„Wir haben uns also zusammengerafft, geredet und nach Lösungen gesucht.”
Was sagst du zu „Red Flags”, Oma?
#redflags: Sobald ich TikTok öffne, werden plötzlich alle zu Dating-Expert*innen: Mit „Red Flags” hissen sie zu beinahe jedem Anlass die „rote Fahne”: Eine Warnung vor angeblich problematischem Verhalten in der Dating-Phase. „Er geht jedes Wochenende mit seinen Jungs raus” oder „Sie hat einen besten Freund”. Auch beliebt: „Er oder sie ist oft online, zu wenig online, spricht zu viel über Fußball oder mag keinen Fußball.” Dann heißt es gleich: Wenn du so eine Red Flag siehst, dann renn. Aber wohin eigentlich? In einer Welt, in der jeder Fehler gleich ein Fluchtgrund ist, wird Dating langsam zum Survival-Spiel.
Aber mein eigenes Dating-Leben zeichnet mich definitiv nicht dazu aus, über diese Flaggen zu urteilen. Und eine wandelnde Red Flag ist mir bisher noch nicht über den Weg gelaufen. (Vielleicht hatte ich bisher nur Glück. Aber wer weiß das schon?) Hauptsächlich begegnen mir die Flaggen in Dauerschleife in meinem TikTok-Feed. Wen frage ich also nach Expertise? Meine Oma. Sie ist zwar keine Dating-Expertin, aber nach über 50 Jahren mit meinem Opa mindestens genauso kompetent.
Oma, sind „Red Flags” Warnungen oder Paranoia?
„Eine Chance sollte man jedem geben, finde ich – außer es ist etwas ganz Schlimmes. Wenn’s nur immer mal wieder Kleinigkeiten sind, dann hätte ich deinen Opa auch nicht heiraten dürfen. Die Leute heute halten kaum noch etwas aus. Vermutlich ist das auch der Grund, warum so viele Paare heute wieder auseinander gehen. Was habe ich mit meinem Mann schon Ärger gehabt: Der hat sehr viel mit seinen Jungs gemacht und ist wochenlang mit ihnen in den Urlaub. Ich bin als Freundin häufig einfach nebenher gelaufen und musste mit vier Jungs in der Kneipe rumsitzen. Das war damals auch nicht mein Ding – und heute würde sich das wahrscheinlich niemand mehr gefallen lassen. Aber heute sind wir auch nach über 50 Jahren Ehe noch beieinander. Das findet man in dieser Zeit kaum noch.
Wir haben uns also zusammengerafft, geredet und nach Lösungen gesucht. Einmal wollte er mit seinen Jungs und mir für drei Wochen nach Spanien. Da habe ich einfach gesagt: „Ich komme nicht mit.” Dann ist ihm aber das Gesicht runtergehangen. Als er dann wiedergekommen ist, hat er plötzlich nie wieder etwas mit seinen Jungs gemacht. Bis heute würde ich brennend gerne wissen, was in diesen drei Wochen in Spanien passiert ist … Gefragt habe ich nie und dein Opa redet ja sowieso nicht so viel. Aber das muss man ihm wirklich lassen: Er hat sich angestrengt und geändert.
Als es einmal wieder zwischen uns gekriselt hat, haben wir auch für einen Monat eine Pause gemacht. Dann sind wir uns zufällig wieder über den Weg gelaufen, stehen geblieben und zusammen weitergelaufen. Und dann waren wir auch wieder zusammen.”
Heute: Auch mal stehen bleiben
– Wenn ich die Geschichte meiner Oma anhöre, glaube ich, genau darauf kommt es an: Zusammen weiterzulaufen, sich zusammenraufen und nicht einfach wegzulaufen, wenn sich eine vermeintliche „Red Flag” auftut. Natürlich gibt es auch ein Verhalten, das man sich definitiv nicht gefallen lassen sollte – wenn es zum Beispiel gewalttätig oder respektlos ist. Aber wenn man nach jeder Kleinigkeit, die einem gegen den Strich geht, die Flucht ergreift, rennt man am Ende vielleicht am Glück vorbei.
Oder, um es in den Worten meiner Oma zu sagen: „Wenn du alles gleich aufgibst, führst du ein unruhiges Leben. Dann kommt der nächste und der hat wieder eine andere Macke. Man muss auch mal auf die Zähne beißen und etwas durchziehen. Dann können Dinge auch richtig gut werden.”
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Was hältst du vom „Manifestieren”, Oma?