„Ich weiss nicht, wohin mich meine berufliche Karriere bringen wird, deshalb will ich so früh wie möglich vorsorgen“.
Heute schon für morgen sparen
An der Rezeption eines kleinen gemütlichen Hotels, in einem Vorort im Schwarzwald, sitzt eine 80-jährige Frau. Dreimal die Woche treffen die Gäste des Hotels sie hier an. Sie arbeitet, um ihre monatliche Rente aufzubessern, da ihr diese nicht zum Leben reicht. Sie ist Mutter und Oma von zwei Enkelinnen, eine davon ist meine Freundin Ella Kleinschmidt. Ihre Großmutter ist im alltäglichen Leben oft eingeschränkt und muss haushalten. So muss sie beispielsweise beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf sparen und greift deshalb häufig zur günstigsten Alternative, auch wenn diese manchmal schlechter schmeckt. Ella kennt die Situation ihrer Oma und weiß, dass sie nie in so eine Position im Alter kommen möchte. Eine Angelegenheit, die ihr sehr am Herzen liegt. Deshalb zahlt sie bereits mit 16 Jahren in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Die heute 19-Jährige merkt frühzeitig, dass sich das Einzahlen in die Rentenversicherung für sie lohnen könnte, um im hohen Alter mehr Geld zur Verfügung zu haben. „Ich wollte frühstmöglich für meine Altersvorsorge sparen, wusste aber nicht, wie. Der einfachste Weg war, bei meinem ersten Minijob in die Rentenversicherung einzuzahlen“. Dazu rieten ihr auch ihre Eltern.
Die Armutsgefährdungsquote bei den über 65-Jährigen lag letztes Jahr bei 17,5 %, während sie 2013 noch bei 14,3 % lag. Sie gibt an, wie viele Menschen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, in Armut zu geraten. Klar ist, Altersarmut wird in der Zukunft potenziell immer mehr Menschen betreffen. Im Alter nicht genug Geld zum Leben zu haben ist für die junge Generation im Moment wohl noch kein Thema, könnte uns jedoch später einmal selbst betreffen.
Die Jungen finanzieren die Rente der Alten: das Umlageverfahren, eingeführt 1883, von Otto von Bismarck, ist gang und gäbe in Deutschland. Erwerbsfähige zahlen in die Rentenversicherung ein und diese Beiträge werden dann als Rente an die Beziehenden ausgezahlt. Dadurch erhalten Erwerbsfähige einen Anspruch auf ihre eigene Rente im Alter. Das Problem dabei: Wenn die Geburtenrate weiter abnimmt, gibt es zu wenige Erwerbstätige, die die Rente der älteren Generation erwirtschaftet. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung vermerkt, verzeichnet dies aktuell der demographische Wandel. Denn die Anzahl der älteren Bevölkerung steigt stetig, währenddessen wird ein Rückgang der jüngeren Generation und der Geburtenrate festgestellt. Diese jungen Menschen kommen für die Renten der älteren Menschen auf, und es muss sichergestellt sein, dass diese fair ausbezahlt werden kann. Altersvorsorge und Rentenarmut sind nicht nur ein kurzfristig aktuelles Thema, sondern werden zukünftig auch unsere Generation belasten.
Oftmals stellt sich dann die Frage, wäre eine Reform des Rentensystems hinsichtlich des demographischen Wandels dann nicht die sinnvollste Lösung? „Ja!“, sagt Rentenberaterin Afrodite Hartorian vom Bundesverband der Rentenberater e.V. Denn bereits seit 1950 sei klar, dass das Rentensystem so wie es von Bismarck gedacht war, nicht mehr funktionieren könne. Seit diesem Jahrgang werden Bundeszuschüsse an die deutsche Rentenversicherung gezahlt und die Geburtenrate war in den 1950er und frühen 1960er Jahren sehr hoch. „Es ist zwingend notwendig, an mehreren Stellschrauben zu drehen, um das Rentensystem nicht weiter zu belasten“, so Hartorian. Sie spricht sich für einen höheren Beitragssatz aus, sowie eine Pflichtmitgliedschaft für Selbstständige und ein höheres Renteneintrittsalter.
Altersvorsorge auf Minijob-Niveau
„Ich weiß nicht, wohin mich meine berufliche Karriere bringen wird, deshalb will ich so früh wie möglich vorsorgen“, erzählt mir Ella. Das war auch der Grund, warum sie bereits bei ihrem allerersten Minijob in die deutsche Rentenversicherung eingezahlt hat. Auch wenn man dabei nur einen Eigenbetrag von 3,6 % hat, wie die deutsche Rentenversicherung notiert, und somit bei einem monatlichen Gehalt von 450 Euro einen Beitrag von 16,20 Euro einzahlt, war für die 19-Jährige klar, sie möchte einzahlen. Gut zu wissen: Wenn man Schüler*in oder Student*in ist, wird diese Zeit für die Rente von der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt, auch wenn noch gar nichts in die Rentenversicherung eingezahlt wurde. Die Schul- und Studienzeit kann dabei für maximal 8 Jahre angerechnet werden, wie die deutsche Rentenversicherung festhält. Bewusstsein für die Rente und die Altersvorsorge ist wichtiger denn je, findet Hartorian. Eine grundsätzliche Empfehlung, früh einzuzahlen, sei jedoch schwer, da man das Thema Altersvorsorge individuell und ganzheitlich beleuchten müsse, um eine Handlungsempfehlung auszusprechen. Es sei aber trotzdem sehr sinnvoll, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen.
Wenn man erstmal in Rente ist, gibt es nur noch wenig Möglichkeiten, wie die Rente erhöht oder angepasst werden kann. Denn jeder stellt individuelle Anforderungen an seine Rente. Viele möchten flexibel leben und ein durchschnittliches „Einkommen“, haben. Da die deutsche Rentenversicherung nur eine „Basis“, für die Rente ist, müssen somit also mehrere Komponenten berücksichtigt werden.
Die Auswirkungen des demographischen Wandels sind bereits jetzt zu spüren und werden unsere Generation auch zukünftig noch einige Zeit beschäftigen. „Ich empfehle der jüngeren Generation, sich rechtzeitig mit dem Thema Altersversorgung auseinanderzusetzen, denn sich allein auf die gesetzliche Rente zu verlassen kann zu Altersarmut führen“, betont Hartorian. Auch Ella weiß, dass sie sich dem Thema erst viel später angenommen hätte. Nun weiß sie jedoch, welche Möglichkeiten es zukünftig für sie gibt.
Ella ist sich sicher: Wenn sie einmal in Vollzeit arbeitet, möchte sie weiterhin in ihre Altersvorsorge investieren. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Nach ihrer Ausbildung möchte die 19-Jährige noch studieren und ins Ausland gehen. Aber sie weiß bereits jetzt, dass sie später einmal jegliche Maßnahmen ergreifen wird, um im Alter abgesichert zu sein. So möchte sie nicht nur in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sondern auch in die Private und Betriebliche.