzwerk immer weiterempfehlen.
Dieser Artikel bezieht sich auf eine im Rahmen der Vorlesung „Netzwerk- und Beziehungsmanagement“ erhobene Netzwerkanalyse. Dabei wurden 33 Funk-Formate nach eigenen journalistischen Kriterien ausgewählt und die beteiligten Journalist*innen erhoben. Die Datenerhebung fand im Zeitraum Juli-September 2021 statt und basiert auf der Grundlage der Funk-Website sowie den persönlichen Websites, Social Media-Profilen, torial- und Linked-In Accounts der Journalist*innen. Der Datensatz ist auf github hinterlegt.