Wer den Müll macht, soll auch dafür bezahlen müssen.
Nur noch Mehrweg statt Einweg?
Seit dem ersten Januar 2022 gilt in Tübingen die Verpackungssteuer auf den Kauf von Einwegprodukten. Das heißt: Einwegverpackungen und Einweggeschirr werden mit jeweils 50 Cent netto besteuert, für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent netto. Bei der Einführung der Verpackungssteuer ging es dem Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, besonders um drei Sachen: Sauberkeit in der Stadt, Ressourcen- und Klimaschutz und Verursachergerechtigkeit. „Wer den Müll macht, soll auch dafür bezahlen müssen.“
Auch interessant
Weniger Müll durch Einwegverpackungen, dank der Verpackungssteuer?
Wer die Verpackungssteuer nicht zahlen möchte, kann das Mehrwegsystem nutzen. Dazu gehört auch der Recup, der für einen Euro Pfand ausgeliehen werden kann und die Rebowl, die für fünf Euro ausgeliehen werden kann. Anschließend können die Kund*innen diese bei den Gastronomiebetrieben abgeben und erhalten ihr Geld zurück. Das System für Mehrweggeschirr hat den Vorteil, dass das Geschirr nicht zwingend dort zurückgegeben werden muss, wo es gekauft wurde. Es kann auch in einem beliebigen Restaurant oder Café in Tübingen zurückgegeben werden, welches die Kunststoffbehältnisse anbietet.
Es gibt auch andere Anbieter, wie beispielsweise Recaddy, die Mehrwegboxen für Pizzerien anbieten. Diese können anschließend in zwei Teile zerlegt werden und lassen sich dann in der Spülmaschine oder von Hand reinigen. Wer darauf lieber verzichten möchte, kann auch eigenes Mehrweggeschirr mitbringen und sich Speisen und Getränke darin abfüllen lassen.
Palmer sagt, dass ihn allgemein sehr positives Feedback von Menschen erreicht, die die Verpackungssteuer als vorbildlich sehen. Dass die Verpackungssteuer so gut ankommt, hat für ihn unter anderem einen Grund: „Man kann nicht erklären, warum jemand einen Porzellanteller in einem Restaurant zahlen muss und jemand anderes, der einen Wegwerfbecher verwendet, nicht. Der eine zahlt sieben Prozent Mehrwertsteuer und das Restaurant zahlt 19 Prozent.“
Was bringt das neue Verpackungsgesetz für Deutschland?
Seit dem 1. Januar 2023 gilt auch deutschlandweit ein Verpackungsgesetz. Das bedeutet, dass Gastronomieunternehmen, die Speisen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, verpflichtet werden, Mehrwegbehältnisse als Alternative zu Einwegbehältnissen anzubieten. Kleinere Betriebe, die eine Verkaufsfläche von bis zu 80 Quadratmetern und weniger als fünf Beschäftigte haben, sind vom Verpackungsgesetz ausgenommen. Jedoch müssen diese selbst mitgebrachte Behältnisse von Kund*innen befüllen, wenn diese das wünschen. Palmer sieht das neue Verpackungsgesetz kritisch: „Die Mehrwegangebotspflicht finde ich gut, aber sie bringt nicht viel, weil das erstmal nur heißt, dass es irgendwo im Laden stehen muss. Ohne den finanziellen Anreiz durch die Steuer bringt das reine Angebot nicht viel. Solang das Bequemere auch noch günstiger ist, sind die meisten Leute so gestrickt, dass sie das nehmen.“
Hat die Verpackungssteuer überhaupt noch eine Zukunft?
„Allgemein erreicht uns positives Feedback zur Verpackungssteuer. Das Ziel der Müllvermeidung wird von vielen Tübinger*innen geteilt“, bestätigt Claudia Patzwahl von der Stadtverwaltung. Doch es gibt auch andere Meinungen dazu. Im März 2022 klagte die Inhaberin des Tübinger McDonalds vor Gericht gegen die Verpackungssteuer. Daraufhin erklärte der Verwaltungsgerichtshof die Steuer für ungültig. Palmer hat dazu eine klare Meinung: „Ich verstehe, warum McDonalds klagt, sie wollen nicht, dass andere Städte das auch machen. Aber einsehen kann ich das trotzdem nicht, weil ich finde, dass das Festhalten an einem überholten Geschäftsmodell mit viel Müll auf lange Sicht für McDonalds auch nicht gut sein wird.“ In anderen Ländern wie Frankreich hat McDonalds bereits ein eigenes Mehrwegsystem entwickelt. Das hätte sich Palmer auch für Tübingen gewünscht: „Man hätte auch sagen können, wir machen in Tübingen eine Mehrwegfiliale daraus und tun etwas für unser Image, anstatt sich festzukrallen an Verpackungsmüll.“
Auf Beschluss des Gemeinderats legte die Universitätsstadt Tübingen daraufhin Revision ein. Damit liegt die Entscheidung über die Zukunft der Verpackungssteuer beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das bedeutet: Die Verpackungssteuer bleibt bis dahin bestehen. Jedoch wird die Stadtverwaltung die Steuer bis zu der Entscheidung noch nicht einziehen. Wie es mit der Verpackungssteuer in Zukunft weitergeht, ist also noch unklar. Palmer äußert sich dazu folgendermaßen: „Wir konzentrieren uns jetzt auf das Gerichtsverfahren. Ich hoffe, dass die Steuer bleibt. Das Verfahren bringt viel durcheinander.“