Wenn man schon etwas mit herkömmlichen Drogen experimentiert hat, dann macht einen die Berichterstattung von anderen Konsument*innen und den Medien schon etwas neugierig.
Legal zudröhnen?
Sie sind überall zu finden. Ob in Bars, Restaurants, vor der Uni, eigentlich kommen wir so gut wie überall in Kontakt mit Drogen. Legalen Drogen. Anders als ihre illegalen Kollegen wie Kokain, Crystal Meth & Co., ist der Konsum der gängigen legalen Rauschmittel Alkohol, Nikotin und verschiedenen Medikamenten wenig bis gar nicht verpönt, obwohl deren Effekte auf die Konsument*innen oft nicht weniger folgenschwer sind. Neben den eben genannten „Volksdrogen“ gibt es allerdings auch noch eine weitere Kategorie von Substanzen, die in der breiten Öffentlichkeit eher weniger bekannt sind.
Bei den sogenannten „Legal Highs“ oder NPS (neue psychoaktive Stoffe) handelt es sich laut dem Bundesministerium für Gesundheit um neuartige, psychoaktive Substanzen, die in ihrer Wirkung der von gängigen synthetischen Drogen wie z.B. Ecstasy, MDMA oder Speed ähneln.
Doch wie ist es möglich, dass Substanzen, welche die Wirkung von synthetischen Drogen nachahmen, in Deutschland legal sind? In erster Linie sind die in Legal Highs verwendeten Stoffe und Substanzen noch legal. Um die gewünschte berauschende Wirkung der illegalen Vorbilder nachahmen zu können, werden die jeweiligen Drogen von Expert*innen auf Molekularebene leicht verändert. Der dabei neu entstandene Stoff setzt bei Konsument*innen dieselbe Wirkung frei wie das Original. Durch diesen Trick der Hersteller fallen die Stoffe nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, sondern lediglich unter das Arzneimittelgesetz (AMG). Durch den unlizenzierten Verkauf sowie die Herstellung dieser Stoffe macht man sich zwar laut Arzneimittelgesetz strafbar, dennoch können Händler*innen den Handel mit Legal Highs meist ungehindert fortsetzen, da sie selbst oft im Ausland sitzen. Zudem sind die Strafen bei Verstoß gegen das AMG vergleichsweise gering und treffen die Händler*innen so gut wie gar nicht.
Wo findet man Legal Highs?
Auf den Websites der Online-Shops wird man sofort von unzähligen bunten „Badesalzen“ oder „Kräutermischungen“ überrumpelt. Händler*innen von Legal Highs verfolgen die Strategie, eine freudige, bunte Rauscherfahrung hinter der Fassade von harmlosen Haushaltsmitteln zu verkaufen. Wichtige Hinweise zu den genauen Inhaltsstoffen, empfohlenen Dosierungen oder Risiken und Nebenwirkungen sucht man auf den allermeisten Seiten jedoch vergeblich.
Um den eigentlichen Zweck dieser Produkte, den Konsum, zu verschleiern, sind in der Regel auf den Rückseiten der Verpackungen Hinweise wie „Nicht zum Verzehr geeignet“ oder „Do not smoke“ etc. zu finden. Warnhinweise, die eigentlich nicht zur Warnung gedacht sind. Warnhinweise, die Konsument*innen aufzeigen, wie sie mit diesen Produkten in einen Rauschzustand kommen. Warnhinweise, durch die illegale, oft auch harte Drogen auf einmal legal oder zumindest in der gesetzlichen Grauzone landen und welche über die eigentlichen Gefahren der Substanzen nicht aufklären. Ganz im Gegenteil: Auf vielen Produktverpackungen sind Hinweise zu sehen, die den Mischkonsum mit Alkohol auf Partys befürworten. Sowohl die fehlenden al auch die vorhandenen „Warnhinweise“ sind ein Sinnbild für die Unverantwortlichkeit der Händler*innen.
Wie schwer ist es tatsächlich an Legal Highs heranzukommen?
Vorweg gesagt braucht es nicht mehr als eine Suchanfrage im Internet, um auf eine Vielzahl von mehr oder weniger seriös wirkenden Online-Legal-High-Shops zu stoßen. Besucht man dann tatsächlich einige der vorgeschlagenen Seiten, findet man sofort zahlreiche verschiedene Sorten an „Räuchermischungen“, „Kräutermischungen“ oder „Spice“. Entgegen meiner Erwartungen vermitteln die Händler*innen den eigentlichen Sinn und Zweck der Produkte relativ offen. Anstelle von dubiosen Umschreibungen der Produkte, ist in den Produktbeschreibungen oft die Rede von „belebenden Effekten“ oder „entspannenden Wirkungen“. Es wird auch kein Hehl daraus gemacht, dass die Produkte einzig den Sinn verfolgen, Konsument*innen in einen Rausch zu versetzen. Es wird sogar damit geworben, dass Kräutermischungen und Spice eine wesentlich stärkere Wirkung als herkömmliches Cannabis haben sollen.
