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Netflix: Warum der Erfolg von heute keine Garantie für morgen ist

Netflix verbietet seit 2023 das Passwort-Sharing. Viele Nutzende müssen sich ein eigenes Abonnement zulegen. | Symbolbild | Quelle: Lara Fleischmann
15. Mai 2024

Neun Millionen neue Abonnierende: Netflix' jüngste Quartalszahlen waren überraschend positiv, doch trotz des Booms bleiben Zweifel. Bei einem klaren Fokus auf Profit durch das Passwort-Sharing-Verbot stellt sich die Frage: Werden die Bedürfnisse der Nutzenden vernachlässigt? 
 

„Love is sharing a password“, twitterte Netflix im Januar 2017. Dieser Spruch war das Markenzeichen des wohl größten Streamingdienstes. Doch bei Netflix hat es sich nun ausgeliebt. Das Teilen von Passwörtern ist seit 2023 verboten. 

Das „Passwort-Sharing-Verbot“ bei Netflix bedeutet, dass Nutzer*innen, die nicht im selben Haushalt leben, nicht mehr ohne zusätzliche Kosten auf denselben Account zugreifen können. Netflix zielt darauf ab, dass jene Nutzer*innen, die ihre Zugangsdaten mit anderen Leuten teilen, sich einen eigenen Netflix-Account zulegen.

Quelle: Kino.de

Trotz der Befürchtungen von Expert*innen, dass dies negative Auswirkungen haben würde, blieb der erwartete Rückschlag aus. Die jüngsten Quartalszahlen zeigen ein Wachstum, doch hinter den glänzenden Zahlen verbirgt sich eine zunehmende Unzufriedenheit der Nutzer*innen und eine starke Konkurrenz, die Netflix weiter unter Druck setzt.

Quelle: Netflix Shareholder Letter, 18. April 2024
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Anzahl der Abonnent*innen auf Netflix seit 2022 | Canva-Design von Lara Fleischmann

Laut der Aktienanalyse der „WirtschaftsWoche“ vom 19. April 2024 setzt Netflix seinen Wachstumskurs fort. Der Umsatz stieg um 15 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, während der Gewinn sogar um 54 Prozent zulegte. Mit einem Zuwachs von etwa neun Millionen Abonnent*innen, liegt die Zahl nun bei 269 Millionen. Diese Zahlen übertreffen deutlich die Erwartungen der Analyst*innen, welche mit einem Wachstum von ca. vier Millionen rechneten. 

Trotz des positiven Trends waren die Investor*innen verunsichert, denn die Aktie verzeichnete kurzzeitig einen Rückgang um mehr als drei Prozent. Dieser Rückgang wurde hauptsächlich durch eine zurückhaltende Umsatzprognose für das nächste Quartal ausgelöst. Auch die Ankündigung von Netflix, ab 2025 keine spezifischen Abonnementzahlen mehr zu veröffentlichen, könnte Spekulationen ausgelöst haben, ob damit Wachstumsschwächen verborgen werden sollen. Außerdem kann es darauf hindeuten, dass das Unternehmen im Bereich der Abonnements eine Marktsättigung erreichen wird. 

Rückgang der Zufriedenheit

Die „Passwort-Trittbrettfahrenden“ mussten sich letztes Jahr entscheiden – ein eigenes Abo abschließen oder Netflix den Rücken kehren? Netflix machte dann auch prompt das passende Angebot: Ein deutlich preisgünstigeres Abo, das durch Werbeunterbrechungen finanziert wird. Da viele sich nicht von dem lieb gewonnen Streaming-Dienst verabschieden wollten, nahmen sie, wie beim traditionellen Fernsehen, wieder Werbung in Kauf. 

Viele ehemalige Passwort-Teilhabende haben sich vorerst für ein eigenes Abo entschieden. Doch wie lange bleibt das so? Die jährliche Studie von Whip Media vergleicht die Zufriedenheit der Nutzer*innen verschiedener Streaming-Dienste in den USA. Von 2021 auf 2023 fiel die Zufriedenheit der Netflix-Nutzer*innen von 90 auf 77 Prozent. Das war der deutlichste Rückgang unter allen Plattformen.

Preis versus Wert

Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre bestehenden Abonnent*innen zu halten. In den letzten zwei Jahren haben ein Viertel aller Streaming-Abonnierenden in den USA mindestens drei Anbietern den Rücken gekehrt, im Vergleich zu den 15 Prozent vor zwei Jahren. 

Quelle: Wall Street Journal, 2. Januar 2024

Quelle: Giga, 16. April 2024
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Preiserhöhungen der letzten zehn Jahre bei Netflix, Disney+ und Prime Video | Canva-Design von Lara Fleischmann

Die Zeiten haben sich geändert. Wir kämpfen im Moment in allen Bereichen mit Preiserhöhungen. Viele können sich den „Luxus“ eines Streaming-Abos, geschweige denn mehrere Abonnements für unterschiedliche Plattformen nicht mehr leisten. Da stellt sich die Frage: Wenn man nur einen Streaming-Dienst behalten möchte, welcher wäre es? In der Whip Media-Studie wurde genau die gleiche Frage gestellt: Im Jahr 2023 entschieden sich 27 Prozent der Befragten in den USA für Netflix als den einzigen Dienst, den sie behalten würden, im Vergleich zu 41 Prozent im Jahr 2021.  

Um seine führende Position zu behaupten, muss Netflix die Zeichen der Zeit erkennen und sich wieder verstärkt auf die Bedürfnisse seiner Kund*innen konzentrieren. Netflix soll eine Plattform sein, die benutzerfreundlich ist und Inhalte bietet, welche die individuellen Interessen der Nutzer*innen widerspiegeln. Dabei müssen die Preise stabil gehalten werden. Ignoriert Netflix diese Bedürfnisse, droht der Verlust von Kund*innen, denn auch die Konkurrenz schläft nicht und investiert weiter in neue Produktionen und Abo-Angebote. 

Der Co-Chef von Netflix, Greg Peters, meinte am 18. April, nach der Veröffentlichung der neuesten Quartalszahlen, dass Netflix noch viel Freiraum habe, um den Dienst attraktiver zu gestalten „und dann die Leute zu bitten, etwas mehr Geld zu bezahlen.“

Wir werden in Zukunft genauer vergleichen, wer uns was für unser Geld bietet. Netflix hat alle Mittel um 'seinen Dienst wieder attraktiver zu machen.' Sollte dies nicht gelingen, kann es gut sein, dass es dann auch bei uns aus ist mit der Liebe zu Netflix.

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