„Mit der Vorbereitung wird eine optimale Grundlage geschaffen!“
Frau Jenke im Saftladen
3 Tage, 18 Säfte – das steht mir bevor. Kurzgesagt: eine Saftkur. In dieser Zeit werde ich nichts essen und außer den Säften, Wasser oder ungesüßtem Tee auch nichts trinken. In der Regel wird eine Fastenkur zwei- bis viermal pro Jahr empfohlen. „Die Wirkung des Saftfastens hält etwa ein halbes Jahr an“, informiert mich Lume Markaj. Von der ausgebildeten Ernährungsberaterin lasse ich mich über die Hintergründe des Saftfastens aufklären.
“Detox (Detoxification) steht für verschiedene alternativmedizinische Behandlungsmethoden, mit denen der Körper oder einzelne Organe wie beispielsweise der Darm, die Haut und die Leber entgiftet werden sollen. Dafür sind zahlreiche Produkte wie Säfte, Tees und Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. Deren Wirksamkeit ist allerdings wissenschaftlich unzureichend dokumentiert."
Quelle: PharmaWiki
Pro Tag sind sechs „Mahlzeiten“ im Abstand von zwei Stunden vorgesehen, in denen bereits alle benötigten Vitamine und Nährstoffe enthalten sind. Und nicht zu vergessen: viel trinken! Denn trotz der ausschließlich flüssigen Nahrung sollen zusätzlich mindestens 2 Liter Wasser aufgenommen werden. Dadurch werden Giftstoffe aus dem Körper ausgeschieden – einer der oft beworbenen positiven Effekte einer Saftkur. Im Internet erweckt „Detox“ fast den Anschein eines Allheilmittels gegen körperliche Beschwerden, so etwa bei Verdauungsproblemen, da Organe wie die Niere als Ausscheidungsorgan oder der Verdauungstrakt angeblich entlastet werden. Auch das Herz-Kreislauf-System und das Hautbild kann sich verbessern. Chronischer Müdigkeit, Kopfschmerzen, Nachmittagstiefs oder Missstimmungen kann entgegengewirkt werden. Genauso werden diese aber auch als Nebenwirkungen aufgeführt.
Generell trägt eine Saftkur aber vor allem zur Regeneration und Reinigung des Körpers bei, was dann als „Reset“ für eine Ernährungsumstellung oder gesündere Lebensweise dienen kann. Und das ist auch mein primäres Ziel. Durch die Kur erhoffe ich mir eine verbesserte Ernährung – weniger Snacks und Zwischenmahlzeiten. Markaj unterstützt meinen Gedanken, denn dadurch werde vor allem der Darm entlastet. „Durch die Kur hilfst du dem Darm, wieder neue Kraft zu schöpfen und die Darmflora ins Gleichgewicht zu bringen“, erklärt sie.
Die Ernährungsumstellung geht allerdings schon vor der eigentlichen Fastenkur los, um den Körper darauf einzustellen. Laut der Ernährungsexpertin ist die Vorbereitung das A & O: „Durch eine gute Vorbereitung wird vor allem das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen minimiert.“ Sie empfiehlt, bereits drei Tage vorher flüssige Lebensmittel, Rohkost und ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen. „Damit schaffst du eine optimale Grundlage für die kaltgepressten Säfte.“
Und so beginnt meine Saftkur. Schon in den Tagen zuvor achte ich verstärkt auf meine Ernährung. Morgens Haferflocken und frisches Obst, mittags ein paar Kohlenhydrate und abends Suppe mit Salat. Zusätzlich verzichte ich schon einen Tag vor Fastenbeginn auf Kaffee. Die Herausforderung der kommenden drei Tage macht mir etwas Angst. Gleichzeitig bin ich gespannt und neugierig, wie und ob sich etwas in mir verändert. Ich fühle mich wie in der Fernsehsendung "Das Jenke-Experiment". Dabei geht der Journalist Jenke von Wilmsdorff für seine Reportagen regelmäßig bis an seine Grenzen. Es wird interessant, wohin mich mein Selbstversuch bringt.
Tag 1
6:45 Uhr - der Wecker klingelt, dabei bin ich bereits seit einer Stunde wach. Ich bin angespannt. Drei Tage nichts essen, ganz schön lange. Um halb acht beginnt mein Arbeitstag, eine halbe Stunde später trinke ich den ersten Saft. Aufgrund von Stress muss ich mich ranhalten, den Saft vor 10 Uhr zu leeren. Mein Bauch grummelt und fühlt sich etwas komisch an. Auch der zweite Saft ist eher ein Durchbekommen. Hauptsache vor 12 Uhr trinken. Meinem Magen geht es mittlerweile besser und Hunger verspüre ich zum Glück noch nicht.
