Corona und die Zukunft der Bildung
Schulen stehen während der Corona-Krise vor besonderen Herausforderungen. Im Frühjahr 2020 mussten alle Bildungseinrichtungen schließen. Es ging für die Schüler*innen ins Homeschooling. Aufgaben und Unterrichtseinheiten mussten fortan von zuhause aus erledigt werden. Doch das war für viele Familien nicht leicht. „Es war eine anstrengende Zeit, Schule und Arbeit unter einen Hut zu bekommen“, berichtet Andrea, Mutter von zwei Kindern, über die Schulschließung. „Meine Söhne sind neun und elf Jahre alt. Wir haben immer wieder mit dem technischen Umgang gekämpft. Ständig waren neue Programme und Apps nötig.“ Die beiden Kinder hätten viel Hilfe benötigt, da ihnen die Erklärungen der Lehrer*innen fehlten. Auch Anna, die in die elfte Klasse eines Gymnasiums geht, erzählt, sie hätte sich das meiste selbst beibringen müssen, was je nach Fach schwer gewesen sei.
Zwei Monate hielt dieser Zustand, dann durften schrittweise einzelne Klassen zurück in die Schulen. Unterrichtskonzepte wurden angepasst und Hygienemaßnahmen ausgearbeitet. Trotzdem hieß es ab 16. Dezember zurück ins Homeschooling.
Digitales Lernen entwickelt sich nur langsam
Der Ausbruch des Coronavirus macht Bildung in Deutschland digitaler. Doch digitales Lernen macht nur kleine Schritte nach vorne. Das erklärte Uta Hauck-Thum, Expertin für Digitale Bildung, im November 2020.
Wichtig war laut Uta Hauck-Thum die Feststellung, dass gerade Kinder aus sozial schwachen Familien gar nicht die Möglichkeiten haben, von zuhause aus zu lernen. „Die Aktion mit den Leihgeräten war sicherlich richtig, denn sie hat den Blick auf die häusliche Situation gerichtet“, damit spricht die Expertin den „DigitalPakt Schule“ an. Im Rahmen dieses Paktes stellte der Bund 500 Millionen Euro für die Ausstattung mit digitalen Endgeräten zur Verfügung. Schüler*innen, die aufgrund ihrer häuslichen Situation nicht auf bestehende technische Geräte zurückgreifen können, erhalten ein Leihgerät.
Fehlende Ausstattung ist jedoch nicht die einzige technische Herausforderung. Anna hatte, wie viele andere, immer wieder Probleme mit ihrer Internetverbindung. Dem will der Bund entgegenwirken. In Absprache mit den Ländern und Mobilfunkanbietern wird nach einer Lösung für Schüler*innen gesucht, die daheim auf keine bestehende Netzanbindung zurückgreifen können.
Doch damit ist es laut Hauck-Thum noch nicht getan: „Im Grunde sind wir nach sechs Monaten weiter in Bezug auf Ausstattung, aber nicht weiter in Bezug auf sinnvolle Konzepte hybriden Lehrens und Lernens.“ Corona habe uns gezeigt, dass Digitalisierung an Schulen nicht in ausreichendem Maße angekommen ist. Jetzt müsste die Chance genutzt werden, Schule und Unterricht neu zu denken. Dann kann sinnvoller Distanzunterricht gestaltet werden.
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„Weiche“ Faktoren sind ausschlaggebend
Die höchste Barriere auf dem Gebiet des digitalen Lernens sind nicht technische oder finanzielle Probleme, sondern „weiche“ Faktoren. Zu ihnen zählen Denk- und Arbeitsweisen, Verhaltensmuster und Fähigkeiten. Bereits 2015 gab es eine Expertenbefragung zu den Problemen und Hindernissen bei der Entwicklung des digitalen Lernens.
Jetzt, fünf Jahre später, bestätigt Uta Hauck-Thum die Meinung der Bildungsexpert*innen: „Wichtig ist es in der gemeinschaftlichen Auseinandersetzung, individuelle Lernprozesse anzuregen. Dabei sollen digitale Medien eingesetzt werden, um Kooperation, Kollaboration, kritisches Denken und kreatives Arbeiten in eine zeitgemäße Form zu bringen.“ Davon seien wir im Großen und Ganzen aber noch weit entfernt. Das Mindset vieler Lehrenden sei immer noch auf den klassischen analogen Unterricht gerichtet. Corona habe den Blick zwar mit Sicherheit auf das Thema Digitalisierung gerichtet, aber nicht auf die Veränderung der Lehr- und Lernprozesse.
Einen Vorteil der Coronakrise könnte es laut Uta Hauck-Thum aber geben. Über den Umweg, nicht mehr rein in Präsenz unterrichten zu können, mache man sich Gedanken über Lehren und Lernen an sich. Man müsse sowohl den analogen als auch den Distanzunterricht grundsätzlich neu denken. Dann kann es längerfristig gelingen, hybrides Lernen in den Schulalltag zu integrieren. Nicht nur in Corona-Zeiten, sondern grundsätzlich.