10 Gründe für mehr Feminismus in Europa
Fällt der Begriff Feminismus, stellen sich viele Menschen wütende Frauen vor, die Männer hassen. Xenia Kellner, die sich bereits seit etwa zehn Jahren für Feminismus engagiert, überzeugt diese Menschen vom Gegenteil. Feministin zu sein, bedeutet für sie nicht nur, sich für die Rechte von Frauen einzusetzen. Vielmehr beschreibt sie Feminismus als „soziale und gesellschaftspolitische Bewegung, die darauf abzielt, die Gleichberechtigung aller Geschlechter zu erzielen“. Diese ist in vielerlei Hinsicht noch nicht erreicht. Als Mitglied des Netzwerkes „Young Feminist Europe“ ist Xenia besonders auf europäischer Ebene aktiv. Aus einem Gespräch mit ihr wurden 10 Gründe erarbeitet, weshalb wir mehr Feminismus in Europa brauchen:
1. Weil Feminismus alle Menschen miteinschließt
Nicht bloß Frauen, sondern auch Männer werden stigmatisiert. Von ihnen wird erwartet, dass sie immer stark sind und keine Gefühle oder Schwäche zeigen. „Die Suizidrate ist bei Männern viermal höher als bei Frauen“, erklärt Xenia. „Grund dafür sind unter anderem gesellschaftliche Vorstellungen, nach denen Emotionen oft nicht gezeigt oder besprochen werden.“
2. Weil es kaum starke Frauen als Vorbilder gibt
„You can be what you can see“, sagt Xenia. In Führungspositionen sind Frauen unterrepräsentiert, damit gibt es zu wenige weibliche Vorbilder, an denen sich Mädchen und Frauen orientieren könnten. Laut dem europäischen Parlament sind weniger als ein Viertel der Führungskräfte in börsennotierten Unternehmen Frauen. Der Anteil ist umso niedriger, je höher die Hierarchieebene ist.
3. Weil wachsender Populismus unsere Freiheiten bedroht
Sieht man sich in Europa um, dann sieht man überall die gleiche Entwicklung: wachsender Populismus, Nationalismus und Konservatismus. Xenia sieht die Rechte für Frauen und Minderheiten, wie die der LGBTQ-Community, bedroht. Besonders gefährdet sieht sie auch das Recht auf Schwangerschaftsabbruch.
4. Weil zu wenige Frauen in der Politik vertreten sind
Das bedeutet eine eingeschränkte Meinungsvielfalt. Europa besteht zu etwa 50 Prozent aus Frauen, im aktuellen EU Parlament sitzen gerade einmal ein Drittel weibliche Abgeordnete.
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5. Weil das klassische Rollenverständnis weiter besteht
Der Mann als Ernährer, die Frau kümmert sich um die Familie – in vielen Köpfen ist das immer noch die Normvorstellung. Doch was, wenn sich ein Mann primär um sein Kind kümmern will? Und wenn eine Frau Karriere machen will? Beide Modelle sind gesellschaftlich weniger akzeptiert.
6. Weil Frauen als Risiko für Arbeitgeber*innen gelten
Frauen um die 30 werden aufgrund der Familienplanung von vielen Arbeitgeber*innen als Risikofaktor wahrgenommen. Im Zweifel entscheiden sich einige Unternehmen für den männlichen Bewerber, um eventuelle Kosten wie beispielsweise das Mutterschaftsgeld zu sparen.
7. Weil wir mehr Menschen brauchen, die zum Feminismus stehen
Der Begriff ist stark mit Vorurteilen behaftet, daher ist es umso wichtiger, dass Menschen öffentlich dafür einstehen: Menschen, die mit guten und nachvollziehbaren Argumenten zeigen, was Feminismus eigentlich genau bedeutet.
8. Weil Familie und Beruf schwer miteinander vereinbar sind
Daher bleibt oft ein Elternteil zu Hause, um die Familie zu versorgen. In den meisten Fällen ist dies aufgrund der gesellschaftlich verankerten Rollenvorstellungen die Frau. Xenia fordert flexiblere Arbeitsmodelle, damit Familie und Karriere sich besser vereinen lassen.
9. Weil Kinder geschlechtsspezifisch erzogen werden
Jungs spielen mit Autos und Mädchen mit Puppen. Von klein auf werden Kinder in Geschlechterrollen sozialisiert. Vieles passiert dabei auch unbewusst, zum Beispiel wie mit Mädchen und Jungen gesprochen und umgegangen wird. Das beeinflusst unser Denken bis in das Erwachsenenalter: Was kann oder darf ich als Frau oder als Mann?
10. Weil wir uns gegenseitig mehr unterstützen sollten
Xenia betont: „Empowerment bringt uns alle weiter." Das Gefühl, andere Menschen positiv zu bestärken und sie weiterzubringen, ist viel schöner, als sich gegenseitig runterzudrücken oder schlecht übereinander zu sprechen.