#couplegoals
Ich drehe das Wasser in der Dusche auf, stelle mich unter den Wasserstrahl und schließe meine Augen. Als ich sie wieder öffne, fällt mein Blick auf das Duschgel von meinem Freund. Ich muss grinsen und denke an gestern Abend. Da saßen wir auf der Couch und haben stundenlang über Gott und die Welt geredet. Ich finde, es braucht oft nicht viel, um eine schöne Beziehung zu führen. Wenn ich mich allerdings in der Welt so umschaue, sehe ich etwas ganz anderes.
Zum Beispiel auf Instagram: Unter #couplegoals ist, von den über 25 Millionen Bildern, eines realitätsverzerrender als das andere. Die Eine postet, wie sie mit ihrem Freund und ihrem selbst ausgebauten Camper-Van, direkt am Meer bei Sonnenuntergang auf einer Leinwand einen Disney-Film schaut. Ja klar, wenn ich einen Frosch küsse, verwandelt der sich natürlich auch in einen Prinzen. Die Andere posiert, total ungezwungen, mit ihrem Freund in „King“ und „Queen“ Hoodies vor dem Spiegel und verkündet in der Bildunterschrift, dass sie ENDLICH zusammengezogen sind. Das wurde längst Zeit, sie sind ja schon seit über einem Monat zusammen.
Was ist mit #couplegoals eigentlich genau gemeint? Google sagt mir, dass es Dinge sind, die in einer Partnerschaft als besonders erstrebenswert angesehen werden. Oft zählt dazu auch die in Bildern dargestellte simple Zweisamkeit. Wenn ich an diverse Bilder denke, die ich unter dem Hashtag gefunden habe, ist das allerdings alles andere als simpel. Ein Beispiel: Zwei (frisch) verliebte Menschen stehen nackt (!) vor einer traumhaften Kulisse, küssen sich und kleine Wasserspritzer fliegen „zufällig“ durch die Luft. Das einzig „simple“ daran ist vielleicht die Wahl der Kleidung…
Soll es das wirklich sein? Brauche ich, um eine glückliche Beziehung zu führen, eine*n perfekte*n Partner*in, der/die* noch perfektere Bilder an den allerperfektesten Orten der Welt von mir schießt? Wenn das so ist, muss ich meinem Freund wohl „Lebwohl“ sagen. Schade, dabei hatten wir so eine schöne Zeit, haben uns gegenseitig zugehört und uns durch Kleinigkeiten (wie die Spülmaschine für den anderen ausräumen) gezeigt, dass wir uns lieben. Aber was bedeutet das heute schon noch?
Einen weiteren Teil der Kolumne "Gedankendusche" findest Du hier.