„Unsere Intension ist es nicht, die männliche oder weibliche Körperform zu neutralisieren.
Vielmehr möchten wir jedem Einzelnen den Raum bieten, selbst zu bestimmen was und wieviel er zeigen möchte."
Wer will, der soll!
Es geht Schlag auf Schlag. Nahezu monatlich werden die Schaufenster der großen Modehäuser umdekoriert − eine neue Kollektion ist eingetroffen. Sich in dieser schnelllebigen Branche selbstständig zu machen ist ein mutiger Schritt. Doch Sabina Pal und Nele Offner von „PAL OFFNER” haben es geschafft. Weg von der Massenware, hin zu einem eigenen Label in einer ganz besonderen Nische: der Unisex-Mode.
Was bedeutet Unisex?
Das Kunstwort Unisex stammt aus dem lateinischen und bedeutet „unus” (eins) und „sexus” (Geschlecht). Gemeint ist damit unter anderem geschlechtsneutrale Kleidung, die sowohl von Männern als auch von Frauen getragen werden kann.
„Wir wollen Mode für Menschen und nicht für Frauen oder Männer designen”, sagt Nele Offner. Sie ist das kreative Herz der Marke. Nach dem Modedesign-Studium arbeitete sie zwei Jahre in einem avantgardistischen Label, wodurch sie auf das Potenzial der Unisex-Mode aufmerksam wurde. Schnell entwickelte sich der Wunsch nach etwas Eigenem. Auch Sabina Pal, welche zuvor in der Werbebranche in Frankfurt tätig war, träumte von einem eigenen Unternehmen. Nach einjähriger Planung und gründlicher Vorbereitung kündigten die beiden ihre sicheren Jobs und wagten Anfang 2015 den Schritt in die Selbstständigkeit. Um in dieser schnelllebigen Branche nicht auf sich allein gestellt zu sein, war es beiden wichtig, einen Partner an der Seite zu haben. „Er gibt dir Feedback, Sicherheit und einen Tritt in den Hintern”, da sind sich beide einig.
Von Mode und Menschen
Von dem enormen Tempo der Saisonwechsel, den die kommerziellen Brands vorgeben, halten die beiden wenig. Abgesehen von ihrer begrenzten Kapazität, nimmt die Liebe zum Detail eben eine gewisse Zeit in Anspruch. Eine Mode-Kollektion zu entwerfen, die sowohl auf den Körper einer Frau als auch auf den eines Mannes passen soll, ist komplex. Es ist daher oft schwer vorstellbar, wie diese Art von Mode am Schluss aussehen kann. Welches Bild hat man daher im Kopf, wenn man an Unisexmode denkt?
Bei dem Versuch, den Modestil zu beschreiben muss man einen Blick über den Kesselrand werfen. Der Ursprung des Stils, den „PAL OFFNER” verfolgt, hat seine Wurzeln in der japanischen Mode. Im Fokus stehen die Stofflichkeit und der Gedanke, dass in dem Unfertigen auch eine gewisse Schönheit ruht. Dieser Sinn von Ästhetik findet sich auch in der Kollektion von Nele und Sabina wieder. Der Look ist definiert durch die markante Schnittführung, nicht durch Farben oder Muster. Der Stoff ist knittrig, die Schnittkanten offen − das Spiel mit den Formen zeigt sich in der Asymmetrie der Schnitte.
Die Präsentation der Mode gleicht einer Kunstperformance. Düster, roh und ein Hauch exzentrisch. Der Look ist dabei aber nicht nur für die Laufstege konzipiert, sondern soll auch im echten Leben tragbar sein. Laut dem Duo kann man damit sowohl auf Bäume klettern als auch zu einer Hochzeit gehen. Der Stil soll dem Menschen, der die Kleidung trägt, vor allem eins geben: Freiheit. Die Intention von „PAL OFFNER” ist, dass jeder tragen soll, was ihm gefällt und sich seinen Geschmack nicht von seinem Geschlecht bestimmen lässt; Wer will, der soll!
Die Kunden von „PAL OFFNER” sind letztendlich Freigeister. Es sind Menschen mit einer gewissen Attitüde, die es mit den Geschlechterrollen nicht so eng sehen und sich frei davon machen. Sie definieren sich nicht darüber. „Man ist ja nicht männlicher, nur weil man ein Holzfällerhemd trägt”, sagt Nele und lacht.
Kleidercodes von heute
Gewisse Kleidungscodes, wie beispielsweise „Kleider werden nur von Frauen getragen”, sind in unserer westlichen Lebenswelt immer noch tief verankert. Die Gesellschaft ist jedoch offener geworden, davon sind Nele und Sabina überzeugt − zumindest in den Städten. Ein besonderes Potenzial sehen die beiden in urbanen Gegenden wie Stuttgart mit seiner starken kreativen Szene, Kunst und Kultur. Manchmal sieht Sabina Leute auf der Straße, bei denen sie denkt: „Euch würde ich jetzt gerne unsere Kollektion zeigen.” Letztendlich bleibt es jedoch eine bewusste Entscheidung für eine Nische und gegen die kommerzielle Masse. „Ein bestimmter Teil ist wohl immer bereit für sowas. Nicht zwingend die Masse − aber das ist auch gut so.”