„Ich möchte alles aus meinem Herzen an die Außenwelt transportieren.“
Der Glaube geht online
Larissa erinnert sich: Sommer 2018. Sie stand am Ufer des Mains in Frankfurt, umgeben von ihrer Familie und Mitgliedern ihrer Gemeinde. Der Fluss glitzerte in der warmen Sonne, ein sanfter Wind trug den Gesang der Anwesenden über das Wasser. Dann war es soweit. Der Pastor trat mit Larissa ins Wasser und fragte, ob sie bereit sei, sich vor den Anwesenden und vor Gott zu Jesus zu bekennen. Sie antwortet entschlossen mit einem lauten „Ja“. Dann tauchte sie der Pastor sanft unter. Das kühle Flusswasser umschloss sie. Als sie wieder auftauchte, fühlte sie sich wie ein neuer Mensch. Für sie war das kein traditionelles Ritual, sondern ein öffentliches Bekenntnis zu ihrem Glauben.
Vom Berufsalltag zur Präsenz in den Sozialen Medien
Ursprünglich machte Larissa eine Ausbildung zur Justizfachangestellten. Heute erstellt sie Social-Media-Kampagnen für Unternehmen und arbeitet nebenbei als Fotografin. „Für die Zukunft wünsche ich mir, meine Stärken mehr für Gott einzusetzen und weniger für Unternehmen“, sagt Larissa.
Für Larissa war die Glaubensverbreitung in den Sozialen Medien keine bewusste Entscheidung, denn dort sei sie schon seit längerem aktiv. Meistens teilte sie Momente aus ihrem Alltag, zu dem auch der Glaube gehört. Dabei mag sie es, sich kreativ auszuleben und ihre Bilder und Videos ästhetisch zu gestalten. Sie möchte ihre lebendige Persönlichkeit in ihrem Content widerspiegeln.
Social Media als Ergänzung zum gelebten Glauben
Durch ihren Content möchte Larissa ihrer Community die Schönheit Jesu näherbringen und andere dazu ermutigen, diese Schönheit ebenfalls zu teilen. Sie will zeigen, dass ein Leben mit Jesus nicht von strikten Regeln und Einschränkungen geprägt sein muss, sondern von Freiheit und Hoffnung. Dabei verfolgt sie bei der Erstellung von Glaubensinhalten keinen festen Plan. „Ich möchte alles aus meinem Herzen an die Außenwelt transportieren“, sagt Larissa.
Sie entwickelt Ideen spontan, während sie ihre Bibel liest oder während des Gebets. Wenn sie das Gefühl hat, dass ihre Idee andere Menschen berühren könnte, zögert sie nicht: Sie stellt ihr Handy auf und fängt an zu produzieren. Mal spricht sie direkt in die Kamera, mal nimmt sie ihre Community mit auf einen Spaziergang durch einen Park, während sie ihre Gedanken teilt. Dabei achtet sie immer darauf, dass Jesus im Zentrum steht. Für Larissa ist Social Media keine Ersatz-Gemeinde, sondern vielmehr eine erste Anlaufstelle – ein Ort, an dem Menschen den Glauben entdecken und erste Schritte wagen können.
Zwischen Tradition und Digitalisierung
In einer Zeit, in der viele Menschen den traditionell konservativ geprägten Kirchen zunehmend den Rücken kehren – laut dem statistischen Bundesamt waren 2022 rund 52 Prozent der Deutschen kein Mitglied einer Kirche – entstehen alternative Wege, den Glauben zu leben. Ein Beispiel dafür sind virtuelle Gemeinschaften wie die von Larissa, die abseits der traditionellen Kirchenbänke entstehen.
Wie das die Kirche sieht, erklärt Katharina Leser, katholische Mitarbeiterin beim SWR: „Die Kirche versteht ihre drei grundlegenden Aufgaben – Verkündigung, Gemeinschaft und Dienst – auch in der digitalen Welt.“ Sie fügt hinzu, dass alle Christen berufen seien, Zeugnis zu geben und den Glauben dort zu verbreiten, wo Menschen sind, also auch über Social Media. Papst Franziskus rufe dazu ebenfalls auf. Es ginge nicht darum, die traditionell-kirchliche Gemeinschaft zu ersetzen, sondern sie zu erweitern und den Dialog über den Glauben zu fördern, sagt Katharina Leser.
Im Glauben fand sie ihre persönliche Freiheit
Was gibt dem Leben einen Sinn? Für die einen ist es die Familie, für andere der Beruf oder ein Hobby – für Larissa ist es der Glaube. Schon in ihrer Kindheit, als Tochter von christlichen Missionaren in Kenia, wurde ihr Fundament für den Glauben und die Verkündigung des Evangeliums gelegt. Ihre Eltern, die dort als christliche Unterstützer*innen in der Sozialarbeit tätig waren, entschieden sich aber bewusst dagegen, sie taufen zu lassen. Sie wollten ihr die Freiheit geben, diese Entscheidung selbst zu treffen.
„Der Glaube ist immer etwas Persönliches. Eine Beziehung zwischen dir und Jesus. Man kann nicht in den Glauben reingeboren werden“, sagt Larissa. Sie gehört einer frei evangelischen Gemeinde an. Das heißt, sie ist nicht gebunden an eine Kirche und somit auch nicht an den Staat. Damit zahlt sie auch keine Kirchensteuern. Dennoch hat der Glaube für Larissa auch immer etwas mit Gemeinschaft zu tun. Dafür müssen die Beteiligten ihrer Meinung nach nicht zwingend in die Kirche gehen, sondern lediglich zusammen zu sein.
Abseits ihrer Tätigkeit als christliche Influencerin besucht sie jeden Sonntag die Kirche, um ihre Beziehung zu Gott zu vertiefen. An ihrem Wohnort in Dillenburg engagiert sie sich zudem in einer kleinen Gemeinde und wirkt aktiv bei Gottesdiensten mit.
„Der Glaube ist immer etwas Persönliches. Eine Beziehung zwischen dir und Jesus!“
Treu zum Glauben trotz Herausforderungen
Trotz ihrer Leidenschaft für den Glauben kämpft auch Larissa oft mit Zweifeln und Momenten der Unsicherheit. Instagram ist für sie eine oberflächliche Plattform, die nicht dafür geeignet ist, komplexe Glaubensfragen zu diskutieren. Weshalb sie es vermeide, stark polarisierenden Content zu teilen. Dennoch verspürt sie als Person des öffentlichen Lebens auch einen großen Druck, möglichst authentisch und ehrlich zu wirken – ein perfekter Christ zu sein.
Durch ständige Vergleiche mit anderen Influencer*innen und den Fokus auf Followerzahlen dachte Larissa oft darüber nach, ihre Glaubensinhalte nicht mehr öffentlich zu teilen. Trotz ihrer Leidenschaft hat sie „nur“ etwa 1600 Abonnent*innen, was sie oft zum Zweifeln brachte. Es gab Momente, in denen sie sich fragte, ob ihre Botschaft wirklich ankommt.
Entgegen allen Herausforderungen bleibt Larissa ihrem Glauben fest verbunden. Sie lebt ihn uneingeschränkt und teilt ihn über Social Media, mit dem Ziel, eine größere Community aufzubauen und die „Schönheit des Evangeliums“ noch mehr Menschen näherzubringen.
Deine Meinung interessiert uns
Ja, ich finde es gut, dass der Glaube in den sozialen Medien geteilt wird.
Nein, der Glaube sollte eher in traditionellen Gemeinden vermittelt werden.