„Hello! Can Ai havi uon ticketi for the Louvri please?“
Wie man das eigene Volk beim Reisen erkennt
Ich reise für mein Leben gern. Das ist in unserem Zeitalter mehr als gewöhnlich und macht dich in der Beschreibung deines Tinder-Profils auch nicht interessanter als alle anderen. Ich bin für mein Alter tatsächlich ziemlich viel rumgekommen. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen auf Reisen mit meiner Familie ist, mich mit ihnen über andere Reisende zu unterhalten. Wenn man zweisprachig aufwächst, hat man den Vorteil, dass man das Hinter-dem-Rücken-über-andere-Reden in mehr als einer Sprache tun kann. Blöd nur, wenn ausgerechnet diese Menschen eine der Sprachen verstehen, denn, wer zwei Nationalitäten hat, kann potenziell doppelt so viele Volksleute treffen. Und ehrlich gesagt: Das nervt. Hier also ein Guide, um deutsche und brasilianische Touris aus sicherer Ferne zu erkennen.
Was deutsche Tourist*innen angeht halte ich mich kurz. Du siehst Sandalen mit Socken, Sonnenbrand oder übertriebener Sonnenschutz? Recht eindeutig deutsche Kumpan*innen. Trotz der modischen no-goes sind deutsche Tourist*innen auch zu etwas gut. Bist du auf der Suche nach den besten Geheimtipps der Reiseführer oder nach dem Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit, sind Deutsche 1A-Reiseware für dich.
Wesentlich interessanter ist es für dich, liebe*r Leser*in, zu wissen, was brasilianische Tourist*innen ausmacht. Häufig sind sie als Pärchen oder in großen Gruppen anzutreffen. In Museen sind sie meist dann anzutreffen, wenn diese wie der Louvre außerordentlich bekannt sind. Dort sind Brasilianer*innen besonders daran auszumachen, dass sie permanent fotografieren. Vorzugsweise Selfies. Selfie vor der Mona Lisa – Check. Selfie draußen vor der Pyramide – Check. Selfie vor einer Statue, bei der man diese nachahmt – Double-Check. Wenn du nicht dokumentierst, dass du da gewesen bist, dann warst du es nicht. So einfach ist das.
Ansonsten sind Brasilianer*innen an allen touristischen Sehenswürdigkeiten zu jeder Tages- und Jahreszeit anzutreffen. Achtet deshalb darauf, möglichst vor und nicht nach ihnen vor Ort zu sein. Wieso? Weil brasilianische Gelassenheit die*den ein oder andere*n mächtig zur Verzweiflung treiben kann. In Restaurants wird der*die Kellner*in gerne mal gerufen, obwohl keiner weiß, was er*sie bestellt. Und um Waren an der Supermarkt-Kasse aufs Band zu legen, kann man eben auch mal eine – oder viele – Minuten brauchen. Ein*e Brasilianer*in hetzen zu wollen, ist in etwa so erfolgreich wie zu warten, bis man ein menschenloses Bild vorm Eiffelturm hat. Also unmöglich.
Zuletzt das wohl eindeutigste Merkmal der Brasilianer*innen – ihr Englisch. Es hört sich in etwa wie folgt an (bitte im genauen Schriftlaut lesen, danke):
Je mehr „i“s an Wörter angehängt wurden, desto wahrscheinlicher handelt es sich um brasilianische Touris. Insgesamt scheuen sie nicht davor, Unterhaltungen zu beginnen. Und wenn das Englisch nicht ausreicht, dann kommuniziert man eben mit Händen, Füßen oder via schlechten Übersetzungen von Google Translate.
Aber jetzt mal ganz ohne Ironie und Übertreibungen: Im Grunde freue ich mich trotzdem (fast) immer, wenn ich jemanden aus der einen oder anderen Heimat treffe. Denn hey, wer mag denn keine spannende Fünf-Minuten-Gespräche oder lebenslange Facebook-Freundschaften?
Meine zweite "Multikulti unboxed"-Kolumne über Familienessen findet ihr hier.