Wandel 3 Minuten

Deadline für den Lokaljournalismus?

Zeitungsproduktion in der Pforzheimer Zeitung
Zwischen Druck und Deadline – Lokaljournalismus am seidenen Faden | Quelle: Alina Württemberger
31. Jan. 2025

Nah dran – aber bereit für den Umbruch? In einer Welt, in der Informationen jederzeit und überall verfügbar sind, steht der Lokaljournalismus vor Herausforderungen: Aufmerksamkeit gewinnen, flexibel sein und finanzielle Stabilität sichern.

Im Oktober 2025 verabschiedet sich die „taz“ vom täglichen Papier und setzt von Montag bis Freitag vollständig auf digitale Inhalte, während sie am Wochenende weiterhin in gedruckter Form erscheint. Sie ist eine der ersten großen deutschen Zeitungen, die diese Wandlung vollzieht. Mit einer verkauften Auflage von rund 46.000 Exemplaren (Montag bis Freitag, zweites Quartal 2024) sah sich die Zeitung gezwungen, ihre Strategie zu überdenken. Tagesaktuelle Inhalte werden künftig primär über die frei zugängliche Website verbreitet. Diese unterstützt ein freiwilliges Solidaritätsmodell, anstatt eine Paywall einzuführen. Dieser Schritt zeigt die wirtschaftlichen Herausforderungen, denen der Lokaljournalismus gegenübersteht.

Lokaljournalismus bezeichnet eine Vielzahl von Medienformaten, die über Geschehnisse und Themen in einer bestimmten geografischen Region informieren. Oft wird hierbei vor allem an Zeitungen gedacht. Doch zum Lokaljournalismus gehören auch: Rundfunk- und Fernsehsender, Anzeigenblätter, Amts- und Gemeindeblätter, lokale Wochenmagazine, Stadtzeitschriften, Online-Dienste und Blogs. Die Vielfalt der Medien soll Menschen ermöglichen, Informationen aus ihrem direkten Umfeld zu erhalten, was die lokale Meinungsbildung und Integration fördere.

Quelle: Journalistikon

Laut der Bundesregierung für Kultur und Medien besteht die Nachfrage nach lokalen Inhalten in der Gesellschaft. Bei jüngeren Zielgruppen gewinnen digitale Formate zunehmend an Bedeutung. Für sie ist das Internet die wichtigste Quelle, während ältere Generationen vor allem auf die Tageszeitung setzen. Joachim Dorfs, Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, betont: „Bei den gedruckten Zeitungen sind wir bei den 30- bis 40-Jährigen sind wir einfach nicht mehr so präsent wie in höheren Altersgruppen.“ Dies hat spürbare Folgen, denn „das bedeutet hohe Einnahmen, sowohl aus dem Lesermarkt als auch aus dem Werbemarkt, die fehlen.“

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Zwischen Print und Pixel: Über welches Medium konsumieren Generationen Lokaljournalismus? | Quelle: DIW Econ GmbH | Grafik: Eigene Darstellung

Finanzfragen im Lokalen

Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) berichtet, dass sich die Finanzierung von Medien zunehmend verändert und vor großen Herausforderungen steht. Werbung spielt hier eine wichtige Rolle, vor allem bei kostenlosen Angeboten wie Anzeigenblättern, regionalen Zeitschriften oder privaten Radiosendern. Andere Teile der Medienindustrie, zum Beispiel Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, setzen auf ein Mischmodell aus Verkaufserlösen und Werbeeinnahmen.

„Der Löwenanteil wird weiterhin mit Anzeigen verdient“, heißt es im Dossier der bpb zum Thema Lokaljournalismus. Regionalzeitungen setzen darauf, gezielt Leser*innen in ihrer Region anzusprechen. Für den örtlichen Handel und lokale Dienstleister*innen sind sie deshalb die bevorzugte Werbeplattform, während Markenprodukte eher im Fernsehen oder in überregionalen Magazinen beworben werden. 

Nach 2000 sank der Werbeumsatz auf 18,9 Milliarden Euro im Jahr 2011, berichtet der Zentralverband der Werbewirtschaft. Verlage kompensieren, laut bpb, mit höheren Abo- und Verkaufspreisen. Im Internet zeigt sich eine größere Herausforderung: Kostenlose Inhalte sind dort inzwischen der Standard, während kostenpflichtige Angebote nur wenig Interesse finden. Nur die Finanzierung über Werbung reicht nicht und stellt die Branche vor neue Veränderungen.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen betreffen nicht nur die Finanzierung, sondern auch die Abläufe, die hinter jeder Ausgabe stehen. Wie entsteht eine Zeitung? Von der Themenfindung über die redaktionelle Bearbeitung bis hin zum Druck ist es ein komplexer und koordinierter Prozess, der Präzision und Teamarbeit erfordert. Besonders in regionalen Verlagen spielt jede Phase eine wichtige Rolle, um relevante Nachrichten und Geschichten rechtzeitig an die Leser*innen zu liefern. Unser Video zeigt Schritt für Schritt, wie die Zeitung auf dem Frühstückstisch landet.

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Ein Tag bei der Pforzheimer Zeitung: Redaktion, Druck und digitaler Wandel hautnah.

Der Lokaljournalismus steht vor einem Wandel. Darum gilt es nun, neue Ideen zu entwickeln, um sich der Veränderung anzupassen. „Wir setzen sehr stark auf digitale Verbreitungswege. Das ist nach unserer Meinung unsere Zukunft“, so Joachim Dorfs. Um die jüngere Generation weiterhin anzusprechen, sollen neue Formate entstehen – Innovationen, die die Zukunft des Lokaljournalismus neu gestalten. In unserem Podcast beleuchten wir, welche Entwicklungen die lokale Berichterstattung verändern. Wir werfen einen Blick auf zwei Projekte und ihren Weg für die Zukunft.

„Lokaljournalismus wird immer wichtig sein – unabhängig davon, welche Kanäle wir bespielen,” betont Anke Baumgärtel, Chefredakteurin der Pforzheimer Zeitung.

„Lokaljournalismus wird immer wichtig sein.”

Anke Baumgärtel, Chefredakteurin

Der Schritt der „taz”, auf eine weitgehend digitale Strategie zu setzen, zeigt beispielhaft, wie Redaktionen sich auf veränderte Nutzungsgewohnheiten einstellen können. Ist der Lokaljournalismus also bereit für den Umbruch? Formate werden angepasst, Zielgruppen neu definiert und auf alternative Finanzmodelle gesetzt. Der Lokaljournalismus steht also vor der Aufgabe, sich den digitalen Herausforderungen anzupassen, um weiterhin eine verlässliche regionale Informationsquelle zu bleiben.