Stadtplanung 5 Minuten

Ein Zukunftsstadtteil im Herzen von Stuttgart

Die Visualisierung des Konzepts von „asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur“, als Grundlage für das neue Stuttgart Rosenstein bildet. | Quelle: Visualsierung: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur, Wettbewerbsentwurf 2019
11. Dez. 2023

Stuttgart bekommt einen neuen Stadtteil - dort, wo sich bisher Züge und Güterwagons tummelten, wird zukünftig eine Fläche von 85 Hektar frei. Für die Landeshauptstadt eine einmalige Gelegenheit, diesen Raum für innovatives Leben, Arbeiten und Wohnen zu nutzen.

Der Bau rund um das Projekt Stuttgart 21 war bereits in der Planungsphase stark umstritten. Jedoch bot diese strukturelle Veränderung die Möglichkeit, das Standbild nachhaltig zu verändern. Auf der bisherigen Bahnhofsfläche soll jetzt Platz für Wohnraum für 4.700 bis zu 5.700 Wohneinheiten entstehen. Aber nicht nur neuer Wohnraum, sondern ein ganz neuer Stadtteil ist geplant. Seit 2016 plant die Stadt Stuttgart gemeinsam mit Bewohner*innen einen Stadtteil für vielfältige Nutzung, Förderung der Mobilität und ausreichend Grünflächen zu schaffen.

Interview Florian Schöttle zum Thema Stuttgart Rosenstein

Konzeption und Ziele

Die Umsetzung und Planung des Projektes wird von „asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur“ betreut, die sich durch ihren Siegesentwurf in einem internationalen offenen Wettbewerb unter elf eingereichten Entwürfen durchgesetzt hatten. Der Entwurf teilt Stuttgart Rosenstein in drei verschiedene Quartiere. Europaquartier, Rosensteinquartier und die Maker City, welche durch den Gleisbogenpark zusammenhängen.

Ein wichtiges Ziel, was aus dem Rahmenplan hervorgeht, sei es, ausreichend Grünflächen zu schaffen. Dabei steht der neue Gleisbogenpark im Zentrum der Freiraumplanung. Dieser soll nicht nur als Verbindung zwischen dem Nordbahnhofsviertel und dem Stadtteil Rosenstein dienen, sondern auch ein Miteinander zwischen Mensch und Tier ermöglichen. Die biologische Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten soll geschützt und die Koexistenz von Tier und Mensch gefördert werden. Im Sinne von Animal-Aided-Design werden Schutz und Förderung wild lebender Tiere mit Planungsprozessen und Architektur zusammengebracht. Innerhalb der drei Quartiere soll dabei das sogenannte „Schwammstadt-Prinzip“ Abhilfe schaffen. Laut dem Planungsteam soll dieses Prinzip in Form von Grünflächen, die Versiegelung von Flächen reduzieren, um in dem Stadtteil Rosenstein eine Resilienz zu entwickeln.

Das neue Stuttgart Rosenstein setzt auf ein innovatives Energiekonzept mit dem Ziel eines "Plus-Energie-Quartiers". Dabei würde mehr regenerative Energie erzeugt als verbraucht. Die zentrale Wärmeerzeugung würde durch Wärmepumpensysteme in jedem Quartier erfolgen, die Umweltwärme aus Erdreich, Abwasser und Luft nutzen. Das soll Wärmeverluste minimieren und eine effiziente Wärmeversorgung gewährleisten. Der benötigte Strom wird durch umfangreiche Fotovoltaiksysteme auf Dach- und Fassadenflächen im Quartier selbst erzeugt, sodass im Jahresverlauf mehr Energie produziert wird als verbraucht.

Im Mittelpunkt der Planung stünde zudem ein fortschrittliches Mobilitätskonzept der einzelnen Quartiere. In sogenannten "Quartierhubs" Zentren der Quartiere sollen sowohl Parkplätze für private Fahrzeuge als auch für Carsharing geschaffen werden. Diese sehen für 10 Bewohner*innen einen Parkplatz vor. Als Zentrum des öffentlichen Lebens der jeweiligen Quartiere sollen die Hubs mehrere wichtige Bestandteile vereinen. Ein zweigeteilter Aufbau der Gebäude trennt die Parkmöglichkeiten gezielt von den Einrichtungen des öffentlichen Lebens, wie Kitas, Coworking Bereiche, aber auch Cafés und Postfilialen. Um den Verzicht auf die Autos zu erleichtern, soll es im Stadtteil Rosenstein eine Kombination aus Fuß- und Radwegen, aber auch die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel geben. In Bezug auf die Fußwege werden dabei besonders kurze Wege geschaffen, um jegliche Grundversorgungspunkte innerhalb von fünf Minuten zu erreichen.

