„Geschichten, die einem am Herzen liegen, werden von Hollywood Jahre später aufgegriffen und weichgespült. Dann werden noch ein paar Ecken und Kanten weggeschliffen und der Film wird für die breite Masse mit großer Besetzung nachgespielt.“
Hollywood vs. Arthaus
Der Schweiß läuft von der Stirn, die Muskeln sind bis zum Zerreißen angespannt: Mit letzter Kraft kämpft sich die schöne und durchtrainierte Lara Croft, gespielt von Alicia Vikander, auf den Flügel eines Flugzeugwracks. Vor mir auf der Leinwand läuft der aktuelle Hollywood-Blockbuster „Tomb Raider“.
Diese Szene könnte genauso gut aus dem Jahr 2001 stammen, in welchem die Actionheldin das erste Mal die Kinosäle füllte. Doch es ist Ende März 2018 und was nach zwei Stunden Kinoabenteuer bleibt, ist vor allem das Gefühl der Vertrautheit. Keine große Überraschung – immerhin handelt es sich hierbei um die bereits dritte Verfilmung des Computerspiel-Klassikers.
Hollywood gehen die Ideen aus. Denn was man seit einigen Jahren im Kino verfolgen kann, sind vor allem Fortsetzungen, Prequels und Remakes bereits bestehender Filme. So waren auch im letzten Jahr die meisten erfolgreichen Filme in Europa genau solche Adaptionen und Fortsetzungen aus den USA. Die Zukunft für individuelle und unkonventionelle Erzählungen sieht momentan nicht sehr rosig aus – wäre da nicht die europäische Filmindustrie.
Hollywood hat die Stars, Europa die Geschichten
Ich möchte nichts schönreden, aber Movies made in Europe verdienen definitiv mehr Anerkennung! Hollywood ist toll – klar. Es hat die Stars. Doch Europa hat die Geschichten. Das ist auch der größte Unterschied zwischen dem typischen Hollywoodstreifen und europäischen Produktionen. Blockbuster bauen ihre Geschichte oft um den Protagonisten herum auf, während europäische Filme den Fokus auf eine originelle Geschichte legen und diese mit einer passenden Hauptfigur besetzen. Dadurch kann der Zuschauer die Handlung gemeinsam mit der Filmfigur erleben.
Auch Simon Erasmus von den Stuttgarter Arthaus-Kinos sieht dies ähnlich.
Findet Hollywood einen Film dann doch mal wirklich gut, beginnen auch schon die Überlegungen für ein mögliches US-Remake. In Deutschland läuft dann ein leicht abgewandelter Film in den Kinos, obwohl es diese Geschichte schon in einer packenderen europäischen Version gibt.
Warum sich also mit einer Nachahmung abgeben, wenn man auch das Original haben kann? Verzichtet doch das nächste Mal auf die x-te Fortsetzung von „Fast and the Furious“ und schaut euch einen unkommerziellen Film mit Ecken und Kanten an – ohne Spezialeffekte, dafür aber mit viel Herz, Kreativität und europäischem Charme. Immerhin hat sogar Hollywood mit der Besetzung der gebürtigen Schwedin Alicia Vikander als neue Lara Croft erkannt, dass Europa doch einiges kann.