Die Sexualisierung junger Mädchen auf Social Media
Triggerwarnung: In diesem Artikel werden die Sexualisierung Minderjähriger und das Thema Pädophilie behandelt.
Sie sind freizügig gekleidet und zeigen sich in aufreizenden Posen und Videos; Auf den sozialen Medien kursieren ständig neue Trends und Challenges, bei denen Nutzer*innen ihre Körper präsentieren. In den meisten Fällen sind diese weiblich und in der Regel noch sehr jung.
Veränderte Medienlandschaft
Wo in den vergangenen Jahren noch Facebook und YouTube an der Spitze standen, sind nun Instagram und TikTok angesagt. Laut „Sensor Tower“ sind die beiden Apps in den Top 3 der meisten App-Downloads weltweit. Bereits 19,2 Millionen der Deutschen nutzen nach Angaben von „Datareportal“ TikTok, das durch seine kurzen Videoclips die Trendlandschaft bestimmt.
Trends würden meist zuerst auf TikTok entstehen, wo sie bestimmte Influencer*innen vormachen, erklärt Sharmila Egger, Medienpädagogin im Verein „zischtig“. Mit der Nutzung von populären Musikstücken können dann Reichweite generiert und andere Menschen zum Mitmachen aufgefordert werden. Dass diese Challenges und Trends oft den weiblichen Körper sexualisieren, sei ebenfalls nicht neu. Der Ursprung liege noch in der Werbeindustrie und Populärkultur, wo bereits früher Frauen auf Plakaten, in Filmen und Musikvideos sexualisiert wurden. „Social Media ist eben massiv viel schneller, unkontrollierbarer und stärker variierend, was gerade angesagt ist und wer bestimmt, was angesagt ist“, so Egger.
Jugendliche sind besonders anfällig
In einer italienischen Studie aus dem „International Journal of Environmental Research and Public Health“ aus dem Jahr 2022 wurde die Wirkung von Sex- und Body-Positivity, also eine positive Einstellung zum eigenen Körper und Sex, auf junge Mädchen untersucht. Das Ergebnis der Studie war, dass soziale Medien mit besonderem Fokus auf das äußere Erscheinungsbild, zur Sexualisierung von Frauen beitragen. Zu diesen Medien zählen beispielsweise Instagram und Facebook. Textbasierte Apps, wie Twitter oder Facebook, würden die Sexualisierung von Frauen weniger beeinflussen. Bei TikTok und Instagram seien die User*innen mit 42 Prozent und 30 Prozent unter 25 Jahren zudem durchschnittlich deutlich jünger.
„Junge Menschen sind einfach ansprechbarer, Neues auszuprobieren und Risiken einzugehen“, erklärt Egger. Der Reiz, sexuelle Inhalte zu posten, sei außerdem die Bestätigung, die die Jugendlichen dadurch bekommen und die Möglichkeit, sich von der Masse abzuheben. Nach eigenen Angaben gehe es den Mädchen vor allem um die vielen Klicks und Likes, sowie ein Zugehörigkeitsgefühl, das sie durch die Teilnahme an diesen Trends bekommen. „Die jungen Nutzerinnen sind sich gar nicht bewusst, dass sie sich dabei sexualisieren“, so Egger.
Die Sexualisierung gefährdet junge Mädchen
Die meisten Erwachsenen und Eltern würden solche Inhalte nicht erreichen, da das Interesse an den Trends eher bei Gleichaltrigen liege. „Wenn wir jetzt überlegen, wer sich sonst noch für junge Mädchen in sexuellen Posen interessiert, dann sind wir sehr schnell beim Begriff Pädophilie.“ Man könne zwar niemandem vorwerfen, die Inhalte anzusehen, wenn sie vorgeschlagen werden, doch Egger nennt das große Problem des Trends: „Schlimm wird es dann, wenn die sexuellen Absichten schleichend kommen. Oder wenn man sich einfach als andere Person ausgibt und sich so den Zugang zu jungen Menschen verschafft.“ Das komme häufiger vor. Durch Manipulation und längere Austausche könne so eine gefährliche Situation auch im realen Leben entstehen.
Doch nicht nur für ältere User*innen mit sexuellen Absichten sind die Inhalte sichtbar, auch andere Jugendliche haben darauf Zugriff. Die Sexualisierung junger Mädchen werde durch Social Media gewissermaßen normalisiert, sodass andere Minderjährige auf der Suche nach Bestätigung ebenfalls mitmachen. „Online kriegen sie die Wertschätzung, die sie sonst vielleicht nicht kriegen“, erklärt die Medienpädagogin.
Die App-Anbieter selbst scheinen sich dieser Probleme bewusst zu sein. Wie der Spiegel berichtet, habe TikTok im Jahr 2021 rund sieben Millionen Nutzer*innen-Konten und millionenfach Videos gesperrt, die gegen die Altersrichtlinien der Plattform verstießen. Dennoch sei das noch nicht genug. Man müsse sich stärker am Jugendschutz orientieren als an der Anzahl der Klicks. Nach Egger müsse es mehr Prävention und Aufklärung geben, um schon in Schulen auf die Gefahren von sexuellen Inhalten im Internet hinzuweisen.