Bereits beim dritten Saft verschiebt sich das Zeitfenster. Erst nach 14 Uhr beginne ich mit dem Saft, den ich bereits getrunken haben sollte. Und mit diesem Saft beginnt auch die erste Hürde der Kur. Grün, Grüner, „Spinat Ahoi“. Grünkohl, Spirulina und Co. sind leider nicht mein Geschmack. Anfangs mache ich kleine Schlucke, dann versuche ich ihn regelrecht „runterzukippen“. Nach drei Viertel der Flasche ist Schluss. Ich bekomme nichts mehr herunter.
Es ist mittlerweile schon 16 Uhr. Den nächsten Saft hätte ich schon hinter mir haben sollen, doch der vorherige liegt mir noch im Magen. Ich verspüre weder Hunger noch Lust auf den nächsten Saft. Zweifel kommen auf. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich war überzeugt davon, dass der Hunger mein Endgegner sein würde, nicht die Säfte. Dazu kommt plötzlich die Müdigkeit. Es macht sich bemerkbar, dass ich bereits den zweiten Tag hintereinander auf Kaffee verzichte. Um wieder wacher zu werden, mache ich ein Workout. Heute kann ich noch vom Essen des Vortages profitieren. Sport während der Kur gilt als empfehlenswert, solange leichte Bewegungen gewählt werden. Mein Körper fühlt sich nicht schlapp an und entgegen meiner Vermutung merke ich nicht, dass ich heute noch keine feste Mahlzeit zu mir genommen habe. Auf dem Weg in die Dusche steigt mir der Geruch des Abendessens meiner Familie in die Nase. Spaghetti. Und obwohl ich noch immer keinen Hunger verspüre, würde ich jetzt gern einfach etwas kauen. Aber: Durchhalten ist angesagt.
Eigentlich stehen mir noch zwei Säfte bevor, da einer davon jedoch wieder ein grüner Saft ist, verzichte ich auf diesen und trinke als Abschluss einen Kurkuma-Karotten-Saft. Mit gerade einmal fünf getrunkenen Säften und drei Litern Wasser beende ich den Tag. Nach wie vor bin ich nicht hungrig und körperlich fühle ich mich wie immer. Den ersten Tag habe ich überstanden und bin bereits jetzt stolz auf mich. Ich habe Respekt vor den kommenden zwei Tagen, nehme mir aber fest vor, dem Grünzeug noch eine Chance zu geben.
Tag 2
Mein Magen fühlt sich leer an. Bereits am Morgen habe ich etwas Hunger, der sich aber nach dem ersten Saft legt. Wie auch den ersten trinke ich den zweiten Saft innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums. Danach verschiebt sich das Trinken aber wie auch am Tag zuvor aufgrund der Arbeit. Heute bin ich den ganzen Tag als Helferin bei einem Sportevent im Einsatz. Die Rastlosigkeit kommt mir zugute, da bleibt gar keine Zeit, über Essen nachdenken. Dachte ich. Denn was darf bei einem großen Event nicht fehlen? Natürlich ein ordentliches Catering. Für alle Helfer gibt es eine riesige Verpflegung von Brotzeit und Snacks bis zum Kaffee und Kuchen am Nachmittag. Mir das gute Essen entgehen zu lassen, fällt mir schwer. Obendrein kommt noch das Nachmittagstief. Wie bereits am Vormittag fühlt sich mein Bauch leer an, aber Hunger auf die Säfte habe ich nicht. Die hängen mir bereits am zweiten Tag zum Hals raus. Zusätzlich bin ich so müde, wie ich es normalerweise nicht von mir kenne. Der dritte Tag ohne Kaffee, kein Wunder.
Wie gestern muss ich mir die Säfte richtig aufzwingen, aber ich ziehe es durch. Meine Kampfansage an den Grünkohl ist in die Tat umgesetzt. Genuss ist etwas anderes, aber diesmal trinke ich ihn aus.
Nachdem ich von der Arbeit komme, will ich nur noch schlafen. Meine Verdauung spielt verrückt, ich habe Bauch- und Kopfschmerzen. Bereits um 21 Uhr liege ich im Bett, obwohl ich normalerweise erst gegen Null Uhr schlafe. Wie ich mich freue, dass morgen schon der letzte Tag ist. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass auch der zweite Tag alles in allem doch so gut läuft. Selten hatte ich ein richtiges Hungergefühl, sondern „nur“ Lust auf Essen und eine Leere im Magen.
Tag 3
Der dritte Tag ist mit Abstand der schwerste. Bereits nachts werde ich wach und mein Magen grummelt vor Hunger. Den Vormittag bringe ich gut hinter mich. Ich bin beschäftigt, verspüre keinen Hunger und trinke nacheinander die Säfte, wieder in veränderter Reihenfolge.
