„Das macht es für mich aus, in die Zukunft zu schauen und Erkenntnisse, die über unternehme-
risches Alltagsgeschäft hinausgehen, zu gewinnen.“
Stadt 4.0 - Grüner, vernetzter, lebenswerter
Unsere Stadt ist unser Lebensraum und ermöglicht die gemeinsame Koexistenz. Sie ist ein hochkomplexes Gefüge, bestehend aus vielen untereinander zusammenwirkenden Strukturen, in welchen verschiedene Akteure miteinander interagieren. Aufgrund der Digitalisierung und der damit verbundenen Herausforderungen werden neue Konzepte gebraucht, um Städte effizienter, umweltfreundlicher und lebenswerter zu gestalten. Alles soll dem Ziel dienen, die Lebensqualität zu steigern.
Entwicklung von Zukunftsstädten
Schon als Kind träumt man davon, etwas Neues zu erfinden und die Welt zu verändern. Claudius Schaufler hat diesen Traum zum Beruf gemacht. Er arbeitet an Zukunftskonzepten, die erst in den nächsten 15-20 Jahren umgesetzt bzw. etabliert werden und unser Leben maßgeblich beeinflussen. Er ist Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und entwickelt mit seinen Kollegen im Competence Team Smart Urban Environments smarte Lösungen für die Kommune von morgen.
Im Fokus der Arbeit der Smart Urban Environments steht unsere Stadt. Ausgehend von globalen Megatrends wird ermittelt, welche Technologien und Einflussfaktoren die Städte von morgen bestimmen. Im nächsten Schritt werden die Trends auf die lokale Ebene heruntergebrochen, um die technologischen Treiber in unserer direkten Umgebung ableiten zu können. „Die Stadtplanung hat sich in den letzten Jahren von den technologischen Möglichkeiten emanzipiert“, erzählt uns Schaufler. Das heißt, anders als früher, entwickeln die Experten Stadt- und Designkonzepte anhand der Trends, für welche sie anschließend die passenden technischen Möglichkeiten aussuchen.
„Die Stadt der Zukunft ist grüner, vernetzter und lebenswerter“, sagt der Experte. Im 20. Jahrhundert war das Stadtplanungskonzept noch ein anderes. Die klare Trennung zwischen Arbeitsplatz und Wohnort hat zur Folge, dass wir täglich weite Strecken zurücklegen müssen. „Ich erhoffe mir von der Stadt der Zukunft, dass diese Funktionen enger zusammenrücken.“ Die Städte von heute sind sehr auf das Automobil ausgerichtet. Dies ist ein globales Problem und betrifft neben Europa auch Nordamerika. Aber auch die Entwicklungsländer, in denen das Automobil zunehmend ein Statussymbol ist, erleben diese Entwicklung verstärkt.
Laut des Fraunhofer-Experten soll die Stadt der Zukunft polyzentrisch sein. Diese dezentralen Stadtviertel können dann mit neuen Technologien wie z.B. automatisierten Fahrzeugen verbunden werden. Was die Sicherheit und öffentliche Plätze betrifft, sollen unsere Städte in der Zukunft mehr lebenswerte Räume für soziale Interaktion bieten. Mit diesen Änderungen kann eine allgemein höhere Lebensqualität erreicht werden.
Herausforderungen für Smart Cities
Schaufler erklärt uns, was der oft benutzte Begriff „smart“ in Bezug auf Zukunftsstädte bedeutet. Smart bedeute in erster Linie eine gewisse Vernetzung von Dingen, die bisher nur für sich standen. Beispielweise, wenn eine Laterne an das Internet angeschlossen sei und durch die Sensorik Daten liefere, sei sie eigentlich schon smart. Smarte Städte ermöglichen im Gegensatz zu rein analogen Städten dank Sensoren und Aktuatoren Einblicke in Stadtprozesse und bieten die Möglichkeit, auf Umwelteinflüsse reagieren zu können.
Aktuatoren setzen elektrische Signale in mechanische Bewegung oder andere physikalische Größen um und greifen damit aktiv in den Prozess ein.
Die smarten Konzepte bringen jedoch Herausforderungen mit sich. Die teuren Technologien erfordern neue Geschäftsmodelle. Nur so können die Kommunen die im Moment stark geförderten Projekte weitertragen. Hierfür ist die Zusammenarbeit der Akteure wie Forscher, Kommunen und Technologieprovidern besonders wichtig.
Bürgerbeteiligung an der Entwicklung der Stadt 4.0
Das Fraunhofer IAO in Kooperation mit dem Innenministerium Baden-Württemberg hat in 2016 das Projekt „Morgenstadt-Werkstatt“ ins Leben gerufen. Ziel des Projektes ist es, alle Akteure miteinander zu vernetzen, um gemeinsam die Kommune der Zukunft zu gestalten. Ende November 2017 wurde die Veranstaltung zum dritten Mal veranstaltet. Die Teilnehmer haben sich sowohl in Workshops und Impulsvorträgen als auch im Rahmen des begleitenden „Smart City Makeathon“ über die Stadt von morgen ausgetauscht.
„Die Bürgerbeteiligung ist essenziell“, sagt Schaufler. Zum einen werden so die Konzepte bereits im Prozess der Planung besser auf die Bedürfnisse der Bürger, welche die Städte beleben, ausgerichtet. Zum anderen kann die Akzeptanz frühzeitig gemessen werden. Somit können Projekte wie Stuttgart 21, die eine hohe Ablehnung erfahren, modifiziert, angepasst oder verhindert werden. Mit dem Netzwerk und den entstandenen Ideen und Ergebnissen erhofft sich das Institut weitere Kooperationen und die Entstehung von weiteren Projekten.
Aus einer einfachen Idee, die heute vielleicht noch unglaublich erscheint, können echte Lösungen für die Stadt generiert werden. Nicht nur Experten, sondern wir alle können uns einbringen, etwas Neues erfinden und unsere Stadt dadurch lebenswerter machen.