Wie sieht der Wald der Zukunft aus?
Der Landeswaldverband setzt sich für den Wald in Baden-Württemberg ein. Gemeinsam mit verschiedenen Waldakteuren wird über ihre verschiedenen Interessen und Ziele gesprochen und dem Wald eine Stimme gegeben.
In welchem Zustand befinden sich unsere Wälder aktuell?
Den Wäldern geht es definitiv nicht gut. Es gibt jedes Jahr einen Waldzustandsbericht, der bereits für 2023 veröffentlicht wurde. Er zeigt, dass ca. 42 Prozent der Wälder in Baden-Württemberg deutlich geschädigt sind. Deutschlandweit ist nur noch jeder fünfte Baum gesund.
Woran erkennt man, dass ein Baum nicht gesund ist?
Das kann man an der Baumkrone erkennen – Sie sagt aus, wie fit beziehungsweise vital ein Baum ist. Je lichter oder trockener eine Krone ist, desto weniger gut geht es dem Baum. Besonders die Fichte ist in Deutschland stark betroffen, sie leidet am meisten unter den steigenden Temperaturen.
Was ist der ausschlaggebende Grund für den Zustand der Bäume?
Die Erderwärmung und die trocken-heißen Sommerperioden ohne Niederschläge. Das ist die Haupt-Vegetationszeit der Wälder, in der sie Photosynthese betreiben. Diese Perioden werden zudem immer länger. Wenn der Regen kommt, dann immer häufiger als Starkregen. Das schadet den Bäumen, denn sie bevorzugen eine kontinuierliche Versorgung mit Wasser. In der Folge trägt die explosionsartige Vermehrung des Borkenkäfers zu vielen Schäden bei. Bäume, die schon geschwächt sind, können leichter befallen werden.
Welche Baumarten wird es statt der Fichte zukünftig geben?
Man muss sich vorab fragen: Welche Leistungen, die die Fichte bisher erbracht hat, wollen wir in Zukunft behalten? Aus Nutzungsperspektive ist Nadelstammholz für den Konstruktionsbereich sinnvoll, weil es gerade, elastisch und leicht ist. Alternativen sind die Douglasie oder auch die Weißtanne. Aus der ökologischen Perspektive ersetzen die Fichte eher Baumarten, die sich gut an die zukünftigen Klimabedingungen anpassen. Da eignen sich Laubbäume wie verschiedene Eichenarten u in begrenztem Umfang die Buche. Sie können Trockenheit und Wärme, aber auch Frost ertragen. Diese beiden Perspektiven kollidieren zum Teil miteinander.
Müssen wir aufhören, den Wald für die Wirtschaft zu nutzen?
Im Gegenteil. Der Wald erfüllt für uns eine Vielzahl an Funktionen, die wir dauerhaft beibehalten, aber auch beanspruchen wollen. Er bietet uns unter anderem eine Nutzungs- und Schutzfunktion, aber auch eine Erholungsfunktion. Wir nutzen das Holz zum Beispiel für die Industrie und besonders an Steillagen schützen die Verwurzelungen der Bäume vor Steinschlag. Wir wollen nicht auf einen gepflegten Wald verzichten müssen. Wenn wir also Leistungen von den Wäldern haben wollen, dann müssen wir uns um sie kümmern. Ein Stück weit müssen wir die Natur aber auch sich selbst überlassen. Davon können wir viel lernen. Aber wir dürfen von diesem unbewirtschafteten Wald nicht erwarten, dass er uns bestimmte Funktionen, wie zum Beispiel die Erholungsfunktion, zur Verfügung stellt.
Wie sieht dann der Wald der Zukunft aus?
Der Wald der Zukunft ist vielfältig, klimaresilient und naturnah. Vielfältig nicht nur in seiner Baumartenzusammensetzung, sondern auch in seiner Struktur. Diese Vielfalt der Wälder und auch die Waldbewirtschaftung ist ein Schlüssel zum Wald der Zukunft. Bei der Klimaresilienz schaut man sich an, welche Baumarten auf den Standort passen und wie er bewirtschaftet werden muss, um den Wald resilienter zu machen. Prinzipiell also ein Vorgang, bei dem die Wälder sich selbst verjüngen und einzelne klimaresiliente Baumarten gezielt in den Wald eingebracht werden. Wichtig ist, dass auf keinen Fall mehr Holz entnommen wird, als auch wieder nachwächst und weitgehend auf Kahlschläge verzichtet wird. Zuletzt die Naturnähe: Natürliche Prozesse sollen Vorrang haben und die Menschen sollen nur da steuernd eingreifen, wo zu befürchten ist, dass Leistungen der Wälder dauerhaft verloren gehen können.
Klimaresilienz - Die Fähigkeit des Waldes, nach einem Klimaereignis wieder in seinen Ursprungszustand zurück zu kehren.
Wie klimaresilient sind unsere Wälder schon?
Baden-Württemberg ist mit der Waldpolitik der letzten 40 Jahre ganz gut dabei. Es konnte bereits eine gewisse grundsätzliche Klimaresilienz in den Wäldern hergestellt werden. Das liegt daran, dass wir bereits eine hohe Baumartenvielfalt besitzen und sehr viel in den naturnahen Waldumbau investiert haben.
Im Sauerland oder dem Schwarzwald gibt es riesige, kahlgeschlagene Flächen. Wird das irgendwann wieder Wald?
Da ist das Waldgesetz in Baden-Württemberg eindeutig: Was Wald ist, muss auch wieder Wald werden. Es gibt also eine Wiederaufforstungspflicht für diese Wälder. Natürliche Prozesse sorgen dafür, dass offene Flächen in Deutschland sich in der Regel zu Wald entwickeln. Das kann mitunter lange dauern.
Schon gewusst?
Was wünschen Sie sich für den Wald der Zukunft?
Ich wünsche mir einen Wald, aus dem wir weiterhin Leistungen beziehen können, wie beispielsweise Erholung, Holz, Klimaschutz, Wasser- und Kohlenstoffspeicherung. Wir wissen noch nicht, was die Zukunft bringt, und deswegen müssen wir uns jetzt möglichst breit aufstellen. Der Wald war und ist ein Mosaik unterschiedlichster Ausprägung. Darin liegt seine größte Chance.
Die Autorin steht in guter Bekanntschaft zu ihrem Protagonisten.