Die Visualisierung des neuen Stuttgart Rosenstein zeigt drei Quartiere für Leben, Wohnen und Arbeiten, verbunden durch den Gleisbogenpark. | Quelle: Visualsierung: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur, Wettbewerbsentwurf 2019
Ein Blick auf die heutigen Gleisflächen, die in der Zukunft Platz für neuen Wohnraum und somit den Grundstein für das zukünftige Stuttgart Rosenstein legen werden. | Quelle: Stadt Stuttgart, Stadtmessungsamt
Der Gleisbogenpark mehr als nur eine Verbindung zwischen den neuen Quartieren – er bildet auch die Verbindungen zu etablierten Stadtteilen und -vierteln, wie dem Europaquartier. | Quelle: Visualsierung: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur, Wettbewerbsentwurf 2019
Visualisierung der Maker City, die sich um die Wagenhallen erstrecken soll. Ein urbanes Viertel, das Kreativität und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. | Quelle: Visualsierung: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur, Wettbewerbsentwurf 2019

Soziale und kulturelle Aspekte

Stuttgart Rosenstein soll als Stadtteil für alle konzipiert werden. Mit vielfältigen Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten in unterschiedlichen Größen und Ausstattungen soll die soziale Durchmischung auf verschiedenen Ebenen gefördert werden.

Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Sicherstellung von erschwinglichem Wohnraum. Die Gleisflächen, welche die Grundflächen für das Zukünftige Stuttgart Rosenstein bilden, befinden sich seit 2001 im Besitz der Stadt Stuttgart. Das hat den entscheidenden Vorteil in Bezug auf die Preisgestaltung, der Stadt einen größeren Handlungsspielraum zu ermöglichen. Diese Tatsache gebündelt mit dem „Grundsatzbeschluss Neuausrichtung Bodenpolitik“ soll laut Florian Schöttle geförderten Wohnraum von 50 % bis zu 70 % ermöglichen. Der Beschluss soll dazu beitragen, dass größere Flächen an die Stuttgarter Wohnungsbaugenossenschaften und sozial orientierte Wohnungsunternehmen vergeben werden, um Vermietung durch staatliche oder öffentliche Unterstützung zu begünstigen. Die Sorge um Gentrifizierung herrscht dabei nur im Nordbahnhofsviertel. Durch gezielte Bestandsschutzmaßnahmen wird jedoch versucht, diese vorzubeugen.

Bürgerbeteiligung

Durch verschiedenen Maßnahmen und Beteiligungen ist es für Bewohner*innen aus Stuttgart möglich, sich sowohl über das Projekt zu informieren als auch zielgerichtet an der Planung mitzuwirken.

Im Jahr 2016 wurde der Grundstein für die Bürgerbeteiligung mit dem Memorandum Rosenstein gelegt. Hierbei konnten alle Bürger*innen der Stadt durch ihre Ideen die Entwicklungsfläche Rosenstein mitgestalten. Dadurch konnten wichtige Eckpfeiler wie das soziale Miteinander, Vielfalt, Flexibilität und eigene Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt werden.

Eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung zum Rahmenplan Stuttgart Rosenstein fand im Juni und Juli 2022 statt. Eine Gruppe aus 60 repräsentativer Teilnehmer*innen nahmen an der Veranstaltungen teil. Die Stadt Stuttgart hat 1000 repräsentative Bürger*innen per Zufallsauswahl angeschrieben, wobei die Teilnehmer*innen nach den Kriterien Alter, Geschlecht und Wohnort ausgewählt wurden. Diese umfassten eine Besichtigung, Auftakt- und Themenabende zu den Themen Nutzung, Mobilität, Freiraum sowie Kinder- und Jugendbeteiligung. Das Ziel dieser Initiative war die Konkretisierung der Rahmenplanung, um die Grundlage für die zukünftige Entwicklung von Stuttgart Rosenstein festzulegen.

Eine weite Bürgerbeteiligung ist laut Abteilung Kommunikation Stuttgart Rosenstein für das Jahr 2024 geplant, denn die Flächenplanung der bisherigen Gleisflächen des Kopfbahnhofes ist noch nicht beschlossen. Somit soll mit einem Ideenwettbewerb ein konkreter Plan entstehen.

Umsetzung und aktueller Stand

Das Projekt ist aktuell in vollem Gange. Die Stadt konnte am 17. Oktober einen entscheidenden Meilenstein feiern. Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat final den Rahmenplan für das Projekt Stuttgart Rosenstein beschlossen. Der Projektstart für Stuttgart 21 ist für das Jahr 2025 geplant, wenn der neue Durchgangsbahnhof voraussichtlich fertiggestellt wird. Stuttgart Rosenstein bietet somit die Chance für Stuttgart auf eine visionäre Entwicklung für eine klimagerechte und resiliente zukünftige Stadt.