„Für mich ist Fußball keine Religion, sondern eine Sportart die Spaß macht und Gemeinschaft fördert.“
(Fußball)gott?
Es ist Samstag 16 Uhr. Die Kirche läutet schon den Sonntag ein. Man hört es überall, doch niemand schenkt dem Glockenläuten wirklich Aufmerksamkeit. Die Leute sind mit etwas anderem beschäftigt: Der Bundesliga. Wer heute das Duell der Giganten gewinnt?
Fußball und Religion. Zwei Sachen, die nichts miteinander zu tun haben. Oder?
Blick von Pfarrer und Fußballer
Für Pfarrer Meinrad Huber ist Fußball ein Sport, bei dem man Teamgeist entdecken und lernen kann. Fußballer*innen haben eine Vorbildfunktion, doch sie auf eine Ebene mit Gott zu stellen, wie durch das Wort „Fußballgott“, ist für Meinrad Huber zu viel. Wenn Begriffe aus der Religion übernommen werden, möchten viele Menschen sagen, dass etwas wichtig ist wie zum Beispiel im Fußball der „heilige Rasen“. „Solch eine positive Verwendung ist okay, sollte aber nicht in Schieflage geraten“, meint Huber. Als Schieflage beschreibt er auch, dass die Jugendlichen durch den Fußball oft keine Möglichkeit haben einen Gottesdienst zu besuchen.
Die Gemeinschaftsstiftung ist für den Pfarrer eine realistische Parallele. Es entstehe Integration und Einheit. Der Fußball biete ein Tor für Kommunikation und eine Brücke für Fremde. Auf die Frage, ob er es verurteilt, dass Fans Fußball als Religion bezeichnen meint Huber, dass man nicht generell Fußball alleine verurteilen sollte. Eher das, was eben in Schieflage gerät. Alles, was gemeinschaftsfördernd ist, sollte man begrüßen.
Pfarrer Huber sieht Fußball als etwas Positives. Das Wort Religion würde er für Gott aufsparen: „Ich habe etwas mit Gott zu tun und Gott hat mit mir zu tun.“
Marco Küchler, zweiter Vorstand des Fußballclubs in Ostrach, wirft einen etwas anderen Blick auf das Thema. Fußball begleitet ihn schon sein ganzes Leben. Er selbst hat über 20 Jahre gespielt und war danach lange Trainer. Für Marco ist Fußball wichtig. Es fördert die Gemeinschaft und schult Kinder für ihr späteres Leben.
Aber auch Religion spielt bei ihm eine große Rolle. Dennoch ist für ihn Religion nicht gleich Christentum oder Kirche. Er ist mit 27 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Für ihn ist es wichtig, überhaupt an etwas zu glauben. Das kann einfach eine höhere Macht sein. Vor allem aber der Glaube an einen selbst und an den eigenen Gedanken zu arbeiten. Denn laut ihm spiegeln sich die Gedanken im Alltag wieder und prägen auch das Leben.
„Für mich, kann man Fußball und Religion nicht miteinander vergleichen.“
Er selbst, sieht keine Parallelen zwischen Fußball und Religion. Denkt aber, dass es Menschen gibt, die dabei fanatisch sind.
Das Einzige, bei dem er Parallelen sieht, ist bei der Gemeinschaftsstiftung. Außerdem sind in seinen Augen Fußball und Religion miteinander verwoben. Ein Ritual, das er selbst immer vor dem Spiel gemacht hat, war ein Stück Rasen abzureißen und in sein Trikot zu stecken. Andere Spieler*innen betreten den Rasen zuerst mit dem rechten Bein, beten oder kreuzigen sich vor dem Spiel.
Stellenwert von Religion und Fußball in der Gesellschaft
Die deutsche Meinungsforscherin Renate Köcher schreibt in ihrem Buch „Wandel des religiösen Bewusstseins in der BRD“, dass es seit den 60er Jahren einen Umbruch gab. Die Bindung an die Kirche hat sich gelockert, der Stellenwert von Religion in der Gesellschaft ist gesunken. In ihrem Buch schreibt sie auch, dass heute jeder zweite regelmäßige Gottesdienstbesucher*in 65 Jahre oder älter ist.
Fußball hingegen hat einen hohen Stellenwert. Laut der Allensbacher Markt und Werbeträgeranalyse war Fußball im Jahr 2020 die beliebteste Sportart in Deutschland. Circa 33 Prozent der Befragten gaben an, sich besonders für Fußball zu interessieren.
Eine Veränderung ist klar zu erkennen. Das Interesse an Religion ist gesunken und Fußball ist immer wichtiger geworden. Dennoch sollte man Grenzen ziehen. Meinrad Huber und Marco Küchler sind sich einig: Fußball bringt Menschen zwar genauso zusammen und die Entwicklung sehen sie auch. Eine Religion ist es aber trotzdem nicht.