Lächelnd ins Verderben

Endlich wieder Feinstaub!

Zigtausende Fahrzeuge bringen den Kessel täglich zum Dampfen.
15. Jan. 2018

 

Stuttgart, die Stadt der Volksfeste. In Massen strömen die Menschen zum Weindorf, dem Cannstatter Wasen oder Weihnachtsmarkt. Doch neben diesen Publikumsmagneten hat Stuttgart seit jüngster Zeit nun eine neue Attraktion: Den Feinstaubalarm. Eine Glosse.

 

7 Uhr Montagmorgen. Das Jahr ist noch jung, und während ich im montäglichen Zustand über den Bahnhof schlendere, treffe ich plötzlich meinen grinsenden Kumpel Tom. „Schon gehört? Heute ist Feinstaubalarm in Stuttgart, voll geil!“ jauchzt er mit freudigem Unterton. Der erste Grund, mein Gehirn heute anzuwerfen. Feinstaub – gut? Eigentlich ist mir die Staubsuppe mit einer Prise Stickoxid eher als Problem denn als Freudengrund geläufig. Das Resultat einer manchmal etwas zu sehr pulsierenden Stadt. Doch wenn ich an vieles aus den vergangenen Monaten denke, verstehe ich seine gute Laune langsam.

So weiß mittlerweile jedes Kind in Stuttgart: Feinstaubalarm bedeutet Bahnfahren zum Sparpreis. Seit der VVS, das „UmweltTagesTicket“ eingeführt hat sogar höchstoffiziell. Verwunderlich, ist Stuttgart doch an manchen Tagen versmogter als die Feinstaubhochburgen Peking oder Mexiko-City. Ich frage mich ob sich das wohl ändern würde, gäbe es die Bahnfahrt immer zum Discountpreis und nicht nur zu den Spitzentagen. Doch während Stuttgart so verstaubt ist wie Omas Reizwäsche, scheint es die Verantwortlichen vergleichsweise wenig zu stören, dass pro Tag zehntausende Dieselfahrzeuge durch die Stadt gurken.

Die berühmte Maschine, welche über den Feinstaubalarm und damit auch den Ticketpreis entscheidet.

Glücklicherweise hat die Stadtplanung penibel darauf geachtet, die landschaftlich bedingten Vorteile der Stadt bei der Feinstaubanreicherung optimal auszunutzen. Stichwort Talkessel. Aufgrund dessen kommt der Stuttgarter Pendler in den Genuss von Apps wie Moovel, dabei kann der Ticketkäufer sich an einer Slotmaschine ein gratis Ticket erspielen! Natürlich nur an Tagen mit Feinstaubalarm. Zielgruppe: Vor allem junge Leute. Und so spürt man als junger Stuttgarter unter seinen Altersgenossen wenig Sorgen, wenn es um das Thema Feinstaub geht. Dafür umso mehr Freude, wenn mal wieder Grenzwerte überschritten werden. Als VVS-Abo Inhaber, bekomme ich leider nichts zum halben Preis. Doch auch ich blicke schon freudig auf meinen gratis Fernsehturm Besuch, der mir dank Smog zusteht. Und trotzdem frage ich mich: Brauchen wir wirklich eine so schmutzige Attraktion?