Bitte keine Pizza-Waffeln!
Ich hab langsam das Gefühl, das es keine guten neue Rezepte mehr gibt. Nein, lasst mich ausreden! Wer ernsthaft glaubt, dass Pizza-Waffeln ein geniales neues Gericht ist, der hat einmal zu tief eingeatmet, nachdem er den Deckel vom mit Brokkoli gefüllten Dampfgarer geöffnet hat. Wer kocht das denn wirklich noch nach? Rezepte sind für mich mehr oder weniger ein Weg geworden, die Kochzeiten von verschiedenem Gemüse oder die Backzeit von Muffins nachzuschlagen. Ab und zu wird etwas nachgekocht, aber selten etwas, von dem man vorher noch nie was gehört hat. Vor allem keine Pizza-Waffeln. Dafür fehlt mir einfach die Zeit und die Motivation, vor allem, wenn ich nur für mich alleine koche.
Oma hatte es auch nicht einfach
Früher war das anders. Also ganz früher, zur Zeit meiner Oma. Die musste sich jeden Tag was Neues einfallen lassen, was sie ihrem müden Ehemann und ihren sechs Kindern am Ende des Tages auftischen konnte, ohne den Satz „Hatten wir nicht am Dienstag schon Klöße?“ hören zu müssen. Da war so ein Magazin mit wöchentlich wechselnden Rezeptideen ein Segen und gute Inspiration. Aber der Mann kann sich heute hoffentlich selbst was kochen.
Wer Zutaten hat, der koche
Ich persönlich lasse mich auch gerne mal bekochen. Und ich lass mich auch gerne inspirieren, wenn ich mal wieder am Samstag nicht einkaufen war, und am Sonntag den Kühlschrank öffne, wo mir eine verschrumpelte Möhre, ein halbvoller Soja-Joghurt und ein einsamer Block Tofu mitleidig entgegenblicken. Die Frage ist aber nicht: Wie fancy und 5-Sterne gleich kann mein Dinner heute werden, sondern: Kann ich daraus was Essbares zaubern oder muss ich doch Pizza bestellen? Und da hilft mir ein Rezept für Pfannkuchen-Auflauf auch nicht weiter.
Beste Reste
Klar, wenn mich dann doch der Geist meiner Oma ergreift und ich plötzlich Lust bekomme, meinen Tag mit der Kreation eines Drei-Gänge-Menüs zu füllen, hab ich nichts gegen etwas ausgefallenere Rezeptideen. Aber kann man etwas ein Rezept nennen, wenn es einfach zwei Gerichte miteinander kombiniert? Das kann ich auch, nur nennt sich das bei mir Reste-Essen. Daran ist auch nichts heilig oder fancy, da wird einfach genommen was da ist und im Endeffekt habe ich dann drei bis fünf Gerichte gleichzeitig auf dem Tisch. Den Weg, wie ich dahin gekommen bin, werde ich aber sicherlich nicht als Schritt-für-Schritt Anleitung im Internet veröffentlichen.
Und sind wir mal ehrlich: Wer folgt einem Rezept überhaupt Schritt für Schritt und kauft alle benötigten Zutaten ein? Ja, eben. Ich denke zurzeit sind doch alle eher von der Tatsache gestresst, sich überhaupt jeden Tag mindestens einmal etwas Warmes in die Mund-Luke zu schaufeln. Und da wird der Auflauf vom Vortag vielleicht nicht nur einmal wieder aufgewärmt. Sondern auch ein zweites Mal. Und dann wird er eingefroren und wenn man es food-prepping nennt, muss man auch kein schlechtes Gewissen deswegen haben. Und muss man sowieso nicht. Wer soll denn kochen, wenn nicht wir selbst? Also, vielleicht wird es manchmal Würstchen-Lasagne oder Pasta-Braten-Eintopf geben, aber ein Rezept brauch ich dafür nicht. Liebe Rezept-Autoren, bitte lasst den Dampfgarer-Dampf erst abdampfen, bevor ihr den Deckel komplett öffnet. Und lasst euch was wirklich Neues einfallen, oder lasst es ansonsten bitte bleiben.
Das ist der erste Teil der Kolumne "Bitte keine...". Den zweiten Teil "Bitte keine Schreibblockade" findest du hier.