Die Müdigkeit ist heute kaum auszuhalten. Und die Kopfschmerzen? Die werden von Tag zu Tag stärker, obwohl ich mich an die empfohlene Flüssigkeitszufuhr halte. Den Nachmittag verbringe ich zuhause, ohne Termine. Das heißt: noch mehr Zeit, um über Essen nachzudenken. Das Hungergefühl ist heute extrem. Zudem haben sich meine Gedanken im Vergleich zu den ersten beiden Tagen verändert. Ich lechze innerlich nach Essen und gedanklich bin ich im Schlaraffenland. Ich zwinge mir die Säfte auf, obwohl ich sie fast nicht herunterbekomme. Doch der Hunger bleibt. Bei starkem Appetit soll ein Kräutertee oder Gemüsebrühe helfen. Also mache ich mir eine Tasse heiße Gemüsebrühe. Säfte werde ich in nächster Zeit erst einmal nicht mehr sehen können.
Körperlich fühle ich mich so schlecht wie schon lange nicht mehr. Das Gefühl einer aufkommenden Erkältung macht sich in mir breit. Ich bin ausgelaugt, habe Kopfschmerzen, fühle mich leer und müde. Ich lege mich ins Bett und versuche zu schlafen, um die Zeit bis morgen so gut es geht zu verkürzen. Jetzt verlangt es Selbstdisziplin, die restlichen Stunden durchzuhalten. Sogar um acht Uhr abends zweifle ich daran, es zu schaffen. Wie auch am Tag zuvor, gehe ich früh ins Bett. Der Morgen ist noch nicht da, aber ich bin stolz. Erschöpft, aber stolz.
Der Tag danach
Ich stehe auf: heute darf ich endlich wieder essen. Aber die erwartete Begeisterung bleibt aus. Obwohl der Hunger gestern Nachmittag so groß war, spüre ich ihn jetzt nicht mehr. Eigentlich bräuchte ich gerade nichts. Aber die Kur ist vorbei und ich muss mich langsam wieder an Essen gewöhnen. Über den Tag verteilt stellt sich dann das Hungergefühl wie normal ein. Ich habe wieder mehr Appetit, esse aber weniger als vor der Kur. Am Abend bin ich irgendwie aufgewühlt. Ich liege hellwach im Bett und kann nicht einschlafen. Die neu gewonnene Energie macht sich bereits in meinem Körper bemerkbar.
Fazit
Nach der Kur bin ich stolz, es durchgezogen zu haben. Anfangs hegte ich Zweifel, die ich überwinden konnte. Ich habe Durchhaltevermögen bewiesen. Doch entgegen meiner Erwartungen fühle ich mich innerlich nicht „gereinigt“, etwas leichter und weniger aufgebläht. Insgesamt wiege ich nach der Kur zweieinhalb Kilogramm weniger. Bei der Haut merke ich kaum einen Unterschied. Am zweiten Tag hatte ich gefühlt etwas weniger Unebenheiten. Das ist laut Lume Markaj auf die Vielzahl an Antioxidantien und Vitaminen in den Säften zurückzuführen.
Mein Energielevel sowie auch meine Laune sanken von Tag zu Tag. Die möglichen positiven Effekte, neue Energie und weniger Kopfschmerzen, stellten sich bei mir also als Nebenwirkungen ein.
Während einer Kur sind Zeit und Ruhe wichtig. Stress sollte vermieden werden. Solange man nicht mehr als sonst zu tun hat, kann das Fasten in den Arbeits- oder Studentenalltag integriert werden. Bei körperlich anspruchsvollen sowie besonders stressigen Tätigkeiten empfinde ich die Kur aber nicht als sonderlich alltagstauglich. Man sollte sich die Zeit dafür nehmen und seine Lebensumstände währenddessen an die Kur anpassen, um dem Körper eine optimale Reinigung zu ermöglichen. Für „nebenbei“ stellt eine Kur meines Empfindens eher eine zusätzliche Anstrengung für den Körper dar, anstatt ihn zu erholen.
Trotz alledem bin ich positiv gegenüber dem „Cleansing“ eingestellt. Ich werde es definitiv wiederholen, allein für ein besseres Körpergefühl und um dem Magen zu entlasten. Mein kurzer Ausflug in die Welt des Selbstexperimentatoren Jenke war also ein persönlicher Erfolg.
! Triggerwarnung: Mit circa 1500 Kilokalorien ist die tägliche Kalorienzufuhr niedriger als bei einer regulären Ernährung. Als Nebeneffekt kann es deshalb zu einer Gewichtsabnahme kommen, was aber nicht das primäre Ziel ist. Eine Saftkur ist als Reset für den Körper gedacht, nicht als Diät zum Abnehmen!