„Mein gesamtes Wohlbefinden wurde einfach besser.“
Glutenfrei leben: Trend oder Gefahr?
In den letzten Jahren ist der Konsum von glutenfreien Produkten kontinuierlich gestiegen und immer mehr Menschen ernähren sich freiwillig glutenfrei, da sie sich dadurch besser fühlen - so auch Lena. Sie ernährte sich einige Zeit lang komplett glutenfrei und konnte eine deutliche Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes feststellen. Sie war nach dem Essen oftmals müde und träge und fühlte sich mit einer glutenfreien Ernährungsweise nicht nur besser, sondern hatte auch eine verbesserte Verdauung, ein besseres Immunsystem und Co. Sie selbst sagt: „Mein gesamtes Wohlbefinden wurde einfach besser“.
Ob diese Verbesserung jedoch nur an der glutenfreien Ernährungsweise lag, stellt die Wissenschaft infrage. So sagt der approbierte Arzt Jakob Lange beispielsweise, es gebe Leute, die sich durch eine glutenfreie Ernährung besser fühlen. Das liege daran, dass sie sich insgesamt ausgewogener und gesünder ernähren als zuvor.
Gluten, das böse Klebereiweiß
Bei Gluten, welches auch als Klebereiweiß bezeichnet wird, handelt es sich um das wichtigste Speicherprotein von vielen Getreidearten. Es dient als Träger für Aromastoffe, geliert, bindet Wasser, stabilisiert und fungiert als Kleber, der Weizenmehl zusammenhält. Für Zöliakie–Betroffene ist es unabdinglich, auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten, da sich je nach Proteinfraktionen beim Abbau im Körper toxische Stoffe bilden können. Diese führen dann zu Veränderungen im Darm bei Zöliakie-Patient*innen. Durch den Verzicht glutenhaltiger Lebensmittel wird die Erkrankung aufgehalten. Diese und weitere nützliche Informationen zu Gluten kann man beim Dr. Schär Institute nachlesen.
Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft (DZG) geht davon aus, dass Gluten so in Verruf geraten ist, da viele gängige Backwaren aus hellem Weizenmehl bestehen und zudem mit einem hohen Zucker- und Fettgehalt gepaart sind. Zudem sagt die DZG: „Gluten bzw. Weizen hat in der öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Image, weil viele weizenhaltige Produkte stark verarbeitet sind.“ Zusätzlich schüren reißerische Bücher und Medienberichte über Weizen und Gluten die Angst vor gesundheitlicher Schädigung oder Folgeerkrankungen. Auch der Irrglaube, dass in modernen Weizenarten mehr Gluten enthalten sei als früher, hält sich hartnäckig in der Gesellschaft. Dadurch wird das negative Image unterstützt.
Jakob Lange stellte zudem fest, dass sich immer mehr Menschen gesünder ernähren wollten und sich somit vermehrt mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzen würden. Doch oft vertrauten die Menschen auf unseriöse Quellen. Denn gerade auf sozialen Medien verbreiteten sich Halbwahrheiten, Fehlinterpretationen und Mundpropaganda besonders schnell. Oftmals würde auf das vertraut, was der gut aussehende Influencer mit dem Sixpack empfehle. Ob seine Aussagen jedoch wissenschaftlich fundiert seien, rücke in den Hintergrund.
"Gluten bzw. Weizen hat in der öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Image, weil viele weizenhaltige Produkte stark verarbeitet sind."
Die Vielfalt glutenfreier Ernährung
„Eine glutenfreie Ernährungsweise bedeutet nicht automatisch, dass ein Nährstoffmangel eintritt“, so die DZG. Dabei kommt es ganz darauf an, was für glutenhaltige Lebensmittel man zu sich genommen hat. Denn bei höher verarbeiteten Produkten sind wesentlich weniger Nährstoffe sowie Mikronährstoffe enthalten als in Vollkornprodukten. Ernähre man sich also meist von Weißbrot, Nudeln oder anderen hochverarbeiteten Produkten, wäre kein wirklicher Nachteil zu erkennen – es könnte sogar ein Vorteil sein, sich glutenfrei zu ernähren, da man nun als Ersatz eventuell Lebensmittel verwenden würde, die mehr Nährstoffe enthielten. Aber genauso könnte es sein, dass man sich vorher hauptsächlich von Vollkornweizenprodukten ernährt hätte und nun durch eine eingeschränktere Ernährungsweise wichtige Nährstoffe verliere. Denn im Vollkorn seien fast alle B-Vitamine in relativ großen Mengen enthalten. Fände man dafür keinen Ersatz, könnte es möglicherweise zu Mangelerscheinungen kommen, so Jakob Lange.
