Macrons Wiederwahl festigt die EU
Wie wichtig die Wiederwahl für Macron selbst war, konnte man in seiner Rede zum Wahlsieg am letzten Sonntag im April feststellen. Er wolle keine Fortsetzung der ersten Amtszeit, sondern eine neue Ära mit innovativen Methoden prägen. Auch in Deutschland wurde die Nachricht des Wahlsieges in harten Zeiten von Corona und dem Angriffskrieg auf die Ukraine gefeiert. So äußerte sich Olaf Scholz erleichtert auf Twitter über die Wahl, er freue sich, die gute Arbeit fortzusetzen. Was viele nicht wissen: Scholz arbeitete schon vor seiner Kanzlerschaft in der Rolle als Bundesfinanzminister viel mit dem französischen Präsidenten in der Europa-Politik zusammen. Ihnen gelang es, die EU-Länder von einem europäischen Corona-Fonds zu überzeugen und diesen auch umzusetzen. Macron kann das. Macron kann das vor allem mit der Unterstützung seines stärksten EU-Partners Scholz im Duett.
Bei der Stichwahl in Frankreich am 24. April lag die Wahlbeteiligung bei rund 73 Prozent.
Zu den 27 Prozent Nichtwähler*innen gesellen sich noch 9 Prozent der Französ*innen, die die sogenannte „vote blanc”, also einen ungültigen Stimmzettel abgaben.
Der alte und neue Präsident Macron konnte seinen Vorsprung aus dem ersten Wahlgang (4 Prozent) in der Stichwahl auf 17 Prozent ausbauen.
Der Ukraine-Krieg dürfte zu den ersten und wichtigsten Amtshandlungen des alten und neuen Präsidenten führen. Ist er es doch, der euphorisch den europäischen Gedanken in den letzten Jahren vorlebte. Der davon sprach, Grenzen zu überwinden, Europa zu vereinen und die Fronten gegen Obszönitäten aus dem Osten zu verteidigen.
Macron kann als Vermittler eine wichtige Rolle spielen
Unterstützung für den neuen Kanzler Scholz wird in Brüssel dringend benötigt. Mit Macron könnte es wieder zum erfolgreichen Schulterschluss der EU-Mächte Frankreich und Deutschland kommen. Gerade jetzt durch den Brexit, Rechtsruck und dem Drang zurück zu nationalen Gedanken in einigen Ländern, braucht es erfahrene und besonnene Entscheider*innen. Viel aufzuarbeiten für einen „Politiker mit Schneid”, so wurde er jedenfalls in den Gazetten am Montagmorgen ausgerufen. Macron kann jetzt seine Vermittlungsstärke ausspielen. Anders als die mit Europa fremdelnde Le Pen, sind seine Pläne unionsfreundlicher. Er will die deutsch-französischen Beziehung weiter ausbauen und Vorhängeschlösser sprengen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Macron Lösungen für scheinbar unlösbare Konflikte findet. Das beste Beispiel ist sicherlich die gemeinschaftliche Anstrengung aller EU-Mitgliedsstaaten in der Flüchtlingskrise unter seiner und Altkanzlerin Merkels Federführung.
Motiviert wie ein Fußball-Jugendspieler vor seinem Debut bei den Profis
Es wird seine letzte Chance sein, die Menschen im Land vom gesamteuropäischen Gedanken zu überzeugen. Laut eigenen Aussagen wäre es unter Le Pens Führung zu einer deutlichen Abgrenzung zu bestehenden Partnerländern wie Deutschland gekommen. Macron hingegen will das Konstrukt EU vor dem Zusammensturz bewahren und bestehende Beziehungen ausbauen. Die relativ knappe Stichwahl hat aber aufgezeigt, dass nicht alles in Macrons erster Amtszeit perfekt war. Andererseits hat er jetzt die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen, Erfahrungen und Themen aus dem Wahlkampf anzusprechen und in seiner zweiten und letzten Legislaturperiode auch erfolgreich umzusetzen.
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In Paris sitzt nicht nur ein Mann mit Schneid, sondern auch ein Mann mit fünf Jahren Regierungserfahrung und mit Motivation wie ein Fußball-Jugendspieler beim ersten Einsatz für die Profis in der Ligue 1. Und wenn er jetzt noch Olaf Scholz mit seinem Enthusiasmus überzeugen kann, voranzuschreiten als geeinte Wirtschaftsmächte in der EU, muss man sich um Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit in Europa keine Sorgen machen.