„Wehe, du kackst einmal ab“
Im Interview mit Clara (26 Jahre alt, Leutnant außer Dienst), Anna (28 Jahre alt, Oberleutnant) und Luisa (38 Jahre alt, Hauptmann) erzählen die Soldatinnen aus ihrem Alltag. Alle Namen wurden geändert.
Luisa ist seit 2001 im Dienst und somit eine „Frau der ersten Stunde“. Hier erzählt sie von ihren ersten Wochen allein unter Männern, die nicht auf den Neuzugang vorbereitet waren:
Seit den Anfängen hat die Bundeswehr viel unternommen, um Frauen besser einzugliedern. Beispielsweise sind heutzutage alle Lehrgänge für Frauen geöffnet und die Dienstgradbezeichnungen wurden um eine weibliche Form ergänzt. Trotzdem macht sich der Geschlechterunterschied im Alltag bemerkbar.
Die Soldatinnen betonen dabei die biologischen Veranlagungen der Geschlechter. Sie würden ja auch sehen, wie Männer schnellere Trainingserfolge erreichten und dadurch mehr leisten könnten.
Der Geschlechterunterschied zeigt sich nicht nur im körperlichen Vergleich, sondern auch in der Befehlsstruktur. Vor allem in Führungspositionen müssten Frauen aufpassen, sich nicht angreifbar zu machen: Ihre Befehle werden hinterfragt, „nicht korrekt verstanden“ oder nicht ausgeführt.
So eine ‚Rückmeldung‘ ist nicht selten unangemessen. Sexistische Kommentare sind dabei nicht ausgeschlossen, von Untergebenen sowie Vorgesetzten. Anna wurde letztes Jahr von ihr untergestellten Soldaten sogar sexuell belästigt.
Solche Ereignisse werden in der Bundeswehr nicht geduldet und auch meistens bestraft. Dennoch ist Sexismus im Alltag der Soldat*innen keine Seltenheit.
Dabei kommt es immer darauf an, mit wem man es zu tun hat. Luisa und Anna sind an ihrem momentanen Arbeitsplatz zum Beispiel sehr zufrieden, ihre Vorgesetzten dulden keinerlei Sexismus. Wenn dennoch eine Äußerung zu weit geht, haben die Soldat*innen mehrere Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen:
Über die Jahre habe sich in den Köpfen der Bundeswehr viel in Bezug auf Gleichstellung getan, dennoch sei noch Luft nach oben. Sexismus müsse noch härter bestraft und die Kameraden besser geschult werden. Die Soldatinnen hoffen auf eine Besserung mit dem Generationenwechsel. Sicher, ob das funktionieren wird, sind sie aber nicht. Luisa möchte trotz allen Herausforderungen nach Ende ihrer Verpflichtung Berufssoldatin werden, Anna Psychologin. Clara ist krank geworden und musste die Bundeswehr frühzeitig verlassen. Sie bedauert es nicht.