Findet man auf den meisten Seiten fast nur „Kräutermischungen“ oder „Aroma-Öle“, so interpretieren andere Websites den Legal-High-Begriff etwas weiter. Bei meiner Recherche kam mir zeitweise das Gefühl auf, im Darknet gelandet zu sein. Spätestens als ich „legales“ MDMA fand, welches online als „MDN-X – nitro ecstsasy pills“ ausgeschildert ist. Tatsächlich sind in diesem Online-Shop Nachahmungen so gut wie aller gängigen Drogen zu finden. Von Spice über Ecstasy, Magic Mushrooms bis hin zu Speed – alles online erhältlich. Ganz diskret und schnell nach Hause geliefert.
Wie kritisch sehen Konsument*innen den Umgang mit Legal Highs?
Ich habe mich mit F., einem Konsumenten getroffen, der im Bereich der Legal Highs die ein oder andere Erfahrung hat sammeln können. Viele Konsument*innen bekommen ihren Zugang zum Thema Legal Highs durch Internetforen und Medienberichte. „Wenn man schon etwas mit herkömmlichen Drogen experimentiert hat, dann macht einen die Berichterstattung von anderen Konsument*innen und den Medien schon etwas neugierig“. Onlineforen wie z.B. eve-rave.ch sind allerdings gerade im Bereich der Legal Highs wichtige Anlaufstellen für Konsument*innen. Anders als in den Kommentarspalten der Online-Shops, in denen die meisten Bewertungen sehr oberflächlich oder gar gekauft gut und dennoch nichtssagend klingen, findet man in solchen Foren echte Erfahrungsberichte zahlreicher anderer Konsument*innen, welche sich sogar zu diesen Thematiken austauschen können. F. ist der Meinung, solche Online-Foren würden einen großen Teil zum vernünftigen Umgang mit Legal Highs und generell Drogen beisteuern. Die Gefahr, dass Jugendliche durch diese Erfahrungsberichte etwas die Angst vor Drogen verlieren könnten, sieht er weniger. „Man bekommt eher etwas mehr Respekt vor diesen Substanzen […] da es ja auch sehr viele negative Erfahrungsberichte gibt.“ Die Gefahr sei eher, dass Jugendliche sich vor dem Konsum nicht über solche Foren informieren würden und dadurch leichtsinnig handeln könnten.
Im Vergleich zu herkömmlichen, illegalen Drogen ist es oft die durch die einfachen Onlineshops geschaffene „legale und sichere“ Atmosphäre, durch die Konsument*innen dann tatsächlich zum Konsum angeregt werden. „Durch die Online-Shops hat im Prinzip jeder die Chance an Drogen zu kommen, […] auch ohne jemanden zu kennen.“
Neben den chemischen, psychoaktiv-wirkenden Legal Highs gibt es allerdings auch natürliche, für F. „deutlich harmlosere“ Legal Highs. Eins davon ist Kratom. Anders als bei den chemischen Legal Highs, ist der Verkauf von Kratom in Deutschland vollkommen legal, da es sich hierbei nach einem Urteil des Oberlandesgerichtes Köln nicht um ein Arzneimittel handle. Dennoch entfache der Konsum von Kratom ähnlich wie bei Cannabis eine beruhigende, teils auch aufputschende und euphorisierende Wirkung. Der Konsum an sich sei dennoch nicht ungefährlich und ohne Nebenwirkungen. F. berichtet, dass der regelmäßige Kratom-Konsum süchtig mache. „Die Abhängigkeit ist wie bei anderen Drogen ganz individuell.“ Trotz der oft als ähnlich beschriebenen Wirkung wie Cannabis sieht F. in Legal Highs wie Kratom keine Chance, eine bessere Alternative für Cannabis-Süchtige zu werden, da „die Wirkung im Endeffekt zu verschieden“ sei. Bei Opiaten sieht F. allerdings die Möglichkeit, durch natürliche Legal Highs „es leichter zu machen, davon wegzukommen“. Zwar würde im Prinzip auch nur eine Suchtverlagerung stattfinden, allerdings bieten natürliche Stoffe wie z.B. Kratom deutlich weniger Risiken durch unklare Inhaltsstoffe und Nebenwirkungen.