Da Weizen jedoch nicht der alleinige Träger dieser Vitamine ist und sie in vielen pflanzlichen und tierischen Produkten zu finden sind, kann man seinen Bedarf durch andere Lebensmittel decken. Im Normalfall hat man also nicht mit gesundheitlichen Auswirkungen zu rechnen.
Weizenvollkorn enthält neben den Vitaminen auch viele Mineralien wie Zink, Eisen oder Magnesium und je nach Nährboden auch Selen. Die Zufuhr dieser Mineralien sollte über die Ernährung sichergestellt werden – ob über das Weizenvollkorn selbst oder andere Lebensmittel wie Fleisch.
Schränkt man sich also nicht zusätzlich noch weiter ein, kann man auch diese Mineralstoffe durch andere Lieferanten genügend zu sich nehmen. Kritisch wird es erst, wenn man sich zu weit einschränkt und sich beispielsweise zusätzlich vegan ernährt.
„Eine glutenfreie Ernährungsweise bedeutet nicht automatisch, dass ein Nährstoffmangel eintritt.“
Ernährt man sich vorwiegend von glutenfreien Ersatzprodukten, kann es zu Verdauungsbeschwerden kommen. Ersatzprodukte sind in der Regel hochverarbeitet, fetthaltig sowie zuckerreich und enthalten oftmals zu wenig Ballaststoffe, um ein vergleichbares Geschmackserlebnis zu garantieren.
Langfristig kann eine reduzierte Ballaststoffaufnahme beispielsweise das Darmkrebsrisiko, Diabetesrisiko oder den Bluthochdruck erhöhen. Doch auch hier gibt es genug andere Lebensmittel, die besonders viele Ballaststoffe enthalten, wie beispielsweise Hülsenfrüchte. Wichtig zu beachten ist, dass man pflanzliche Produkte auch mit pflanzlichen Produkten ersetzen sollte, da Ballaststoffe insbesondere dort enthalten sind. Lässt man also Weizen in Zukunft weg, sollte man stattdessen nicht mehr Eier, mehr Milch oder mehr Fleisch essen. Gesundheitliche Nachteile durch einen Ballaststoffmangel hat man also nur zu befürchten, wenn man keinen Ersatz schafft.
Generell kann eine glutenfreie Ernährung aber auch einen positiven Effekt haben. Beispielsweise, dass sich die Palette an Nahrungsmittel und Nahrungsmittelgruppen erweitert und mehr Obst und Gemüse zu sich genommen wird. Die Beschäftigung mit der eigenen Ernährungsweise kann insgesamt also zu einer ausgewogeneren und gesünderen Ernährung führen.
Resümee: glutenfreie Expedition
Es ist wie in allen anderen Ernährungsweisen auch: Je mehr man sich verbietet und je mehr Nahrungsmittelgruppen man ausschließt, desto schwerer wird es, sich ausgewogen zu ernähren. Außerdem schränkt man sich unnötigerweise ein, wenn man nicht an einer Erkrankung leidet. Die DZG sagt zusammenfassend: „Eine glutenfreie Ernährung ohne medizinische Notwendigkeit ist weder erforderlich noch per se gesünder, sondern kann leicht einseitig ausfallen.“
Dennoch ist es nicht unmöglich, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Wichtig ist es, sich gut zu informieren und Quellen gegebenenfalls auch zu hinterfragen.
„Eine glutenfreie Ernährung ohne medizinische Notwendigkeit ist weder erforderlich noch per se gesünder, sondern kann leicht einseitig ausfallen.“
Eine glutenfreie Ernährungsweise ist also per se nicht ungesund oder gesund – es kommt ganz darauf an, wie man seine Ernährung im Gesamten gestaltet. Stellt man es also richtig an, kann man insgesamt positive Auswirkungen feststellen, so wie Lena. Denn sie konnte insgesamt eine Vielzahl an positiven Auswirkungen wie reinere Haut oder ein höheres Energielevel seit ihrer Ernährungsumstellung feststellen. Wer dem glutenfreien Trend also folgen möchte und sich glutenfrei ernähren möchte, kann dies nach sorgfältiger Recherche ohne gesundheitliche Auswirkungen tun, aber sollte sich den möglichen Auswirkungen bewusst sein.